Gefangen (German Edition)
gereizt entgegnete sie: «Versuch nicht, mich zu überreden! Meine Antwort ist definitiv nein! Warum ist er dir so wichtig?»
Max grinste breit. «Ich mag zufriedene Stammkunden. Sie kommen wieder.» In Gedanken fügte er hinzu: Der Kerl ist mir zwar selbst nicht ganz geheuer, aber er zahlt gerne mehr für etwas Besonderes, stinkt geradezu nach Geld. Warum sollte ich darauf verzichten? Außerdem – wenn sie sich erst mal von einem meiner Gäste vögeln lässt, vielleicht erliegt sie dann noch mehr dem Reiz des Geldes?
«Erzähl mir, was du über ihn weißt!», forderte Delia. «Wie heißt er eigentlich?»
Max seufzte theatralisch. «Eigentlich fällt das unter Betriebsgeheimnisse, das weißt du doch!»
Wenn er sich jetzt geschickt anstellte, hatte er sie so weit! Davon war er überzeugt. Denn Max hatte im Laufe der Jahre durch den Umgang mit vielen fremden Menschen erheblich an Menschenkenntnis gewonnen und lag mit seiner Einschätzung meistens richtig. Außer bei einem. Bei dem, um den es gerade ging. Delias Miene drückte schon wieder Sturheit aus. Wenn er nicht nachgab und sie mit Informationen fütterte, würde sie nicht auf seinen Vorschlag eingehen.
«Also gut. Er heißt Lennart Kerner. Über sich selbst erzählt er gar nichts. Niemandem. Aber ich habe mal ein wenig nachgeforscht, aus reiner Neugierde. Ihm gehört eine Anwaltskanzlei, die offensichtlich recht erfolgreich ist, denn er hat mehrere Anwälte angestellt und behandelt hauptsächlich Scheidungsfälle und Strafrecht.»
«Aber was ist er für ein Mensch?» Es schreckte Delia ab, dass er Anwalt war. Darum wirkte er also besonders kühl, distanziert, beobachtend, berechnend. Max zögerte, aber Delia fuhr fort, als habe sie keine Antwort erwartet: «Ich gebe es ehrlich zu: Wenn er mich betrachtet, geht es mir durch und durch. Es erregt mich, aber er macht mir auch Angst.» Sie dachte einen Augenblick lang nach. «Du hast übrigens völlig Recht. Er ist der Einzige, der mich nur anschaut. Er sagt nichts, er berührt mich nicht. Seine Hand schwebt über meine Haut hinweg und es ist, als ob die Luft mit Elektrizität geladen wäre.» Delias Wangen begannen zu glühen. Sie sah ihn förmlich vor sich und die Nerven ihrer Haut vibrierten wie elektrisiert.
Max nickte. «Ich will dich nicht belügen. Das würdest du mir hinterher vorwerfen. Er ist nicht wirklich einzuordnen.»
Die Wahrheit war, Lennart Kerner war unberechenbar! Niemand wusste etwas über ihn. Außer die Damen, die schon das zweifelhafte Vergnügen seiner intimeren Bekanntschaft gemacht und danach ein wenig davon erzählt hatten. Wenn Lennart schlechte Laune hatte, ließ er sie an den Frauen aus. Wenn er gute Laune hatte – und den Anschein hatte es heute – war er zärtlich und erregend. Und dennoch auf eine eigentümliche Weise merkwürdig in seinem Verhalten. Aber diese Erfahrung musste Delia selbst machen, das konnte er ihr nicht abnehmen.
Max fuhr fort. «Kerner hat gute Manieren, versteht sich auf erotische Liebesspiele, aber er erwartet etwas, was dir merkwürdig erscheinen mag: Gehorsam!»
«Gehorsam?» Delia zog verblüfft die Augenbrauen hoch. «Du meinst, so wie es die Dominas, die für dich arbeiten, von ihren Kunden erwarten?»
Verdammt! Sie begriff schneller, als er erwartet hatte. «Jaaa, in etwa», antwortete er gedehnt.
«Hmmm, wie läuft das denn ab? Was müsste ich tun? Was würde er von mir erwarten?», fragte Delia achselzuckend, da sie von solchen Dingen keine Ahnung hatte.
Max schmunzelte erleichtert. Sie war nicht mehr völlig abgeneigt, eher ein wenig neugierig. Gut so! Das Blatt begann sich zu seinen Gunsten zu wenden. Nun bloß keinen Fehler machen!
«Er wird dir selbst sagen, was er erwartet, was du zu tun hast. Das ist nämlich jedes Mal ein bisschen anders. Es gibt kein festes Schema. Aber eigentlich ist es ganz einfach: Tu einfach alles, was er verlangt. Rede nur, wenn du dazu aufgefordert wirst. Halte den Blick gesenkt. Zeige Demut. Stell dir einfach vor, du kniest vor einem Altar. So ähnlich ist das.»
Delia kicherte verlegen. Meinte er das ernst? Wie vor einem Altar? Der Vergleich hinkte ja ziemlich. Sie konnte sich diese Situation beim besten Willen nicht vorstellen. Sie hatte ein einziges Mal spät abends durch Zufall einen Bericht über devote Männer gesehen, die ab und an zu einer Domina gingen, um sich züchtigen und demütigen zu lassen. Sie hatte ungläubig auf den Fernsehschirm gestarrt und versucht zu verstehen, was erklärt wurde, dass
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