Gefallene Sonnen
brauchen sich meinetwegen nicht zu verstellen, wenn es kein Publikum gibt.«
Peter verbeugte sich und hielt ein Lächeln zurück. »Wie Sie wünschen, Basil.«
Der Vorsitzende verzichtete auf einen weiteren Kommentar und schloss die Tür.
Natürlich wollte Peter Estarra so lange wie möglich von Wenzeslas fern halten. Aber wenn sie zu offensichtlich dabei waren, sich zu verstecken, schöpfte vielleicht jemand Verdacht. Durch das eigene Beispiel hatte der Vorsitzende Peter viel über Manipulation gelehrt.
Eine Zeit lang hatte Peter geglaubt, dass Wenzeslas ihn verachtete, aber dann war ihm klar geworden, dass Basil keine Kraft an solche Emotionen vergeudete. Als Vorsitzender der Hanse erwartete Basil Wenzeslas vom König, dass er seiner Rolle gerecht wurde und alle Pflichten sorgfältig erfüllte. Nicht mehr und nicht weniger. Er ärgerte sich nur dann über den jungen Mann, wenn er seine Grenzen vergaß und die Autorität des Vorsitzenden infrage stellte. Wenn das nicht geschah, dachte Basil überhaupt nicht an ihn. Er hatte keine Zeit für Freunde oder Feinde. Er existierte allein für die Verwaltung, dafür, Entscheidungen zu treffen und die Geschäfte der menschlichen Zivilisation zu leiten.
Während des kurzen Besuchs im Prismapalast war Peter vom großen Interesse des Weisen Imperators an Estarra und Theroc überrascht gewesen. Jora’h hatte sich offenbar zu Estarra hingezogen gefühlt und lieber über ihren Bruder Reynald und die grünen Priester gesprochen, die nach Mijistra gekommen waren, als über diplomatische Angelegenheiten.
Als sie über ihren Staatsbesuch sprachen, sah Estarra aus großen braunen Augen zu Peter auf. »Ich wünschte, Reynald wäre bei uns gewesen.«
Peter setzte sich neben sie aufs Bett und legte den Arm um sie. Mithilfe des Lehrer-Kompi OX im Flüsterpalast hatten sie eine geheime Sprache entwickelt: Handzeichen, Gesten und Kodewörter, die hoffentlich niemand entschlüsselte. Auf diese Weise sprach er ihr nun Trost zu und sagte ihr, dass er sie liebte.
»Hat der Weise Imperator für dich besorgt ausgesehen?«, fragte Estarra. »Auf mich machte er den Eindruck, sehr beunruhigt zu sein.«
Peter sah zur kleinen Kerbe in der Decke hoch – vermutlich war dort ein winziger Imager installiert. Er achtete nicht weiter darauf. »Denk nur daran, wie viel hinter den Kulissen der Hanse geschieht: Abmachungen, geheime Entscheidungen und erzwungene Aktivitäten. Die Ildiraner sind keine Menschen, aber ich wette, dass in ihrem Reich ähnliche Dinge vor sich gehen.«
»Ich hoffe, der Weise Imperator wird damit fertig«, sagte Estarra.
»Ich hoffe, wir werden mit unseren Dingen fertig.«
Als sie in den Orbit um die Erde einschwenkten, teilte der Vorsitzende Peter und Estarra mit, dass er sich mit einem Shuttle auf den Weg machte, bevor das ganze Trara begann. Er wollte sich mit anderen Repräsentanten der Hanse treffen und die Erklärungen des Weisen Imperators Jora’h mit ihnen besprechen. Basil wartete keine Antwort ab und ging fort. Kurz darauf löste der Shuttle sich vom diplomatischen Transporter und flog in Richtung Palastdistrikt.
Für Peter und Estarra gestaltete sich die Rückkehr weitaus förmlicher. Vor seinem Abflug hatte Basil ihnen das Manuskript einer Rede übergeben und Peter angewiesen, sie aufzuzeichnen. Er erlaubte dem König längst nicht mehr, live zu sprechen. Peter las die Worte und prägte sie sich rasch ein. Die Rede war vergleichsweise harmlos und sollte die Stimmung der Bevölkerung heben. Es machte ihm nichts aus, sich mit solchen Bemerkungen an die Öffentlichkeit zu wenden – im Gegensatz zu anderen Gelegenheiten, bei denen er zu weitaus schlimmeren rhetorischen Übungen gezwungen gewesen war.
König und Königin begaben sich gehorsam in den Aufzeichnungsraum des diplomatischen Transporters und bezogen Aufstellung vor einem projizierten Hintergrund.
»Das Bündnis zwischen den Ildiranern und der Hanse bleibt stark«, sagte Peter und gab seiner Stimme einen festen, zuversichtlichen Klang. »Die Königin und ich haben den Weisen Imperator besucht, der ebenso wie sein Vater bemüht ist, die Hydroger zu besiegen. Zusammen mit der ildiranischen Solaren Marine wird die Terranische Verteidigungsflotte gegen die Fremden bestehen, die bereits so große Zerstörungen angerichtet haben.«
»Die Hydroger hätten fast meine Heimat vernichtet«, sagte Estarra. »Meine beiden Brüder fielen ihnen zum Opfer.«
»Wir müssen gegen sie kämpfen, aber das können wir
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