Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
schenkte uns beiden neuen Kaffee ein und sagte: »Ja, willst du, daß …«
    »Ja!« sagte er, plötzlich eifrig. »Du mit deinem Hintergrund, du könntest ein paar diskrete Erkundigungen anstellen, mal mit dem Johnny sprechen, nicht direkt fragen, aber … Verlaß dich drauf, wenn sie wirklich bei ihm ist, wird es aus ihm raussprudeln, bevor du Zeit hast, ihn danach zu fragen.«
    »Gestern aber nicht.«
    »Nein, aber das war vielleicht eher wegen – Bella Bruflåt.«
    Ich nickte. »Wenn sie nicht da ist, hast du noch andere Vorschläge, wo sie sich aufhalten könnte?«
    Er zögerte. »Sie hatte diese Freundinnen, natürlich. Aus den Jahren an der Universität.«
    »Diese Freundinnen – du kennst doch sicher die Namen?«
    Er sah mich müde an. »Das ist nicht wichtig. Ich kann dir einige davon später geben, wenn du nur … Wenn du mir nur die Sicherheit verschaffen könntest, daß sie auf jeden Fall nicht beim Johnny ist.«
    »Das wäre das Schlimmste?«
    »Das wäre das Schlimmste.«
    »Ein Schicksal schlimmer als der Tod?«
    Er nickte. Dann faltete er den bunten Zettel, den wir in die Hand bekommen hatten, als wir den Nachtclub verließen, auseinander … »Vielleicht sollten wir heute abend hingehen?«
    Ich sah mir den Zettel an. »Was ist das?«
    »Hot Spot! Ein ganz außergewöhnliches Erlebnis, Varg. Ein – wie soll ich es nennen – ambulanter Nachtclub? – Er zieht in regelmäßigen Abständen um, aus dem einen abbruchreifen Haus ins nächste, zahlt sozusagen keine Miete, verkauft Schampus und Schnaps für den halben Preis dessen, was er in den offiziellen Nachtclubs kostet, hat Licht-Show und Ton-Show und eine Attraktion tödlicher als die andere. Kurz gesagt, ein Laden, wo sogar Steckenpferde Karriere machen können, bevor sie in der Mitte durchbrechen und liegenbleiben.«
    »Klingt faszinierend.«
    »Und dann machen sie nie vor Mitternacht auf. Du hast mit anderen Worten – noch genug Zeit.«
    »Wo finde ich den Johnny?«
    »Keine Ahnung. Ehrlich.«
    »Willst du mich verarschen? Erzähl mir nicht, du hättest den Verdacht, daß deine Frau mit ihm ins Bett gegangen ist, und du hättest nicht im Telefonbuch nachgeguckt, um ihn anzurufen und – wenn nichts anderes – dir jedenfalls seine geile Stimme anzuhören?«
    Er errötete. »Nein. Das hab’ ich tatsächlich nicht. Das mußt du selbst rausfinden.«
    »Weißt du, was er zur Zeit für einen Job hat? Wenn er nicht singt, meine ich?«
    »Er hat angefangen als Automechaniker. Als wir noch zusammen spielten war das sein Job. Hat wie kein Zweiter diesseits der Langfjelle alte Amerikaner wieder aufgemöbelt. – Dann hatte er sich plötzlich in den Kopf gesetzt, in die Reklame-Branche einzusteigen – in Anführungsstrichen. Machte Buttons und Schablonen, Aufkleber für Autos und solche witzigen Schilder, die sich die Leute in ihre Bar hängen, und über die du nicht lachst, bevor du so voll bist, daß du sie kaum noch lesen kannst … – Ein Jahr lang oder zwei produzierte er Reklamekassetten – sang selbst ein paar Coversongs. Das letzte, was ich gehört habe, war, daß er sein Geld in ein Videogeschäft gesteckt hat.«
    »Verleih?«
    »Mmh. Aber ich hab’ keine Ahnung, wo. – Du bist doch Detektiv, oder?«
    Ich lächelte schief. »Doch, Jakob. Das bin ich. – Und was … Wir Detektive pflegen zu fragen: Du hast nicht ein Bild von ihr, so wie sie heute aussieht?«
    »Du erinnerst dich an sie, Varg! Du wirst sie wiedererkennen.«
    »Ich habe sie nicht gesehen seit … Außerdem dachte ich nicht an mich. Wenn ich diskrete Untersuchungen durchführen soll, dann …«
    »Okay, okay.« Er stand auf und ging aus der Küche. Gleich darauf kam er wieder mit einem Umschlag mit kleinen Farbfotos. Diese Bilder aus dem letzten Sommer sind die neuesten. Hier … Das hab’ ich im Oktober auf dem Fløien gemacht. Das ist das allerneueste. Ungefähr so sieht sie aus, heute.
    Er reichte mir das Bild, und ich saß da und sah ihn an, ein paar lange Sekunden, dann sah ich hinunter auf das Bild.
    Ich hatte es nicht verdrängt. Ich hatte nur unterlassen, daran zu denken.
    Trotzdem traf es mich wie ein Schock, als ich sie auf dem kleinen Amateurfoto sah. Als hätte ich es nicht die ganze Zeit gewußt. Daß er es war, der Rebecca geheiratet hatte.

10
    Ich fand Johnny Solheim da, wo man die meisten findet. Im Telefonbuch. Wie viele andere Nordnesianer war er nicht weiter weggezogen, als daß er »nach Hause« sehen konnte. In seinem Fall bedeutete das in einem

Weitere Kostenlose Bücher