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Gefallene Sonnen

Gefallene Sonnen

Titel: Gefallene Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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Prasseln der in der Siedlung brennenden Feuer, manchmal ein Knacken und Knirschen, wenn Reste von Gebäuden einstürzten. Dort lebte nichts mehr.
    Niemand hörte Orli, als sie lange weinte und sich die Nase mit rußigen Händen abwischte. Sie schluchzte, bis ihre Kehle rau wurde. Sie war nie eine besonders anhängliche Person gewesen, aber jetzt vermisste sie ihren Vater sehr. Jan Covitz hatte gern nach Lösungen für Probleme gesucht, es aber nur selten geschafft, sie auch zu realisieren. Ganz deutlich erinnerte sie sich an sein offenes Lächeln, an sein warmes, freundliches Wesen. Er war bei allen beliebt gewesen, aber nur wenige hatten sich auf ihn verlassen.
    Orli wollte bei ihrem Vater sein und sich von ihm umarmen lassen, während er von seinen Träumen erzählte. Er hätte sicher gewusst, was es nun zu tun galt.
    Bei diesem Gedanken seufzte Orli, und ein bittersüßes Lächeln berührte ihre Lippen. Nein, er hätte nicht gewusst, was es zu tun galt. Allein auf sich gestellt wäre er vielleicht noch schlechter dran gewesen als sie. Aber das spielte keine Rolle. Sie wünschte sich ihn an ihre Seite.
    »Wenn Wünsche Pferde wären, Mädchen, würden wir alle reiten«, hatte er oft gesagt.
    In der dunkelsten Stunde der Nacht, noch immer hellwach, hörte Orli etwas, das nach Stimmen klang, die in den Resten der seit langem leeren Klikiss-Stadt flüsterten. Sie sprang auf, verließ ihren Unterschlupf und kletterte über geborstene Felsen.
    »Hallo?«, wollte sie rufen, aber es wurde nur ein Krächzen daraus. Zu langes Weinen und zu viel Rauch hatten ihr die Stimme genommen. Sie versuchte es erneut. »Hallo?« Etwas lauter diesmal. »Ist dort jemand?«
    Orli machte sich auf den Weg zu den Klikiss-Ruinen und lief durch die Dunkelheit, so schnell sie konnte. Das Licht der Sterne reichte gerade aus, vor ihr auftauchende Hindernisse rechtzeitig zu erkennen. Oben lösten sich kleine Steine von den alten Gebäuden, und kurz darauf geriet ein größerer Brocken in Bewegung und fiel zu Boden.
    Ein weiterer hoffnungsvoller Ruf blieb Orli in der Kehle stecken. Und wenn sie gar keinen Überlebenden gehört hatte? Sie dachte plötzlich an die Möglichkeit, dass einer der Roboter zurückgeblieben war. Die tödlichen Maschinen waren perfekte Mörder – das hatten sie deutlich gezeigt. Vielleicht hatten die schwarzen Klikiss-Roboter einen der ihren zurückgelassen, damit er auf jemanden wie Orli wartete, auf Kolonisten, die zum Zeitpunkt des Angriffs nicht in der Siedlung gewesen waren. Mit dem Auftrag, auch solche Überlebende zu töten.
    Das Herz klopfte Orli bis zum Hals. Wie erstarrt stand sie in der Dunkelheit und fühlte sich schrecklich hilflos und verletzlich. Sie lauschte, wagte nicht einmal zu atmen. Warum hatte sie gerufen? Wie dumm von ihr! Sie musste vorsichtiger sein. Bestimmt würde sie nicht lange überleben, wenn sie einfach so herumstolperte und davon ausging, dass sich alles zum Besten wandte.
    Sie versuchte zu schlucken, aber ein staubiger Lappen schien in ihrem Hals zu stecken. In Gedanken zählte sie bis hundert, doch es kamen keine weiteren Geräusche aus den Ruinen.
    Dann hörte sie erneut das Klacken kleiner Steine.
    Nach einer Weile glaubte Orli, dass die Steine von ganz allein in Bewegung geraten waren. Nichts trat vor ihr aus der Dunkelheit, weder eine große schwarze Maschine noch ein kleiner Soldaten-Kompi. Die anderen Geräusche, die sie in der Finsternis hörte, stammten von kleinen Tieren oder Insekten.
    Und vielleicht von hungrigen Raubtieren?
    Orli kehrte zu ihrem Unterschlupf zurück, nahm einen Stein und fragte sich, ob er als Waffe taugte. Er musste genügen. Sie blickte zum dunklen Horizont und hoffte, dass bald die Sonne aufging…
    Am Morgen, geschwächt und die Augen gerötet, ging sie zur zerstörten Siedlung. Ihr erstes Ziel waren die Reste des Sendeturms, in der ihr Vater stolz Kommunikationsdienste für die Kolonie geleistet hatte. Kurz nach der Ankunft hatte Orli dort bei ihm gesessen, als er auf eintreffende Nachrichten wartete, den Weg von Hanse-Schiffen verfolgte, Bestandsverzeichnisse anlegte und Wunschlisten für die Händler zusammenstellte.
    Orli versuchte, sich einen letzten Rest von Hoffnung zu bewahren, aber sie hatte die Explosionen gesehen. Ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich: Die Sendebaracke ihres Vaters war vollkommen zerstört. Es gab kaum Trümmer, zwischen denen sie suchen konnte, nur einige Metall- und Polymerreste. Wenigstens blieb es ihr erspart, die Leiche

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