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Gefallene Engel

Gefallene Engel

Titel: Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bett oder kroch in irgendeinen Kasten, in dem er immer dann verschwand, wenn Mandrake ihn nicht brauchte. Ich blieb zurück und starrte allein in die Wüstennacht hinaus. Ich suchte den Himmel nach Sol ab und fand den Stern im Osten an der Spitze einer Konstellation, die von den Einheimischen als »der Daumen« bezeichnet wurde. Hands Worte kamen mir wieder in den Sinn.
    …so weit von der Erde entfernt, dass man sich anstrengen muss, wenn man Sol am Firmament ausfindig machen will. Wir wurden von einem Wind hierher gebracht, der in einer Dimension weht, die wir weder sehen noch anfassen können. Wir waren gespeicherte Träume im Geist einer Maschine…
    Verärgert verdrängte ich die Erinnerung.
    Schließlich war ich dort nicht geboren. Die Erde war für mich genauso wenig eine Heimat wie Sanction IV, und falls mein Vater mir zwischen seinen alkoholischen Tobsuchtsanfällen irgendwann einmal Sol gezeigt hatte, konnte ich mich nicht daran erinnern. Jede Bedeutung, die dieser spezielle Lichtpunkt für mich hatte, stammte von irgendwelchen Datendisks. Und von hier aus konnte man den Stern, um den Harlans Welt kreiste, nicht einmal sehen.
    Vielleicht liegt da das Problem.
    Oder vielleicht lag es nur daran, dass ich dort gewesen war, auf dem legendären Heimatplaneten der Menschheit, und als ich nun hinaufschaute, konnte ich ihn mir vorstellen, exakt eine astronomische Einheit von diesem funkelnden Stern entfernt, eine rotierende Welt, eine Stadt am Meer, die von der nächtlichen Dunkelheit verschlungen wurde oder gerade ins Licht eines neuen Tages rollte, ein Polizeikreuzer, der irgendwo parkte, und eine Polizistin im Rang eines Lieutenants, die Kaffee trank, der nicht besser als meiner war und an eine Zeit dachte, als…
    Es reicht, Takeshi!
    Zu deiner Information: Das Licht, das du siehst, hat diesen Stern fünfzig Jahre vor ihrer Geburt verlassen. Und der Sleeve, von dem du phantasierst, dürfte inzwischen die Sechzig überschritten haben, falls sie ihn überhaupt noch trägt. Lass los!
    Ja, ja.
    Ich kippte den Rest des Kaffees herunter und verzog das Gesicht, als ich merkte, dass er längst kalt geworden war. Der östliche Horizont sah aus, als würde es bald dämmern, und ich hatte plötzlich das dringende Bedürfnis, nicht mehr hier zu sein, wenn es hell wurde. Ich ließ den Kaffeebecher als Wachposten auf der Brüstung zurück und ging durch die unordentlich verteilten Stühle und Tische zum nächsten Liftterminal.
    Der Aufzug brachte mich drei Stockwerke nach unten zu meiner Suite, und ich lief durch den leicht gekrümmten Korridor, ohne jemandem zu begegnen. Ich zog gerade die Netzhautkappe am speichelfadendünnen Draht aus der Tür, als ich Schritte in der Maschinenstille hörte. Sofort hatte ich mich an die gegenüberliegende Wand zurückgezogen, die rechte Hand an der Interface-Pistole, die ich aus Gewohnheit nach wie vor am Rücken im Gürtel bei mir trug.
    Unheimlich.
    Du befindest dich im Mandrake-Turm, Takeshi. Im Wohnbereich der leitenden Angestellten. Hier könnte nicht einmal Staub ohne Genehmigung eindringen. Reiß dich zusammen, verdammt!
    »Kovacs?«
    Tanya Wardanis Stimme.
    Ich schluckte und stieß mich von der Wand ab. Wardani kam hinter der Biegung des Korridors hervor und sah mich an, während ein ungewöhnlich großer Anteil Unsicherheit in ihrer Haltung lag.
    »Tut mir Leid. Habe ich Ihnen einen Schrecken eingejagt?«
    »Nein.« Ich griff erneut nach der Netzhautkappe, die sich in die Tür zurückgezogen hatte, als ich nach der Kalaschnikow griff.
    »Waren Sie die ganze Nacht auf?«
    »Ja.« Ich setzte die Kappe auf ein Auge, und die Tür klappte zurück. »Und Sie?«
    »Mehr oder weniger. Vor ein paar Stunden habe ich versucht einzuschlafen, aber…« Sie hob die Schultern. »Zu aufgedreht. Sind Sie fertig geworden?«
    »Mit der Rekrutierung?«
    »Ja.«
    »Ja.«
    »Wie sind sie?«
    »Brauchbar.«
    Die Tür piepte dezent, um höflich darauf hinzuweisen, dass bisher noch niemand eingetreten war.
    »Sind Sie…?«
    »Möchten Sie…?« Ich zeigte auf die Tür.
    »Danke.« Sie setzte sich unbeholfen in Bewegung und trat vor mir ein.
    Die Suite bestand aus Glaswänden, die ich auf halb durchsichtig eingestellt hatte, als ich gegangen war. Die Lichter der Stadt schimmerten durch die milchige Fläche wie leuchtende Glühschwänze in den Schleppnetzen der Millsport-Fischer. Wardani blieb mitten im subtil möblierten Wohnzimmer stehen und drehte sich um.
    »Ich…«
    »Setzen Sie sich. Alles, was

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