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Gefallene Sonnen

Gefallene Sonnen

Titel: Gefallene Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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um den elliptischen Landebereich des Zeppelins, der langsam tiefer sank. Gravitationskabel wurden mit Ankern verbunden, und ein Lift brachte Peter und Estarra zu einer Empfangsplattform, wo der bärtige Erzvater des Unisono sie begrüßte. Das religiöse Oberhaupt der Hanse hob ein Zepter und trat neben das königliche Paar.
    Peter hatte nie offen mit dem wohlwollend aussehenden alten Mann gesprochen, der in seinem Amt ebenfalls keine echte Macht ausüben konnte. Die Wangen des Erzvaters waren rosarot – vielleicht Make-up –, und viele Falten umgaben die hellblauen Augen. Doch sein Blick schien leer. Er sprach vorbereitete Worte und gab seinen Segen, führte dann die Prozession an, mit der Peter und Estarra in den Palast zurückkehrten.
    Es war eine große, bunte und laute Show, die den Bürgern zeigen sollte, dass in der Terranischen Hanse alles in Ordnung war.
    König Peter fühlte sich sehr müde.

31 OSIRA’H
    Osira’h kam sich sehr klein vor, als der Dobro-Designierte sie zum Weisen Imperator führte. Auf diesen Moment hatte sie ihr ganzes Leben gewartet. Es wurde Zeit für sie, einen Pfad zu beschreiten, den sie sich nie gewünscht hatte.
    Uniformierte Wächter standen im Empfangssaal der Himmelssphäre, bereit dazu, den Herrscher des Ildiranischen Reichs mit ihrem Leben zu schützen. Ihre Loyalität war kompromisslos und unerschütterlich.
    Auf ein Zeichen von Udru’h trat Osira’h unsicher vor. Sie war ihrem Vater begegnet, als er auf Dobro das vermeintliche Grab ihrer Mutter besucht hatte, und schon bei jener Gelegenheit hatte sie an seinen wahren Motiven gezweifelt. Waren ihm all jene Gräuel wirklich nicht bewusst gewesen? Jetzt regten sich Erinnerungen in ihr, die von Nira Khali stammten.
    Als sie in Jora’hs Gesicht sah, stiegen Bilder in ihr auf, die sie von ihrer Mutter empfangen hatte, kurz vor ihrem Tod. Durch Niras Augen sah sie diesen Mann als Erstdesignierten, als liebevollen, zärtlichen Sohn des intriganten Weisen Imperators Cyroc’h. Jora’h hätte die schrecklichen Dinge nie erlaubt, die mit Nira und den anderen Zuchtgefangenen auf Dobro geschehen waren. Davon war ihre Mutter überzeugt gewesen.
    Als Osira’h ihn jetzt dort oben sah, im verzierten Chrysalissessel auf dem hellen Podium, zogen an ihrem inneren Auge Erinnerungsbilder vorbei, so kristallklar wie die bunten Scheiben der Himmelssphäre über ihr: Jora’h als junger Mann, der Nira in den Armen hielt, seine helle, warme ildiranische Haut an den chlorophyllgrünen Armen, Beinen und Brüsten ihrer Mutter. Sie entsann sich an seine Berührungen, an seine Küsse, an die Leidenschaft, die er in ihrer Mutter geweckt hatte. Osira’h fragte sich, ob sie in diesen Erinnerungen ihre eigene Zeugung erfahren konnte.
    Ein Kind hätte sich nicht auf diese Weise an den Vater erinnern sollen, aber Osira’h fühlte keinen Abscheu, gewann auch nicht den Eindruck von Voyeurismus. Ein Teil von ihr war ihre Mutter. Nira hatte diesen Mann geliebt und ihm vertraut. Sie war nie der Ansicht gewesen, dass er sie im Stich gelassen hatte. Aber Osira’h kannte die Macht, die in den Händen dieses Mannes ruhte. Er hatte nichts unternommen, um den Vergewaltigungen und grässlichen genetischen Experimenten ein Ende zu setzen, selbst nachdem er die Wahrheit erfahren hatte. Worauf wartete er? Osira’h wusste nicht recht, ob ihr Vater so viel Verehrung verdiente. Unsicherheit breitete sich in ihr aus.
    Der Dobro-Designierte hielt sich zurück, als Jora’h vom Podium heruntertrat und sich Osira’h näherte. Stolz und Hoffnung glänzten in den Augen des Weisen Imperators. »Mein Bruder Udru’h sagt, dass du bereit bist, Osira’h. Das Ildiranische Reich kann nicht länger warten. Übernimmst du die schwere Aufgabe, die dir zufällt? Bist du bereit zu versuchen, mit den Hydrogern zu kommunizieren und sie hierher zu bringen, zu mir?«
    Osira’h hob den Kopf und gab die Antwort, die man von ihr erwartete. »Ich akzeptiere meine Pflicht nicht nur, ich heiße sie willkommen.«
    Als Jora’h mit einem warmen Lächeln reagierte, hätte sich ein Teil von Osira’h am liebsten voller Freude aufgelöst. »Das ist mehr, als ich erwartet habe.« Er umarmte sie behutsam, doch das Mädchen blieb steif und wusste nicht, wie es sich verhalten sollte. Sah er in Osira’h wirklich seine Tochter oder nur ein Werkzeug, das zum Wohl des Reiches eingesetzt werden sollte?
    Dann bemerkte sie überrascht einen Schössling im Sonnenschein neben dem Chrysalissessel. Plötzliche

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