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Gefallene Sonnen

Gefallene Sonnen

Titel: Gefallene Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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ihres Vaters zu sehen.
    Die enorme Hitze der Energiestrahlen hatte den Boden in Glas verwandelt. Es erinnerte Orli an die Glasur eines leckeren Desserts, das sie einmal mit ihrem Vater gegessen hatte. Ihre Augen brannten plötzlich, und sie schüttelte die Erinnerung ab.
    Sie kletterte über rußige Trümmer hinweg, bis sie die Mauer mit dem Klikiss-Transportal erreichte. Das fremde Aggregat war wie erwartet zerstört worden, und das bedeutete für Orli: Sie konnte Corribus nicht verlassen.
    Jede neue Enttäuschung verringerte den letzten Rest von Hoffnung in ihr.
    Schließlich ging Orli zu der Ruine des Gebäudes, das für ihren Vater und sie ein neues Zuhause gewesen war. Die Zerstörung der Siedlung war so enorm, dass sie das Haus nur finden konnte, indem sie sich mithilfe von Geländepunkten orientierte, Fundamente zählte und bekannten Wegen folgte, bis sie schließlich vor einem Haufen aus verbrannten Bauelementen stand.
    Sie fand einige Kleidungsfetzen, zwei Kochtöpfe und – ein Glücksfall – sechs Nahrungspakete, die ihr Vater behalten hatte, um eines Tages ein besonderes Essen zu kochen. Orli verschlang das Aromaprotein regelrecht und merkte dabei, wie hungrig sie gewesen war.
    Bei einer geborstenen Mauer fand sie zwei versiegelte Beutel mit konservierten Riesenpilzen, die ihr Vater und sie auf Dremen angepflanzt hatten. Ein weiterer von Jans Damit-werden-wir-reich-Plänen. Die wachsenden Pilze waren rasch außer Kontrolle geraten, und als die anderen Siedler ihr graues Fleisch mit dem Wildgeschmack nicht essen wollten, war ihnen nichts anderes übrig geblieben, als die Farm aufzugeben und nach der Rettungsleine der neuen Kolonisierungsinitiative zu greifen. Orli hatte jene kalte, feuchte, dunkle Welt verabscheut, aber wenn sie dort geblieben wären… Dann wäre ihr Vater jetzt noch am Leben.
    Orli hielt die Beutel in den Händen und fühlte die gummiartigen Pilze in ihrem Innern. Plötzlich wurde ihr schlecht, aber sie biss die Zähne zusammen, schluckte mehrmals, atmete durch die Nase und kämpfte gegen die Dunkelheit an. Sie hatte gerade etwas gegessen und wollte es nicht erbrechen, denn sie brauchte Kraft, um zu überleben. Und Orli wollte überleben.
    Sie steckte die Pilzbeutel für später ein und setzte die Suche fort. Ihre Pelzgrille, die sie lieb gewonnen hatte, fiel ihr erst ein, als sie den zerschmetterten Käfig entdeckte und das kleine Tier tot unter einem umgestürzten Träger fand.
    Das war zu viel. Orli begann erneut zu weinen, nicht nur um ihren kleinen Liebling, sondern auch um ihren Vater und alle anderen Kolonisten, um die zerstörte Siedlung. Sie schluchzte wegen all der Dinge, die sie verloren hatte, und der vor ihr liegenden Mühsal.
    Schließlich verstummte sie. Es gab niemanden, der sie hörte, der Anteil nahm, und Selbstmitleid brachte sie nicht weiter. Orli beschloss, inmitten der Trümmer nach nützlichen Dingen Ausschau zu halten, die ihr beim Überleben helfen konnten.
    Sie begann mit einer systematischen Suche bei den Resten ihres Hauses, räumte ein Bauelement nach dem anderen beiseite, sammelte die wenigen noch intakten Gegenstände ein und war überrascht, als sie ihre Synthesizer-Streifen entdeckte. Erstaunlicherweise funktionierten sie noch, und die Batterie enthielt genug Strom für ein oder zwei Wochen.
    Orli verbrachte den ganzen Tag damit, in der Siedlung nach Dingen zu suchen, die sie vielleicht noch gebrauchen konnte, und sie fand tatsächlich das eine oder andere: medizinische Notfallpakete, eine kleine Schüssel, Proviant, Reste metallischer Kleidung, eine Drahtrolle – das alles konnte nützlich sein. Am Abend gelang es ihr, eine der automatischen Wasserpumpen wieder in Betrieb zu setzen, und daraufhin trank sie gierig. Sie überlegte, ob sie zu der Höhle zurückkehren sollte, wo sie sich verstecken konnte, wenn die Roboter zurückkehrten, aber sie war zu weit entfernt, und der Gedanke an einen langen Marsch durch die Dunkelheit schreckte sie ab.
    Sie schlug ihr Lager unweit der Trümmer ihres Hauses auf und wartete dort, Tag für Tag. Am Abend spielte sie traurige Melodien auf ihren Synthesizer-Streifen, und die klagenden Töne stiegen gen Himmel auf, wie der Gesang eines einsamen Vogels.
    Eine knappe Woche nachdem Orli damit begonnen hatte, die verstreichende Zeit zu messen – mit den ersten Tagen verbanden sich nur vage Erinnerungen –, kam eine Gestalt aus der weiten Grasebene.
    In der Abenddämmerung zeichnete sich eine vogelscheuchenartige

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