Gefangen (German Edition)
das musste er verhindern.
Er hatte genug davon, genug von all diesen Kränkungen, von Frauen, die alles besser wussten, die über seine Freizeit, Urlaubsziele und Anschaffungen bestimmten, die nur auf sein Geld aus waren, nur den vermögenden, erfolgreichen Mann in ihm sahen, sich mit seiner Begleitung schmückten. Und noch schlimmer: die nicht treu sein konnten. Keine, keine Einzige hatte bisher seine Liebeskünste zu würdigen gewusst. Dabei war er darin ein Meister. Und er verlangte nichts. Er verschenkte alles. Das Einzige, was er forderte war Treue, Zuneigung, Hingabe. Aber das war wohl schon zu viel. Deshalb verlangte er inzwischen doch etwas mehr. Etwas Unabdingbares: Gehorsam. Absolute Selbstaufgabe, unterwürfigen Gehorsam.
Nichts war umsonst. Schließlich hatte ihm auch niemand etwas geschenkt. Gar nichts. Mit viel Fleiß und eisernem Willen hatte er es geschafft, sich eine gut gehende Rechtsanwaltskanzlei aufzubauen und einige spektakuläre Prozesse zu gewinnen. Inzwischen hatte er so viele zahlungskräftige Klienten, dass er ein paar Rechtsanwälte angestellt hatte, nur die Elite der Uni-Absolventen, und nur noch die schwierigsten oder interessantesten Fälle selbst übernahm.
Er bewohnte ein schmuckes Einfamilienhaus mit großem Garten, umgab sich mit erlesenen Antiquitäten und Kunstgegenständen. Eigentlich hätte er mit sich und seiner Welt zufrieden sein können. Aber es machte ihn nicht glücklich. Denn leider fehlte ihm bei der Wahl seiner Lebensgefährtinnen das glückliche Händchen, das er bei der Lösung seiner Fälle bewies. Und auch die Damen, die ihn fast jeden Freitag gegen Geld bedienten, waren in seinen Augen nur Mittelmaß, nur besser als gar nichts.
Mona hatte Delia hereingeführt und zu ihrem Platz gebracht. Lennart hatte angewiesen, auf jegliche Kleidungsstücke und Accessoires, sogar auf High Heels zu verzichten. Es würde eine andere Gelegenheit geben, sie aufregend anzuziehen. Das hatte Zeit. Er wollte sie pur, denn sie war schön und er ahnte, sie würde sich ein wenig genieren.
Während er nachdachte, musterte er die junge Frau, die auf einem dünnen Polster zu seinen Füßen kniete. Die hochgesteckten Haare brachten Delias geschwungenen Nacken schön zur Geltung. Aufgrund ihrer ungewöhnlich hellen Haut wirkte sie fast wie eine der klassischen Marmorstatuen und sie hätte mühelos mit deren Anmut konkurrieren können. Die hinter dem Rücken gehaltenen Arme betonten auf verführerische Weise ihre Nacktheit. Ihre Finger hatte sie artig ineinander verflochten. Ihre Brüste bebten leicht unter jedem Atemzug. Sie schien nervös zu sein. Dabei war das völlig unnötig. Sie sah bezaubernd aus in ihrer Natürlichkeit und eine Woge sinnlicher Gefühle erfasste ihn.
Endlich, nach einer unendlich langen Zeit, in der Delia sich nur mühsam zurückgehalten hatte, einfach irgendetwas zu sagen, vielleicht die dümmste aller Fragen zu stellen, die einem manchmal in einem solchen Moment einfallen: «Sind Sie da?», endlich zerriss seine Stimme die unerträgliche Stille.
«Schön, dass du es dir überlegt hast und doch gekommen bist!»
Delia lauschte dem Nachhall der Stimme in ihrem Kopf. Er sprach nicht übermäßig laut, aber klar und deutlich. Seine Stimme hatte ein angenehmes Timbre, drang in Kopf, Bauch und Herz ein. Warm und samtig klang sie, Vertrauen erweckend, aber mit einem Anflug von Strenge, gerade so viel, dass es Delia ein erwartungsvolles Kribbeln bis in den Schoß jagte.
Sie hörte ein leises Knacksen, wie es alte Stühle von sich geben, wenn man aufsteht. Schritte, gleichmäßig, markant, den Absatz etwas hart auf den Boden aufsetzend. Also gab es hier keinen dämpfenden Teppich. Parkett oder Steinboden? Unter ihren Zehenspitzen, die über das Polster hinausragten und den Boden berührten, war es angenehm warm. Vermutlich eine Fußbodenheizung. Sie war dankbar dafür, denn sie bekam ziemlich schnell kalte Füße. Wie die meisten Frauen.
Leise Musik setzte ein. Instrumental, schwingend, sphärisch. Nichts Aufregendes, sondern etwas, was die Seele beruhigt.
Er umrundete sie. Ihr verlockender, kurvenreicher Körper weckte seine Begierde. Ihre Haut war so wunderbar weiß, ohne den Mix aus Sonnenbräune und vom Bikini weiß gehaltenen Körperpartien. Und sie war rein. Fast. Ein kleiner Leberfleck auf dem rechten Schulterblatt gab der Makellosigkeit erst ihren Reiz.
Delia zuckte zusammen. Eine Fingerspitze fuhr ihr über die Stirn herab, über das Tuch, mit dem ihre
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