Gefallene Engel
geschwärztes Gesicht lugte blicklos ins Cockpit, leere Augenhöhlen mit treibenden Strähnen explodierten und gefrorenen Gewebes. Der Mund war ein einziger Schrei, nun genauso stumm wie zum Zeitpunkt, als dieser Mensch versucht hatte, der Todesqual der Auflösung Ausdruck zu verleihen. Unter einem grotesk bunten Sommershirt war der Rumpf angeschwollen – ich vermutete, von den geplatzten Innereien. Eine verkrallte Hand schlug mit den Fingerknöcheln gegen die Sichtscheibe. Der andere Arm war nach hinten über den Kopf gebogen. Die Beine waren ähnlich nach vorn und hinten verkrampft. Er hatte wild um sich geschlagen, als er im Vakuum gestorben war.
Im freien Fall gestorben.
Hinter mir schluchzte Wardani leise.
Und sagte einen Namen.
Wir fanden die anderen durch Anpeilung der Anzüge. Sie schwebten in einer dreihundert Meter tiefen Grube in der Hülle und drängten sich um etwas, das wie ein Andockportal aussah. Es waren vier, die allesamt billige Vakuumanzüge trugen. Wie es schien, waren drei gestorben, als ihr Luftvorrat zu Ende gegangen war, was gemäß den Eigenschaften dieses Anzugtyps zwischen sechs und acht Stunden gedauert haben musste. Der Vierte hatte nicht so lange warten wollen. Durch den Helm war von rechts nach links ein sauberes, fünf Zentimeter durchmessendes Loch geschmolzen worden. Der industrielle Schneidlaser war immer noch mit einem Riemen an der rechten Hand befestigt.
Vongsavath schickte erneut den mit Greifern ausgestatteten EVA-Roboter nach draußen. Wir beobachteten schweigend die Bildschirme, während die kleine Maschine die Leichen einsammelte und sie einzeln in den Armen zur Nagini trug, mit der gleichen Behutsamkeit, mit der sie sich am Tor um die verkohlten Überreste von Tomas Dhasanapongsakul gekümmert hatte. Da die Leichen diesmal von den weißen Hüllen ihrer Vakuumanzüge umgeben waren, sah es fast wie die rückwärts abgespielte Aufnahme einer Bestattung aus. Die Toten wurden aus der Tiefe zurückgeholt und der ventralen Luftschleuse der Nagini anvertraut.
Wardani kam damit nicht klar. Sie ging mit allen anderen zum Frachtdeck hinunter, während Vongsavath die Innenluke der Schleuse öffnete. Sie sah zu, wie Sutjiadi und Luc Deprez die Leichen in den Anzügen hereinholten. Doch als Deprez die Verschlüsse des ersten Helms entriegelte und ihn vom Kopf zog, stieß sie ein ersticktes Schluchzen aus und flüchtete in eine Ecke des Frachtraums. Ich hörte sie würgen. Der säuerliche Gestank von Erbrochenem breitete sich aus.
Schneider folgte ihr.
»Diese hier kennen Sie auch?«, fragte ich überflüssigerweise, während ich auf das tote Gesicht starrte. Es war eine Frau in einem Sleeve in den Vierzigern, mit aufgerissenen Augen und anklagendem Ausdruck. Sie war steif gefroren, der Hals ragte starr aus dem Ring der Anzugöffnung, sodass der Kopf nicht den Boden berührte. Die Heizsysteme des Anzugs mussten noch etwas länger als die Luftversorgung funktioniert haben, aber wenn diese Frau zur gleichen Gruppe gehört hatte wie die Leute, die wir im Fischernetz gefunden hatten, musste sie seit mindestens einem Jahr hier draußen gewesen sein. Es gab keine Raumanzüge mit so langer Lebensdauer.
Schneider antwortete für die Archäologin. »Es ist Aribowo. Pharintorn Aribowo. Glyphenspezialistin bei der Dangrek-Ausgrabung.«
Ich nickte Deprez zu. Er löste die anderen Helme und nahm sie ab. Die Toten starrten in einer Reihe zu uns herauf, die Köpfe angehoben, als wären sie mitten in einer Übung zur Stärkung der Bauchmuskulatur erstarrt. Aribowo und drei männliche Begleiter. Nur die Augen des Selbstmörders waren geschlossen, und das Gesicht zeigte einen so friedlichen Ausdruck, dass man sich unwillkürlich überzeugen wollte, ob das glatte kauterisierte Loch in seinem Schädel wirklich tödlich gewesen war.
Als ich ihn ansah, überlegte ich, was ich an seiner Stelle getan hätte. Wenn ich gesehen hätte, wie das Tor hinter mir zuschlug, wenn ich in diesem Moment gewusst hätte, dass ich hier draußen in der Finsternis sterben würde. Wenn ich gewusst hätte, dass selbst das schnellste Rettungsschiff, das unverzüglich zu diesen Koordinaten aufgebrochen wäre, um etliche Monate zu spät gekommen wäre. Ich fragte mich, ob ich den Mut aufgebracht hätte, zu warten, in der unendlichen Nacht zu hängen und gegen jede Wahrscheinlichkeit auf irgendein Wunder zu hoffen.
Oder nicht.
»Das ist Weng.« Schneider war zurückgekehrt und stand schräg hinter mir. »Kann mich
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