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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Wände und die Decke mit empathistischer Psychogrammkunst ausgeschmückt, was in der Hypnomodus-Beleuchtung nur noch wie eine wahllose Mischung aus Kringeln und Klecksen aussah. Andererseits sahen die meisten empathistischen Sachen für mich bei jeder Beleuchtung so aus. Die Luft hatte genau die richtige Wärme, und neben der Autoformcouch gab es eine komplizierte Spirale, an der man seine Kleidung aufhängen konnte.
    Ich zog mich aus und machte es mir auf der Couch bequem, zog das Headset herunter und tippte auf das blinkende sinnliche Karo, nachdem sich das Display aktiviert hatte. Im letzten Moment fiel mir ein, die Dämpfung des körperlichen Feedbacks auszuschalten, bevor das System hochfuhr.
    Das orangefarbene Licht schien dichter zu werden und nahm eine neblige Beschaffenheit an, in der die Psychogramm-Schnörkel wie komplexe Gleichungen oder seltsame Wasserlebewesen schwammen. Mir blieb ein kurzer Moment, mich zu fragen, ob der Künstler solche Vergleiche intendiert haben mochte – schließlich waren Empathisten ziemlich schräge Typen –, dann verblasste das Orange und verflüchtigte sich wie Dampf, bis ich in einem riesigen Tunnel aus schwarzen geschlitzten Metallplatten stand, der nur von den Reihen blinkender Dioden erhellt wurde, die sich in beide Richtungen bis in die Unendlichkeit erstreckten.
    Vor mir quoll orangefarbener Rauch aus einem Schlitz und ordnete sich zu einer unverkennbar weiblichen Gestalt an. Ich sah fasziniert zu, wie Tanya Wardani innerhalb der allgemeinen Umrisse zum Vorschein kam. Zuerst bestand sie nur aus flimmerndem rötlichem Rauch, dann schien sie von Kopf bis Fuß davon verschleiert zu sein, dann war sie nur noch stellenweise bekleidet, und als sich die letzten Reste aufgelöst hatten, war sie in gar nichts mehr gekleidet.
    Ich schaute an mir hinab und stellte fest, dass ich genauso nackt war.
    »Willkommen auf dem Ladedeck.«
    Als ich aufblickte, war mein erster Gedanke, dass sie bereits einige Zeit an sich gearbeitet haben musste. Die meisten Konstrukte orientierten sich am Selbstbild, das durch Subroutinen korrigiert wurde, um übertriebene Selbsttäuschungen zu unterdrücken. Schließlich sah man mehr oder weniger so wie in der Wirklichkeit aus, vielleicht ein paar Kilo leichter und ein oder zwei Zentimeter größer. Die Version von Tanya Wardani, die ich betrachtete, wies keine solche Diskrepanzen auf – es war eher eine allgemeine Aura der Gesundheit, die sie in der wirklichen Welt noch nicht entwickelt hatte, oder möglicherweise der Mangel an einer etwas schmutzigeren Aura der Ungesundheit. Die Augen waren nicht so eingefallen, die Wangenknochen und die Schlüsselbeine nicht so ausgeprägt. Unter den ein wenig ausgepolsterten Brüsten waren die Rippen zu erkennen, aber mit wesentlich mehr Fleisch ausgestattet, als ich sie mir unter der übergeworfenen Kleidung vorgestellt hatte.
    »Im Lager hält man nicht allzu viel von Spiegeln«, sagte sie. Offenbar hatte sie etwas in meinem Gesichtsausdruck erkannt. »Außer bei Verhören. Und nach einer Weile versucht man gar nicht mehr, sich selbst zu betrachten, wenn man zufällig an einem Fenster vorbeiläuft. Ich sehe wahrscheinlich noch viel schlimmer aus, als ich glaube. Vor allem nach dieser Schnelltherapie, die Sie mir verpasst haben.«
    Mir fiel keine Erwiderung ein, die auch nur annähernd angemessen gewesen wäre.
    »Sie dagegen…« Sie trat einen Schritt vor, streckte die Hand aus und umfasste meinen Schwanz. »Wollen wir doch mal sehen, was wir da haben.«
    Ich hatte augenblicklich eine Erektion.
    Vielleicht war es irgendeine Sequenz in den Protokollen des Systems, oder ich hatte zu lange auf eine Befriedigung verzichten müssen. Oder es war eine schmutzige Faszination, die Vorfreude, diesen Körper mit den leicht akzentuierten Anzeichen der Entbehrung benutzen zu dürfen. Genug als raffinierter Hinweis auf Misshandlungen, aber nicht genug, um abstoßend zu wirken. Freaks, die gerne pubertierende Hungerharken ficken? Ich hatte keine Ahnung, wie ein Kampf-Sleeve auf diesem Level verdrahtet sein mochte. Oder generell ein männlicher Sleeve. Wer tief genug im Blut, in den Tiefen des hormonalen Urgesteins grub, stieß zwangsläufig auf Zonen, in denen sich Gewalt, Sex und Macht immer enger miteinander verwoben. Es war eine trübe und komplizierte Region da unten. Niemand konnte sagen, was zum Vorschein kam, wenn man sich tief hineinwagte.
    »Das ist gut«, keuchte sie plötzlich in unmittelbarer Nähe meines Ohrs. Sie

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