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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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sich mit feierlicher Miene eine Hand auf die Brust. »Wofür wir alle zutiefst dankbar sind. Doch wer in diesen Tagen nicht an der Front steht, lebt in der einen oder anderen Form auf besetztem Territorium. Landfall liegt knapp achthundert Kilometer westlich von hier. Wir sind nahe genug dran, um als Außenposten gelten zu können, was bedeutet, dass hier eine Garnison der staatlichen Milizen stationiert ist und wir regelmäßig von den politischen Assessoren des Kartells besucht werden.« Wieder seufzte er. »Das alles ist sehr kostenintensiv.«
    Ich sah ihn misstrauisch an. »Eine Garnison? Wo ist sie?«
    »Da drüben.« Der Junge zeigte mit dem Daumen auf die zerlumpte Gruppe von Irregulären. »Es gibt noch ein paar mehr am Uplink-Bunker, wie es die Vorschriften verlangen, aber im Wesentlichen ist das, was Sie hier sehen, die Garnison.«
    »Das ist die staatliche Miliz?«, fragte Tanya Wardani.
    »So ist es.« Roespinoedji betrachtete die Truppe mit traurigem Blick, dann wandte er sich wieder an uns. »Als ich davon sprach, dass die Angelegenheit kostenintensiv ist, meinte ich damit natürlich in erster Linie den Aufwand, der nötig ist, um die Besuche des politischen Assessors so angenehm wie möglich zu gestalten. Das heißt, für ihn genauso wie für uns. Der Assessor ist kein sehr anspruchsvoller Mann, aber er hat nicht zu vernachlässigende… Gelüste. Und natürlich erfordert es ebenfalls einige Ausgaben, wenn wir gewährleisten wollen, dass er unser politischer Assessor bleibt. Im Allgemeinen rotieren sie alle paar Monate.«
    »Ist er jetzt hier?«
    »Ich hätte Sie kaum hierher eingeladen, wenn er es wäre. Er hat uns erst vergangene Woche verlassen.« Der Junge grinste anzüglich, was auf einem so jungen Gesicht irritierend wirkte. »Rundum zufrieden mit dem, was er hier vorgefunden hat, könnte man sagen.«
    Unwillkürlich musste ich ebenfalls lächeln.
    »Ich glaube, wir sind hier am richtigen Ort.«
    »Nun, das hängt davon ab, weswegen Sie gekommen sind«, sagte Roespinoedji mit einem Seitenblick auf Schneider. »Jan hat sich alles andere als klar ausgedrückt. Aber kommen Sie doch. Selbst in Grabung 27 gibt es freundlichere Orte als diesen, um über Geschäfte zu reden.«
    Er führte uns zurück zu den wartenden Milizionären und gab ein lautes schnalzendes Geräusch von sich. Die Gestalt, die ihn getragen hatte, bückte sich unbeholfen und hob ihn auf. Hinter mir hörte ich, wie Tanya Wardani den Atem anhielt, als sie sah, was diesem Mann angetan worden war.
    Ich hatte auf jeden Fall schon schlimmere Dinge gesehen, die Menschen angetan worden waren, und es war auch nicht das Schlimmste, was ich in letzter Zeit gesehen hatte. Trotzdem hatte es etwas Unheimliches, den zerstörten Kopf und den silbrigen Metallzement zu sehen, der dazu benutzt worden war, ihn wieder zusammenzuflicken. Wenn ich hätte raten sollen, hätte ich gesagt, dass dieser Sleeve von umherfliegenden Granatsplittern zerfetzt worden war. Eine absichtlich auf ihn gerichtete Waffe hätte nichts mehr übrig gelassen, das zu reparieren gewesen wäre. Doch hier hatte sich irgendjemand die Mühe gemacht, den Schädel des Toten zusammenzukleben, die verbliebenen Lücken auszufüllen und die Augäpfel durch Photorezeptoren zu ersetzen, die wie zyklopische, auf Beute lauernde Silberspinnen in den Höhlen kauerten. Dann hatte man ihm offenbar genug Leben in den Hirnstamm gepumpt, bis die elementaren vegetativen und motorischen Systeme wieder funktionierten und möglicherweise auf ein paar einprogrammierte Kommandos reagierten.
    Bevor ich in der Nordregion zusammengeschossen wurde, hatte ich mit einem Wedge-Unteroffizier zusammengearbeitet, dessen afro-karibischer Sleeve tatsächlich sein eigener war. Eines Nachts, als wir in den Ruinen einer Art Tempel vor einem Satellitenbombardement Schutz gesucht hatten, erzählte er mir von den Legenden seines Volkes, das einst in Ketten über einen Ozean der Erde verschleppt worden war und später, in der Hoffnung auf einen neuen Anfang, über die Abgründe der marsianischen Astrogationskarten zu jener Welt aufgebrochen war, die als Latimer bekannt werden sollte. Es war eine Geschichte über Zauberer und ihre Sklaven, die sie sich aus Körpern geschaffen hatten, die sie von den Toten wiederauferstehen ließen. Ich hatte vergessen, mit welchem Namen er diese Kreaturen bezeichnete, aber ich wusste, dass er sie in dem Wesen, das Djoko Roespinoedji in den Armen hielt, wiedererkannt hätte.
    »Gefallt er

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