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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sutjiadi forderte in eisigem Tonfall Ruhe. Hand stand auf und begab sich hinüber in sein Quartier. Ole Hansen blickte dem Konzernmitarbeiter nach und stieß das Kinn vor. Leises unterstützendes Gemurmel erhob sich. Sutjiadi wiederholte seine Aufforderung zum Schweigen und verteilte die Aufgaben.
    Ich wartete. Die Mitglieder des Dangrek-Teams entfernten sich allein oder zu zweit, dann wurden die letzten von Sutjiadi nach draußen getrieben. Tanya Wardani hielt kurz an der Tür zur Ballonkammer inne und blickte in meine Richtung, aber dann flüsterte Schneider ihr etwas ins Ohr, worauf die beiden dem allgemeinen Strom folgten. Sutjiadi starrte mich streng an, als er sah, dass ich geblieben war, aber auch er ging hinaus. Ich wartete noch ein paar Minuten ab, bis ich zu Hands Quartier hinüberging. Ich drückte die Klingel und trat ein.
    Hand hatte sich auf seiner Pritsche ausgestreckt und blickte zur Decke.
    »Was wollen Sie, Kovacs?«
    Ich klappte einen Stuhl auf und setzte mich. »Weniger Lametta als das, was Sie zurzeit austeilen, wäre zum Beispiel ein Anfang.«
    »Ich glaube nicht, dass ich in letzter Zeit irgendwelche Lügen erzählt habe. Und ich bemühe mich, die Situation im Auge zu behalten.«
    »Aber Sie haben auch nicht viel Wahres erzählt. Jedenfalls nicht den unteren Rängen. Und im Falle von Spezialisten halte ich das für einen Fehler. Sie sind nicht blöd.«
    »Nein, sie sind nicht blöd.« Er sagte es mit der Distanz eines Botanikers, der Proben etikettiert. »Aber sie werden bezahlt, und das ist genauso gut oder noch besser.«
    Ich musterte meine Handkante. »Ich wurde ebenfalls bezahlt, aber das wird mich nicht daran hindern, Ihnen an die Gurgel zu springen, wenn ich feststelle, dass Sie mich hintergehen.«
    Stille. Er ließ sich nicht anmerken, ob meine Drohung ihm Sorgen machte.
    »Verraten Sie mir jetzt«, sagte ich schließlich, »was mit der Nanotechnik vor sich geht?«
    »Gar nichts geht vor sich. Was ich zu Madame Vongsavath gesagt habe, ist völlig akkurat. Die Nanoben befinden sich in einer Nullkonfiguration, weil sie nichts tun.«
    »Kommen Sie, Hand! Wenn sie wirklich nichts tun, müssen Sie mir erklären, was Sie so sehr aus dem Konzept gebracht hat.«
    Er starrte noch eine Weile zur Decke der Ballonkammer hinauf. Der mattgraue Belag schien ihn ungemein zu faszinieren. Ich stand kurz davor, ihn zu packen und vom Bett zu zerren, aber etwas in meiner Envoy-Konditionierung hielt mich zurück. Hand arbeitete an etwas.
    »Wissen Sie«, murmelte er, »was das Großartige an Kriegen wie diesen ist?«
    »Dass sie die Bevölkerung daran hindern, zu genau nachzudenken?«
    Ein mattes Lächeln zuckte über sein Gesicht.
    »Das Innovationspotenzial«, sagte er.
    Die Aussage schien ihm neue Energie zu verleihen. Er schwang die Beine vom Bett und setzte sich auf, die Hände verschränkt, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Sein Blick bohrte sich in meine Augen.
    »Was halten Sie vom Protektorat, Kovacs?«
    »Wollen Sie mir einen Witz erzählen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Keine Spiele. Keine Fangfragen. Was halten Sie vom Protektorat?«
    »Eine skelettierte Hand, die Eier hält, die zu schlüpfen versuchen?«
    »Sehr lyrisch, aber ich habe Sie nicht gefragt, was Quell dazu gesagt hat. Ich habe Sie nach Ihrer persönlichen Meinung gefragt.«
    »Ich glaube, sie hat Recht«, sagte ich mit einem Achselzucken.
    Hand nickte.
    »Ja«, sagte er. »Sie hatte Recht. Die Menschheit hat sich über die Sterne ausgebreitet. Wir sind in eine Dimension eingetaucht, die wir gar nicht wahrnehmen können, weil uns dazu die Sinne fehlen. Wir haben Zivilisationen auf Welten errichtet, die so weit auseinander liegen, dass die schnellsten Schiffe, die wir besitzen, ein halbes Jahrtausend brauchen würden, um unsere Einflusssphäre einmal zu durchqueren. Und wissen Sie, wie wir all das geschafft haben?«
    »Ich glaube, ich habe diese Rede schon einmal gehört.«
    »Es waren die Konzerne, die es geschafft haben. Nicht die Regierung. Nicht die Politiker. Nicht dieses lächerliche Protektorat, zu dem wir unser Lippenbekenntnis ablegen. Die Konzerne haben uns die Vision gegeben, die Konzerne haben in die Projekte investiert, und Angestellte der Konzerne haben sie verwirklicht.«
    »Ein Hoch auf die Konzerne!« Ich schlug ein paarmal müde die Handflächen zusammen.
    Hand ging nicht darauf ein. »Und was ist geschehen, als wir es geschafft hatten? Die UN kamen und verpassten uns einen Maulkorb. Sie beraubten uns der Macht,

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