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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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verbrachten wir damit, die Haftleuchten und Illuminiumpfeile von unserer ersten Vermessungstour wiederzufinden, doch die größten Schwierigkeiten bereiteten uns die Folgen der Verstrahlung. Unterwegs mussten Hand und ich uns mehrere Male übergeben, worauf Schneider und Deprez uns die Leiche abnahmen. Für die letzten Opfer von Sauberville lief die Zeit ab. Ich hatte den Eindruck, dass sogar Deprez in seinem strahlungsresistenten Maori-Sleeve kränklich aussah, als wir unsere klobige Last durch die letzte Öffnung vor der Andockstation bugsierten. Nachdem sich mein Blick im bläulichen Licht geklärt hatte, fielen mir auch an Vongsavath dieselbe blassgraue Gesichtsfarbe und die Schatten unter den Augen auf.
    Siehst du?, flüsterte etwas, das möglicherweise Semetaire war.
    Ein erdrückendes, unangenehmes Gefühl schien sich auszubreiten, dass etwas in der aufgeblähten Architektur des Schiffes wartete, wachsam und mit pergamentdünnen Schwingen.
    Als wir fertig waren, starrte ich noch eine Weile in den antiseptischen violetten Schimmer des Leichenfaches, nachdem die anderen gegangen waren. Das Durcheinander der Gestalten in Raumanzügen sah aus wie eine Mannschaft übertrieben gepolsterter G-Ball-Spieler, die gleichzeitig abgestürzt waren, als nach der Partie das Feld abgeschaltet worden und die Lichter im Saal wieder angegangen waren. Von den Säcken mit den Überresten von Cruickshank, Hansen und Dhasanapongsakul war kaum noch etwas zu erkennen.
    Sterben…
    Noch nicht sterben…
    Die Envoy-Konditionierung, die sich wegen etwas besorgte, das noch nicht vorbei, noch nicht aufgelöst war.
    Der Boden ist für die Toten. Ich sah Schneiders Illuminiumtätowierung wie ein Leuchtfeuer hinter meinen Augen wandern. Sein Gesicht, das sich unter den Schmerzen seiner Verletzungen zur Unkenntlichkeit verzerrt hatte.
    Die Toten?
    »Kovacs?« Es war Deprez, der hinter mir in der Luke stand. »Hand möchte, dass wir alle zur Plattform zurückgehen. Wir wollen etwas essen. Kommen Sie?«
    »Ich werde nachkommen.«
    Er nickte und sprang zurück nach draußen. Ich hörte Stimmen und versuchte sie auszublenden.
    Sterben?
    Der Boden ist
    Lichtkleckse, die wie eine Datengitteranzeige kreisten
    Das Tor…
    Das Tor, gesehen durch die Scheibe des Cockpits der Nagini…
    Das Cockpit…
    Ich schüttelte verärgert den Kopf. Die Envoy-Intuition war in den meisten Fällen kein zuverlässiges System, und der langsame Verfall durch Strahlenverseuchung war nicht der beste Zustand, in dem man sie anwenden sollte.
    Noch nicht sterben.
    Ich gab es auf, das Muster erkennen zu wollen, und ließ mich von der Unbestimmtheit mitreißen, um zu sehen, wohin sie mich fuhren würde.
    Das violette Licht des Leichenfachs, auffordernd.
    Darin die abgelegten Sleeves.
    Semetaire.
     
    Als ich auf der Plattform eintraf, war die Mahlzeit schon fast abgeschlossen. Unter der mumifizierten Wache zweier Marsianer saß der Rest der Gruppe rund um die auseinander genommene Boje auf aufblasbaren Sitzen und stocherte ohne Begeisterung in den Resten der Feldrationen herum. Ich konnte es ihnen nicht verübeln – wie ich mich fühlte, genügte nur der Geruch des Zeugs, um mir die Kehle zuzuschnüren. Ich würgte ein bisschen, dann hob ich hastig die Hände, als das Geräusch mehrere der Essenden dazu veranlasste, nach ihren Waffen zu greifen.
    »Ich bin’s nur.«
    Murren und Zurücklegen der Waffen. Ich trat in den Kreis und suchte nach einem Sitzplatz. Alle waren besetzt. Jiang Jianping und Schneider hatten sich auf den Boden gehockt, Jiang im Schneidersitz auf einer freien Fläche, Schneider direkt vor Tanya Wardanis Platz, mit einer so besitzergreifenden Art, dass meine Mundwinkel zuckten. Ich winkte ab, als mir eine Ration angeboten wurde, setzte mich zu Vongsavath, und wünschte mir, ich hätte besser mit der Situation umgehen können.
    »Warum haben Sie so lange gebraucht?«, fragte Deprez.
    »Hab nachgedacht.«
    Schneider lachte. »O Mann, dass ist verdammt schlecht für Sie. Tun Sie es nicht. Hier.« Er ließ eine Dose mit Amphetamin-Cola über den Boden auf mich zurollen. Ich stoppte sie mit dem Fuß. »Wissen Sie noch, was Sie mir im Hospital gesagt haben? Dass ein Soldat nicht denken soll – schließlich steht davon nichts im Rekrutierungsvertrag.«
    Das löste bei einigen halbherziges Grinsen aus. Ich nickte.
    »Wann kommt er, Jan?«
    »Hä?«
    »Ich sagte… « Ich kickte die Dose zu ihm zurück. Er fing sie mit der Hand auf – sehr schnell. »Wann kommt

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