Gefallene Sonnen
Cesca dachte an die anderen Roamer, die im Lauf der Jahrhunderte gestorben waren, während sie sich frei und unabhängig im Spiralarm ausgebreitet hatten. Und jetzt bestand die Gefahr, dass sie jene Freiheit verloren.
Cesca überlegte, wo ihr Vater sein mochte. Zum letzten Mal hatte sie Denn Peroni bei der Arbeit in den Wäldern auf Theroc gesehen. Hatte er von den Ereignissen bei Rendezvous Kenntnis erhalten? Alle Roamer wussten, dass es Notfall-Treffpunkte gab, zum Beispiel Osquivel, Braddox, Constantine III und Forreys Torheit. Mehr als jemals zuvor mussten sie sich darauf verlassen, dass ihr Nachrichten- und Gerüchtenetz die Clans zusammenhielt. Cesca dachte daran, dass sie nicht mit einer schnellen Konsolidierung rechnen durfte. Es würde eine Weile dauern, bis die Roamer wieder zu einer Einheit fanden; die gegenwärtige Situation erforderte Geduld.
Die neben Cesca stehenden Arbeiter beobachteten den neuen Stern am Himmel stumm. Die Bürde des Verlustes lastete schwer auf ihnen allen. Sie warteten auf ein Zeichen von Cesca, aber sie fühlte sich wie gelähmt.
Bevor sie ihnen sagen konnte, dass sie an die Arbeit zurückkehren sollten, näherte sich einer der halbkugeligen Schürfer mit hoher Geschwindigkeit. Normalerweise krochen die großen Maschinen über das unebene Gelände und pusteten Abgase aus Digestoren und Destillatoren. Aber die Abbau- und Verarbeitungsanlagen dieses Schürfers waren deaktiviert, damit er schneller vorankam. Vielleicht hatte der Fahrer an der Trauerfeier teilnehmen wollen.
»Was geht da vor?«, fragte Purcell. Zusammen mit Cesca trat er dem Schürfer entgegen. »Wer auch immer in dem Schürfer sitzt, identifizieren Sie sich. Ist etwas passiert?«
»Ich bin Danvier Stubbs, Eissammler!«, kam die Antwort übers Kom-System. »Ich komme von der anderen Seite des Planetoiden. Jack und ich haben etwas Interessantes entdeckt. Es ist unglaublich! Wir brauchen zusätzliche Ausrüstung und müssen Vorbereitungen für eine Expedition treffen. Vielleicht sollten Sie ein oder zwei zusätzliche Gruppen entsenden, Purcell.«
Die Trauerfeier hatte Cescas emotionales Gleichgewicht gestört. Sie verabscheute so vage Angaben und vermutete, dass die Eissammler eine reiche Erzlagerstätte oder vielleicht reines Wasserstoffeis gefunden hatten. »Ich bin Sprecherin Peroni«, sagte sie mit fester Stimme. »Bitte drücken Sie sich klar aus. Was haben Sie entdeckt?«
Der Schürfer kam am Katapult zum Stehen; Dampf stieg von seinen Gleisketten auf. »Es ist wirklich eine dicke Sache«, erwiderte der Mann, trat aus der Luftschleuse und hob die in Handschuhen steckenden Hände. »Wir haben Klikiss-Roboter im Eis gefunden. Einen ganzen Haufen.«
20 ANTON COLICOS
Als Gelehrter hatte sich Anton sowohl mit menschlichen als auch mit ildiranischen Legenden befasst, aber er machte nicht den Fehler, Geschichten und Mythen mit Realität zu verwechseln. Er wusste, dass Personen in schwierigen Situationen nicht automatisch zu Helden wurden.
Doch als er die Gruppe verzweifelter Überlebender aus Maratha betrachtete, die durch eine öde Landschaft wanderte, dachte er daran, dass es vielleicht nur seine Zuversicht war, die die wenigen Ildiraner in der Dunkelheit eines leeren Planeten am Leben erhielt.
Die Energiegeneratoren der Kuppelstadt Maratha Prime waren einem Anschlag zum Opfer gefallen, und weitere Sabotage hatte zwei von drei Shuttles zerstört, mit denen die Flüchtlinge aufgebrochen waren, um sich in Sicherheit zu bringen. Jetzt waren nur noch acht von ihnen übrig.
Die kleine Gruppe wanderte über die kalte Nachtseite des Planeten. Der Maratha-Designierte, sein Assistent und die Ildiraner des Linsen-Geschlechts stapften schweigend dahin. Erinnerer Vao’sh ging zusammen mit dem Arbeiter Vik’k und zwei Ildiranern des landwirtschaftlichen Geschlechts. Anton hatte zusammen mit dem Ingenieur Nur’of die Spitze übernommen.
»In diese Richtung«, sagte Anton munter durch die Membran des Schutzanzugfilms. Er deutete zum fernen Horizont. »Geradeaus bis zum Morgen.«
»Wir können nicht in wenigen Tagen einen ganzen Kontinent durchqueren«, brummte der Beamte Bhali’v.
»Wir haben eine große Strecke zurückgelegt, bevor wir gelandet sind. Und unsere Ausrüstung ist gut.«
»Erinnerer Anton hat Recht«, sagte Nur’of. »Unsere Schutzanzugfilme werden einige Tage funktionieren, selbst ohne drastische Sparmaßnahmen. Wir können es schaffen.«
Anton ging mit langen Schritten. Er amüsierte sich noch
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