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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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stieß den Atemzug aus, den wir alle angehalten hatten, seit sich das Kampfschiff auf das Tor zubewegt hatte, sprang von meinem Sitz auf und ging nach vorn ins Cockpit, leicht im justierten Gravfeld schwankend. Ich konnte die Sterne bereits auf dem Bildschirm sehen, aber ich wollte einen echten Blick durch die gehärtete Transparenz der Nase des Schiffes werfen. Es war besser, wenn man seinem Feind ins Gesicht schauen konnte, um ein Gefühl für die Leere zu bekommen, die wenige Zentimeter von der eigenen Nase entfernt begann. Es war besser für die animalischen Wurzeln des Seins, wenn man wusste, wo man sich befand.
    Nach den Richtlinien des Raumfluges war es streng verboten, während des Eintritts in den Weltraum die Verbindungsluken zu öffnen, aber niemand sagte etwas, selbst als offensichtlich war, was ich beabsichtigte. Ich handelte mir einen verwunderten Blick von Ameli Vongsavath ein, als ich durch die Luke trat, aber auch sie sagte nichts dazu. Andererseits war sie die erste Pilotin in der Geschichte der Menschheit, die einen zeitverlustfreien Transfer aus einer Höhe von sechs Metern über einer Planetenoberfläche mitten in den freien Weltraum in die Wege geleitet hatte. Also lag der Verdacht nahe, dass sie im Augenblick mit ganz anderen Dingen beschäftigt war.
    Ich blickte nach vorn, an ihrer linken Schulter vorbei. Blickte nach unten und spürte, wie sich meine Finger um die Lehne von Vongsavaths Sitz krallten.
    Angst bestätigt.
    Die altbekannte Verschiebung im Kopf, wie Drucktüren, die Teile meines Gehirns unter diamantenheller Beleuchtung abschotteten. Die Konditionierung.
    Ich atmete.
    »Wenn Sie bleiben wollen, sollten Sie sich lieber setzen«, sagte Vongsavath, die sich um das System zur Überwachung der Fluglage kümmern musste, das sich soeben über das plötzliche Fehlen eines Planeten beschwerte.
    Ich griff nach dem Copilotensitz, nahm darin Platz und suchte nach dem Gurtnetz.
    »Sehen Sie etwas?«, fragte ich mit bemühter Ruhe.
    »Sterne«, sagte sie nur.
    Ich wartete eine Weile ab, während ich mich an den Ausblick gewöhnte und das Jucken in den Augenwinkeln spürte, als sich meine Urinstinkte auf die Peripherie meines Sichtfeldes konzentrieren wollten, um den intensiven Mangel an Licht auszugleichen.
    »Wie weit sind wir draußen?«
    Vongsavath rief Zahlen auf dem Astrogationsmonitor auf.
    »Nach diesen Angaben…« Sie pfiff leise. »Etwa siebenhundertachtzig Millionen Kilometer. Kaum zu glauben!«
    Damit waren wir in der Nähe der Bahn von Banham gelandet, dem einzelgängerischen und recht unbeeindruckenden Gasriesen, der am äußeren Rand des Sanction-Systems Wache hielt. Nach innen breitete sich auf dreihundert Millionen Kilometern ein rotierendes Meer aus Trümmern aus, das zu weitläufig war, um es als Gürtel bezeichnen zu können. Aus irgendeinem Grund war es hier nie zur Bildung planetarer Massen gekommen. Ein paar hundert Millionen Kilometer weiter nach innen stand Sanction IV. Wo wir noch vor etwa vierzig Sekunden gewesen waren.
    Beeindruckend.
    Nun gut, mit einem stellaren Needlecast konnte man so viele Kilometer überwinden, dass man es gar nicht schaffte, all die Nullen niederzuschreiben, bevor der Transfer vollzogen war.
    Aber dazu musste man zuerst digitalisiert und anschließend auf der anderen Seite in einen neuen Sleeve geladen werden, und all das benötigte viel Zeit und Technik. Es war ein Prozess.
    Wir waren keinem Prozess unterzogen worden – oder zumindest nichts, das für einen Menschen als Prozess erkennbar gewesen wäre. Wir waren einfach über eine Grenze geschritten. Wenn ich über einen Raumanzug und die nötige Bereitschaft verfügt hätte, hätte ich diese Grenze sogar buchstäblich mit den eigenen Füßen überschreiten können.
    Sutjiadis Gefühl des Nicht-hierher-Gehörens kam mir wieder in den Sinn und berührte mich im Genick. Die Konditionierung erwachte und dämpfte die Empfindung. Die Furcht genauso wie die Ehrfurcht.
    »Wir wurden gestoppt«, murmelte Vongsavath, eher im Selbstgespräch. »Etwas hat unsere Beschleunigung aufgezehrt. Man könnte meinen… Großer Gott!«
    Ihre Stimme, die bereits leise war, senkte sich bei den letzten zwei Worten zu einem Flüstern und schien genauso abgebremst zu werden, wie es anscheinend mit der Nagini geschah. Ich blickte von den Zahlen auf, die sie soeben auf dem Display vergrößert hatte, und mein erster Gedanke, während ich immer noch in planetaren Begriffen herumtappte, war, dass wir in einen Schatten

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