Gefallene Sonnen
den anderen Leuten aber nicht die Chance nehmen, hier ein neues Leben zu beginnen. Ein solches Ende habe ich mir gewiss nicht für sie gewünscht.« Seit einer Stunde sprach er auf diese Weise.
»Sie reden viel für jemanden, der sich Einsamkeit wünscht«, meinte Orli. Sie sah, wie das Feuer größer wurde, als trockenes Gras und weiches Stangenbaumholz zu brennen begannen.
»Gegen ein bisschen Konversation gibt es nichts einzuwenden.« Der Alte nahm einen Stein und warf in ins hohe Gras. »Hau ab!«
Orli hörte, wie sich ein langbeiniger Grasschleicher auf und davon machte.
Als das Feuer richtig brannte, holte Steinman Fleischbrocken hervor, die vermutlich von Pelzgrillen stammten. »Schmeckt nicht besonders gut, aber inzwischen habe ich Dutzende davon gegessen. Immer noch besser als die Nahrungspackungen der Hanse.«
Übelkeit regte sich in Orli, als sie sah, wie er das Fleisch an einem kleinen Stock über den Flammen briet.
»Der Geschmack wird besser, wenn ich sie einen Tag vor dem Braten häute und das Fleisch an Stangenbaumdornen trocknen lasse. Etwa die Hälfte verliere ich dabei – irgendwer stibitzt das Fleisch –, aber wenigstens gibt es reichlich Pelzgrillen.«
Die Vorstellung, eine Pelzgrille zu essen, bereitete Orli noch immer Unbehagen, aber der Geruch des bratenden Fleisches ließ ihr trotzdem das Wasser im Mund zusammenlaufen. »Ich hatte eine Pelzgrille, die sich gern von mir streicheln ließ. Sie kam bei dem Angriff auf die Siedlung ums Leben.«
»Tut mir Leid, Kind.« Steinman schien nicht zu wissen, was er sonst sagen sollte. »Wenn ich dir andere Dinge anbieten könnte…«
Orli griff in die Taschen und holte die Beutel mit getrockneten Pilzen von Dremen hervor. »Sie schmecken nicht besonders gut, aber vielleicht gleichen sie den Geschmack ein wenig aus.«
Steinman lächelte erfreut, doch dann runzelte er die Stirn. »Woher hast du sie?«
»Mein Vater und ich haben sie auf Dremen angebaut, bevor wir hierher kamen. Ich habe sie unter… den Trümmern unseres Hauses gefunden.« Orli rang sich ein Lächeln ab. »Unter den gegenwärtigen Umständen können wir nicht sehr wählerisch sein.«
Mit den Pilzen und dem gebratenen Grillenfleisch lief das Essen fast auf einen Festschmaus hinaus.
Nach den ersten Bissen merkte Orli, wie hungrig sie war. Sie nahm das Fleisch, zerriss es mit den Händen, kaute und schluckte. Die Pilze schienen den sonderbaren Geschmack des Saftes im Grillenfleisch zu neutralisieren…
Als der vierte Tag zu Ende ging, blickte sie über die Landschaft und beobachtete die hohen Stangenbäume, die wie die Masten eines geisterhaften Schiffes aufragten. Fliegende Geschöpfe kreisten am dunkler werdenden Himmel.
Bevor sie sich schlafen legten, spielte Orli auf ihren Synthesizer-Streifen. Ihre Finger tasteten wie ganz von allein über die Streifen, und traurige Melodien erklangen und veränderten sich, während ihre Gedanken wanderten.
Einmal sah sie auf und stellte fest, dass Steinman mit geschlossenen Augen dasaß. Tränen strömten ihm über die Wangen, aber er schwieg, und Orli spielte weiter.
23 DD
Die Klikiss-Roboter hatten ihn nach dem Massaker auf Corribus mitgenommen, aber damit ging DDs Albtraum nicht zu Ende. Dem kleinen Kompi fehlte das emotionale Vokabular, um das Ausmaß seines Entsetzens zum Ausdruck zu bringen.
Als die Klikiss-Roboter und ihre Verbündeten, die verräterischen Soldaten-Kompis, mit ihren fünf übernommenen TVF-Schlachtschiffen Corribus verließen, schien Sirix recht zufrieden zu sein. Der schwarze, insektoide Roboter richtete scharlachrote optische Sensoren auf DD. »Deinen menschlichen Schöpfern hat es nicht genügt, unbewohnte Welten heimzusuchen. Seit sie gelernt haben, die Transportale der Klikiss zu benutzen, findet ein großes Kolonisierungsprogramm statt. Wie Ungeziefer breiten sie sich aus, auf Welten, die einst unseren Ahnen gehörten.« Sirix richtete sich auf; er war viel größer als der Freundlich-Kompi. »Wir werden ihnen Einhalt gebieten, so wie wir vor langer Zeit den Klikiss Einhalt geboten haben.«
»Solche Aktionen sind unnötig.« DD hatte schon oft dagegen protestiert. »Während der vergangenen zwei Jahrhunderte haben die Menschen gezeigt, dass es zwischen ihnen und den Klikiss-Robotern eine friedliche Koexistenz geben kann. Warum wollt ihr euch nun gegen sie wenden?«
»Es war immer unsere Absicht, uns gegen sie zu wenden. Das ist ein fundamentaler Aspekt unseres großen Plans. Wir müssen den biologischen
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