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Gefangen (German Edition)

Gefangen (German Edition)

Titel: Gefangen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sira Rabe
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hinein.
    Sie glaubte schon, er käme an diesem Abend nicht. Ein paar Gäste, die laut lachend mit den Frauen an der Bar scherzten, hatten sie abgelenkt. Da stand er plötzlich vor ihr.
    Wie eine Woche zuvor bot er ein perfektes Erscheinungsbild, Anzug und Krawatte waren aus gutem Stoff. Keine unnötigen Accessoires. Nur eine Uhr und der Ring an der linken Hand.
    Er musterte Delia mit einem scheinbar emotionslosen Blick, aber einem leicht spöttischen Zug in den Mundwinkeln. Überlegenheit und Selbstbewusstsein in vollendeter Harmonie. Ein Gewinner. Einer, der immer bekam, was er wollte.
    Was für ein arroganter Schnösel, dachte Delia bei sich. Wieso war ihr das nicht gleich aufgefallen? Doch obwohl sie genau diesen Typ Männer verabscheute – die sich offensichtlich für bedeutender, klüger und unersetzlicher als den Rest der Menschheit hielten und insbesondere den Frauen überlegen fühlten – musste sie bei diesem zugeben, dass er irgendetwas an sich hatte, was sie besonders anmachte. Mühsam unterdrückte sie ein Stöhnen. Sein Blick entfachte ein Feuer zwischen ihren Schenkeln, das sie sich nicht gestatten wollte. Was geschah mit ihr? Unbeweglich starrte er sie an und sie war ihrerseits nicht in der Lage, ihren Blick von ihm abzuwenden. Ihre Lippen begannen zu zittern.
    Dann wurde Delia plötzlich von einem anderen Mann abgelenkt, der auf einmal in ihrem Blickfeld erschien, auf das Podest hochstieg und sie ungeniert begrapschte. «Nein», hauchte sie abwehrend. Glücklicherweise dauerte dieser Überfall aber nur kurz, da seine nächtliche Gefährtin ihn abholte.
    Delia schaute sich nervös um, aber er war fort. Natürlich hatte er alles beobachtet. Delia fühlte sich peinlich berührt. Was sollte er nur von ihr denken?
    Sie erschrak. Bin ich verrückt? Er ist ein Mann wie alle hier. Es ist völlig gleichgültig, was er von mir denkt. Er will doch auch nur Sex gegen Bezahlung. Verwirrt gestand sie sich ein, dass es ihr plötzlich wieder etwas ausmachte, zur Schau gestellt zu sein. Dabei hatte sie geglaubt, sie wäre über dieses Stadium hinweg.
    Sie sah Max auf sich zukommen, der sie loskettete.
    «Aber meine nächste Pause steht doch noch gar nicht an, oder?», fragte sie verdutzt.
    «Macht nichts, ich muss mit dir reden.»
    Die Unterhaltung verlief ergebnislos. Max versuchte Delia davon zu überzeugen, dass ER sie haben wollte und dafür besonders gut bezahlen würde. Aber als Max sah, dass Delia sofort blass wurde und energisch ablehnte, verwarf er den Gedanken. Sie war noch nicht so weit, und vielleicht würde sie es niemals sein. Aber er würde nicht müde werden, sie erneut zu fragen, so wie ihr Interessent wohl nicht überdrüssig werden würde, seinen Wunsch jedes Mal aufs Neue zu äußern.
    Delia wäre möglicherweise genau das, was der Fremde suchte. Eine unschuldige, eher schüchterne Frau, die noch nie ihren Körper verkauft hatte, die nicht wusste, was für Spielarten manche Leute bevorzugten. Eine, die sich vor lauter Angst vielleicht sofort und aufrichtig unterwerfen würde. Vielleicht war es das, was der Mann tatsächlich suchte. Aber dann war er hier eigentlich am falschen Ort.
    Mochte sein, dass er, Max, ein Charakterschwein war. Sonst hätte er Delia, dieses unverdorbene Wesen, nicht überredet, in seinem Foyer als lebende Puppe zu stehen. Aber so verroht war er nicht, dass er sie in einem nicht kalkulierbaren Risiko diesem Kerl buchstäblich zum Fraß vorwarf und ihren Seelenfrieden ruinierte.
    Oder doch? Kurz überlegte er, ob er sie zwingen sollte. Aber solche Aktionen waren nicht sein Stil. Genau deswegen hatte er nie Fuß im gewöhnlichen Zuhältergeschäft gefasst, sondern mit Monas Hilfe das Edelbordell eröffnet und ein paar Leute fürs so genannte Grobe eingestellt. Sie waren ein erfolgreiches Team, auch ohne zimperliche Frauen wie Delia, und ihre Finanzen waren längst saniert.
     
     

Kapitel 5
     
    Delia war von seinem dominanten Auftreten gleichermaßen eingeschüchtert wie fasziniert. Er jagte alleine durch seinen Blick prickelnde Schauer in kleinen Wellen über ihren Leib, wenn er sie auf seine eigentümliche Art mit den Augen abtastete. Kein Lidschlag, starr, unbeweglich. Minute um Minute. Sie hielt seinem Blick eine Weile stand, dann wich sie ihm verlegen aus, schaute kurz auf den Boden, ehe sie es wieder wagte, ihm zu begegnen. Ein zaghaftes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
    Es war wie jeden Freitag. Bereits zum fünften Mal stand sie ihm gegenüber, dem Bilderbuchmann.

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