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Gefallene Sonnen

Gefallene Sonnen

Titel: Gefallene Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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Alls auf eine Weise, die anderen Menschen verwehrt blieb.
    Zuhause.
    Durch die Fußsohlen fühlte er die unter der kilometerdicken Eisschicht arbeitenden Industrieanlagen. Er lächelte, als er sich an seinen jähzornigen alten Vater erinnerte. Bram Tamblyn war ein strenges Clan-Oberhaupt gewesen, hatte von seiner Familie und den Angestellten harte Arbeit und nicht nachlassenden Fleiß verlangt. Jess erinnerte sich an einen der Aussprüche seines Vaters. Ein wahres Mitglied unserer Familie, ein wahrer Wasserarbeiter von Plumas, muss Eiswasser in seinen Adern haben.
    Dünner Dampf stieg auf. Kohlendioxid und Wassermoleküle verdunsteten im Vakuum und schwebten wie Nebel dicht über dem Kraterboden. Die geringe Schwerkraft von Plumas konnte die Gase nicht lange festhalten; sie verloren sich schließlich im All.
    Er ging zu einer Platte aus schwarzem Eis, das infolge der Gezeitenkräfte geschmolzen und wieder erstarrt war. Dort blieb er stehen, schloss die Augen und rief die Wentals – Wasser zu Wasser in elementarer Synchronisation. Wie ein Taucher hob er die Arme über den Kopf und sank ins Eis, ohne darin Spuren zu hinterlassen. In die Tiefe glitt er, durch eine Schicht nach der anderen, bis er schließlich durch die Decke des Eisgewölbes und in den uralten kalten See fiel. Das Wasser umschloss ihn.
    Er ließ seinen Körper wieder aufsteigen und näherte sich dem eisigen Ufer, wo Kuppeln, Hütten und Lagerschuppen die Hauptsiedlung des Clans bildeten. Zuhause.
    Zu jedem beliebigen Zeitpunkt arbeiteten zwischen fünfzig und hundert Roamer für den Clan, und die meisten von ihnen waren auf die eine oder andere Weise mit den Tamblyns verwandt. Die Arbeiter waren nicht auf einen Tätigkeitsbereich spezialisiert, sondern vielseitig: Sie waren Mechaniker, Verwalter, Architekten, Transporterpiloten, Eisbohrer, Reiniger und Köche.
    Jess lächelte, als er über festen Boden ging. Hier war er aufgewachsen, in dieser kleinen Welt mit einem Himmel aus Eis. Als Zwölfjähriger hatte er seinen Vater nach Rendezvous begleitet, für ihn damals ein völlig neues Universum. Dort hatte er kurz Cesca gesehen, als ihre Ausbildung durch die alte Sprecherin Okiah begann.
    Er breitete die Arme aus, nahm die Atmosphäre in sich auf, das Wasser, die Umgebung von Plumas. Tropfen des prähistorischen Ozeans lösten sich aus ihm und gefroren auf dem Boden. Dampf stieg von Haar und Schultern auf, als die Kraft seines Körpers ihn trocknete.
    Drei seiner Onkel kamen aus ihren Hütten in der Siedlung. Caleb war nicht bei ihnen. Wynn, Torin und Andrew konnten kaum glauben, was sie sahen. »Jess! Bist du das wirklich, Jess?«
    Die Zwillinge wechselten einen Blick. Andrew, der stillste Onkel, seufzte froh. »Oh, es ist schön, dich zurückzuhaben. Allerdings hörten wir, dass du nicht mehr ganz menschlich bist.«
    Jess lächelte beruhigend; inzwischen war er an solche Reaktionen gewöhnt. »Im Innern bin ich noch immer die gleiche Person.« Seine Stimme klang wie künstlich verstärkt.
    Wynn kratzte sich am Stoppelkinn. »Shizz, Jess, du kommst in einer großen Wasserkugel hierher und gehst im Vakuum über die Oberfläche, ohne einen Schutzanzug! Anschließend schmilzt du dir einen Weg durch kilometerdickes Eis und erscheinst hier ohne die geringste Gänsehaut.«
    »Das klingt nicht nach einem Menschen«, sagte sein Zwillingsbruder Torin.
    »Finde ich auch«, stimmte ihm Andrew zu, der sich um Finanzen und die Buchhaltung der Wasserminen kümmerte. »Wir haben dich mithilfe der Kameras bei den Brunnen beobachtet.«
    Jess lächelte erneut. Das vage Glühen einer Aura umgab ihn. »Vielleicht habe ich ein wenig angegeben. Die Wentals erlauben mir viele Dinge, die seltsam erscheinen mögen.«
    Wynn und Torin runzelten skeptisch die Stirn, als sie nebeneinander auf einem Eisblock Platz nahmen. Die isolierende Kleidung hielt sie warm, obwohl Wynn die Hände in der kalten Luft immer wieder schloss und öffnete, um den Kreislauf anzuregen. Um sie herum kamen Arbeiter von den anderen Hütten. Sie näherten sich vorsichtig und wahrten einen sicheren Abstand zu dem einzigen überlebenden Sohn von Bram Tamblyn.
    »Habt ihr etwas von Tasia gehört?«, fragte Jess.
    »Nein«, erwiderte Wynn. »Wer weiß, ob die Tiwis sie inzwischen einer Gehirnwäsche unterzogen haben. Wir dachten, du bringst vielleicht Neuigkeiten.«
    »Ich bin nicht viel unter Leuten gewesen.«
    Andrew ging zum Verwaltungszentrum und kehrte kurze Zeit später mit einem Sitzpolster für sich

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