Gefallene Sonnen
Unannehmlichkeiten nahmen die Flüchtlinge gern in Kauf, nachdem sie gesehen hatten, dass ihr Planet zu einem Eisball geworden war.
Rlinda betätigte die Kontrollen. »Die Neugier fliegt wie eine betrunkene Hummel mit einem Ziegelstein auf dem Rücken. Ich glaube, sie ist noch nie so voll gewesen. In letzter Zeit hat es kaum Fracht für mich gegeben.«
»Ich schätze, von jetzt an werden Sie mehr als genug Kunden haben, Captain Kett«, sagte Davlin. »Was Sie hier machen, hat das Zeug für eine Legende. Und mir ist es lieber, wenn Sie das ganze Lob bekommen. Ich möchte vermeiden, dass mein Name bekannt wird.«
»Wer sagt denn, dass ich all die Bewunderung und den Jubel ganz für mich allein möchte? Sie sind ein Held, Davlin.«
»Ich bin Undercover-Agent. Publicity würde mich bei meiner Arbeit behindern.«
Rlinda lächelte weiterhin. Die Dankbarkeit der Flüchtlinge machte Davlin verlegen, aber sie glaubte, dass er sich insgeheim darüber freute. Sie hatte ihn bei den anderen Kolonisten gesehen und wusste, wie viel ihm an ihnen lag. Seine kühle Reserviertheit war nichts weiter als eine Maske.
Davlin war mit einem kleinen Raumschiff und nur wenig Treibstoff nach Relleker geflogen und hatte Gouverneurin Pekar gebeten, ihm bei der Rettung der Siedler zu helfen. Sie hatte abgelehnt – nur Rlinda und Branson »BeBob« Roberts waren bereit gewesen, nach Crenna zu fliegen.
Als sich die beiden Schiffe nun dem Raumhafen von Relleker näherten, gab es nicht gerade einen begeisterten Empfang. Ein verdrießlich klingender Flugkontrollbeamter verlangte, dass die beiden Schiffe zunächst genaue Angaben über die vielen »unbekannten Immigranten« machten und eine Landeerlaubnis abwarteten. Aber Rlinda achtete nicht darauf und sagte nur: »Danke für Ihre Hilfe. Wir sehen uns in einigen Minuten.«
Gouverneurin Jane Pekar und ihre Clique aus Bürokraten und Assistenten eilten dorthin, wo die beiden Schiffe landeten. Rlinda stieg aus und hob so die Hände, als rechnete sie mit Jubel. Sie öffnete die großen Frachtluken, und Flüchtlinge von Crenna traten ins Freie. Die lächelnden Männer und Frauen schnappten nach Luft und sahen zur Sonne hoch, als wollten sie sich vergewissern, dass sie tatsächlich da war. Freunde umarmten sich und tanzten glücklich auf dem Landefeld.
Als sie all die Leute sah, staunte Rlinda erneut darüber, dass sich so viele Menschen an Bord ihres Schiffes befunden hatten. Sie waren in kleinen Gruppen an Bord gekommen, und jetzt sah Rlinda sie alle zusammen. Es war beeindruckend.
Gouverneurin Pekar näherte sich ihr. »Sie können nicht all diese Leute hierher bringen, Captain Kett. Für so viele Menschen haben wir nicht genug Unterbringungsmöglichkeiten und Ressourcen. Unsere Kolonie kämpft auch so schon ums Überleben…«
»Sie werden tun, was Sie können, Gouverneurin.« Davlin trat neben Rlinda und richtete einen starren Blick auf Pekar. »Das ist Ihre humanitäre Pflicht, wie sie in der Charta der Hanse beschrieben ist, die Ihre Kolonie unterzeichnet hat.«
Jane Pekar war gut fünfzig Jahre alt, und ihre Versuche, jünger auszusehen, bewirkten das genaue Gegenteil. Das kurze blonde Haar und die Sonnenbräune sahen künstlich und zu gesund aus, um echt zu sein. Ihre Augen waren saphirblau – Kontaktlinsen? –, und die Sorgenfalten schienen wie mit einem Meißel in die Stirn getrieben, als sie sah, wie Flüchtlinge aus den beiden Schiffen strömten.
BeBob kam von der Blinder Glaube, legte den Arm um Rlindas breite Schulter und drückte sie. Ihr Lieblings-Exmann wirkte etwas magerer als sonst, aber es fühlte sich gut an, ihn an der Seite zu haben. Rlinda lehnte sich an ihn und brachte ihn dadurch fast aus dem Gleichgewicht.
»Meine Güte, wie schön, wieder frische Luft zu atmen«, sagte er. »Es wurde ein wenig stickig an Bord. Kein Wunder bei so vielen schwitzenden und nervösen Leuten.« BeBob sah die Gouverneurin und ihre Begleiter an. »Äh, hast du gefragt, ob Duschen für uns alle vorbereitet worden sind? Ich würde mich gern waschen.«
»Das solltest du auch.« Rlinda wandte sich an Pekar und hob die Stimme. »Angesichts der angespannten Lage auf Relleker ist es nicht nötig, dass Sie ein großes Festmahl für uns veranstalten, Gouverneurin. Aber eine warme Mahlzeit wäre nicht schlecht.«
Pekar sah verärgert zu den vielen Flüchtlingen. Und es kamen noch mehr. Vier weitere freudige Männer und Frauen verließen die Blinder Glaube.
»Wir stellen Ihnen die notwendigsten
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