Gefallene Engel
armseligen kleinen Geister erträumen können. Sagen Sie mir, Lieutenant, geht es in diesem Krieg immer noch um den geschändeten, ich meine, den archäologisch reichen und zerwühlten Boden unseres geliebten Heimatplaneten?«
Mein Blick fiel auf den Anschluss und das pulsierende rote Licht, bis er sich wieder seinem Gesicht zuwandte.
»Es wäre mir lieber, wenn ich Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hätte, Kommandant.«
Eine ganze Weile starrte er mich reglos an, dann senkte er ruckartig und mechanisch den Kopf, um das eingestöpselte Kabel zu betrachten.
»Ach«, flüsterte er. »Das meinen Sie.«
Unvermittelt fuhr er herum und sah den Sergeant an, der sich mit zwei Soldaten in der Nähe der Tür aufhielt.
»Verschwinden Sie!«
Der Sergeant gehorchte dem Befehl mit einer Eilfertigkeit, die vermuten ließ, dass ihm nicht viel daran lag, in diesem Raum zu verweilen. Seine uniformierten Begleiter folgten ihm, und einer zog behutsam die Tür hinter sich zu. Als das Schloss einrastete, sackte der Kommandant wieder in seinem Sessel zusammen und griff mit der rechten Hand nach dem Interface. Ein Laut kam über seine Lippen, vielleicht ein Seufzer oder ein Husten, vielleicht auch ein Lachen. Ich wartete, bis er aufblickte.
»Es tröpfelt nur noch, das kann ich Ihnen versichern«, sagte er und deutete auf das immer noch blinkende Lämpchen.
»Wahrscheinlich würde ich es in diesem Stadium nicht überleben, wenn ich die Verbindung trenne. Wenn ich mich hinlege, werde ich vielleicht nie wieder aufstehen. Also bleibe ich. In diesem Stuhl. Die Unbequemlichkeit hält mich wach. Zeitweise.« Er riss sich mit Mühe zusammen. »Also, was, wenn mir die Frage erlaubt ist, will Carreras Wedge noch von mir? Hier gibt es nichts von Wert, wissen Sie. Unser Vorrat an Medikamenten ist seit Monaten erschöpft, und selbst die Lebensmittel, die man uns schickt, reichen kaum für angemessene Rationen. Für meine Männer natürlich; damit meine ich die hervorragenden Soldaten, die ich hier befehlige. Unsere Insassen bekommen sogar noch weniger.« Wieder eine Geste, diesmal auf die Monitore. »Die Maschinen brauchen natürlich nichts zu essen. Sie arbeiten selbstständig, sie stellen keine Forderungen und haben kein unangebrachtes Mitgefühl für das, was sie bewachen. Gute Soldaten, jeder Einzelne. Wie Sie sehen, habe ich versucht, auch mich in einen zu verwandeln, aber mit diesem Vorhaben bin ich noch nicht sehr weit vorangekommen…«
»Ich bin nicht wegen Lebensmitteln gekommen, Kommandant.«
»Ah, dann geht es um eine Inspektion. Habe ich irgendeine Linie überschritten, die vor kurzem in der Planung des Kartells gezogen wurde? Habe ich mich als Hindernis für die Kriegsbemühungen erwiesen?« Diese Vorstellung schien ihn zu amüsieren. »Sind Sie ein Auftragsmörder? Die Exekutive von Wedge?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich bin wegen eines Häftlings hier. Tanya Wardani.«
»Ach ja, die Archäologin.«
Ein leichter Stromstoß durchfuhr mich. Ich sagte nichts, legte nur den Ausdruck mit der Vollmacht auf den Schreibtisch und wartete. Der Kommandant nahm ihn unbeholfen auf und neigte den Kopf übertrieben weit zur Seite. Dabei hielt er das Papier hoch, als wäre es irgendein Holospielzeug, das man von unten betrachten musste. Er schien leise etwas zu murmeln.
»Gibt es ein Problem, Kommandant?«, fragte ich ruhig.
Er senkte den Arm und stützte sich auf den Ellbogen, während er die Vollmacht vor mir hin und her schwenkte. In diesem Moment wirkte sein menschliches Auge plötzlich viel klarer.
»Wozu wollen Sie sie haben?«, fragte er genauso ruhig. »Die kleine Kratzerin Tanya. Was bedeutet sie für Wedge?«
Meine Gedanken wurden mit einem Mal eiskalt, als ich überlegte, ob ich diesen Mann würde töten müssen. Es wäre nicht besonders schwierig. Ich würde dem finalen Kurzschluss vermutlich nur um ein paar Monate zuvorkommen, doch andererseits gab es da noch den Sergeant und die Wachsoldaten vor der Tür. Mit bloßen Händen hatte ich nur geringe Chancen, und ich wusste immer noch nicht, wie die Roboterwachen programmiert waren. Ich ließ das Eis in meine Stimme eindringen.
»Das hat sogar noch weniger mit Ihnen als mit mir zu tun, Kommandant. Ich muss nur meine Befehle ausführen, und jetzt haben Sie Ihre Befehle erhalten. Befindet sich Wardani in Ihrem Gewahrsam oder nicht?«
Doch er wandte den Blick nicht ab, wie es der Sergeant getan hatte. Vielleicht war es etwas aus den Tiefen seiner Abhängigkeit, das ihn trieb,
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