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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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lila ist, sind Stühle.«
    »Danke, ich habe mich immer noch nicht richtig daran gewöhnt…«
    »Hochmodern.« Ich beobachtete, wie sie sich auf die Kante eines Moduls setzte, worauf es vergeblich versuchte, sich ihrem Körper anzupassen. »Wollen Sie was trinken?«
    »Nein. Danke.«
    »Pfeife?«
    »Um Gottes willen, nein!«
    »Und wie läuft die Hardware?«
    »Gut.« Sie nickte gedankenverloren. »Ja. Recht gut.«
    »Gut.«
    »Glauben Sie, dass wir bald bereit sind?«
    »Ich…« Ich verdrängte das Aufblitzen hinter meinen Augen und ging zu einem anderen Stuhl, wo ich eine Show daraus machte, mich hineinzusetzen. »Wir warten noch auf die weitere Entwicklung da oben. Aber das wissen Sie ja.«
    »Ja.«
    Geteiltes Schweigen.
    »Glauben Sie, dass sie es machen werden?«
    »Wer? Das Kartell?« Ich schüttelte den Kopf. »Nicht, wenn sie es verhindern können. Aber vielleicht Kemp. Hören Sie, Tanya. Vielleicht passiert es gar nicht. Aber egal, was passiert, wir können sowieso nichts dagegen tun. Für eine derartige Intervention ist es jetzt viel zu spät. So läuft es nun mal im Krieg. Die Abschaffung des Individuums.«
    »Was ist das? Irgendein Epigramm der Quellisten?«
    Ich lächelte. »Sinngemäß ja. Wollen Sie wissen, was Quell über den Krieg gesagt hat? Über alle gewalttätigen Konflikte?«
    Sie bewegte sich unruhig. »Eigentlich nicht. – Na gut, verraten Sie es mir. Warum nicht? Erzählen Sie mir etwas, das ich noch nicht gehört habe.«
    »Sie sagte, der Krieg ist ein Kampf der Hormone. Hauptsächlich männlicher Hormone. Es geht überhaupt nicht um Sieg oder Niederlage, sondern nur um die Freisetzung von Hormonen. Sie hat ein Gedicht darüber geschrieben, bevor sie in den Untergrund ging. Warten Sie…«
    Ich schloss die Augen und dachte an Harlans Welt. Ein sicherer Unterschlupf in den Hügeln über Millsport. Ein Zimmer, in einer Ecke ein Stapel gestohlener Bioware, in der Luft Pfeifenrauch und die Geräusche der Feier nach Abschluss der Mission. Eine müßige politische Diskussion mit Virginia Vidaura und ihrer Mannschaft, den berüchtigten Kleinen Blauen Käfern. Quellistische Zitate und Verse flogen hin und her.
    »Haben Sie Schmerzen?«
    Ich öffnete die Augen und warf ihr einen tadelnden Blick zu. »Tanya, diese Texte wurden fast ausschließlich in Jap geschrieben. Das ist eine Verkehrssprache auf Harlans Welt, die Ihnen völlig unverständlich sein dürfte. Ich versuche mich an die amenglische Version zu erinnern.«
    »Nun, es sieht schmerzvoll aus. Sie müssen sich nicht meinetwegen quälen.«
    Ich hob die Hand. »Es geht so:
     
Männlich Gesleevter;
Zügle deine Hormone,
Oder verausgabe sie stöhnend
In anderem Kaliber
(Keine Sorge – die Ladung ist groß genug)  
Dein Herz pumpt
Stolz auf deine Potenz,
Wird dich im Stich lassen
Und alles, was du berührst
(Keine Sorge – die Ausbeute war klein genug).«
     
    Ich lehnte mich zurück. Sie schnaubte.
    »Eine etwas merkwürdige Einstellung für eine Revolutionärin. War sie nicht die Anführerin eines blutigen Aufstands? Kampf bis zum Tod gegen die Tyrannei des Protektorats oder so ähnlich?«
    »Ja. Es waren sogar mehrere blutige Aufstände. Aber es gibt keinen Beweis, dass sie wirklich gestorben ist. Sie verschwand in der letzten Schlacht um Millsport. Ihr Stack konnte nie gefunden werden.«
    »Ich verstehe nicht ganz, wie der Sturm auf die Tore von Millsport zu diesem Gedicht passt.«
    Ich zuckte die Achseln. »Sie hat eigentlich nie ihre Ansichten über die Wurzeln der Gewalt geändert, nicht einmal, als sie mitten drin steckte. Ich schätze, sie hat lediglich erkannt, dass es sich nicht vermeiden ließ. Stattdessen hat sie ihre Handlung dem Terrain angepasst.«
    »Das ist keine sehr beeindruckende Philosophie.«
    »Nein. Aber der Quellismus hat noch nie viel von Dogmen gehalten. So ziemlich das einzige Credo, dem sich Quell jemals verschrieben hat, war: Stelle dich den Tatsachen. Das sollte auf ihrem Grabstein stehen. Stelle dich den Tatsachen. Das bedeutet, dass man kreativ damit umgehen sollte, statt sie zu ignorieren oder so zu tun, als wären sie nur eine historische Unannehmlichkeit. Sie hat immer gesagt, dass man einen Krieg nicht kontrollieren kann. Auch als sie selbst einen begonnen hatte.«
    »Das klingt für mich ziemlich defätistisch.«
    »Ganz und gar nicht. Sie hat lediglich die Gefahren zur Kenntnis genommen. Stelle dich den Tatsachen. Fange keinen Krieg an, wenn es sich vermeiden lässt. Denn wenn du es tust, gerät alles

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