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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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musste ich mich ganz schön anstrengen, eine gute Figur zu machen.“
    Sie trug ein enges Kleid aus hellblauem Satin, ihr blondes Haar hatte sie aufgesteckt.
    „Schleimerin“, grinste ich. „Du siehst toll aus, Süße. Wo ist Paps?“
    „Er wartet unten.“
    „Na dann wollen wir ihn nicht warten lassen. Komm.“
     
    „Was hab ich nur für hübsche Kinder“, bemerkte Vater mit einem strahlenden Lächeln, als ich auf dem Beifahrersitz Platz nahm und Fiona sich auf die Rückbank setzte.
    Fiona gluckste. „Du siehst aber auch cool aus, Papa.“
    Sie steckte den Kopf zwischen den vorderen Sitzen hindurch und küsste Vater auf die Wange. Er lachte.
     
    „Wie weit ist Mama?“, fragte ich, als wir einige Minuten später die Haustüre hinter uns schlossen. Ich nannte Ines meistens so, weil sie für mich wie eine richtige Mutter war .
    „Sie macht sich noch fertig, ich soll dich zu ihr hochschicken.“
    Ich hob die Augenbrauen. „Hab ich was ausgefressen?“
    „Ich hoffe nicht“, lachte Vater. „Aber könntest du mir vorher noch dieses verdammte Ding hier binden?“ Vater zerrte an dem langen, schwarzen Etwas, das vermutlich eine Fliege sein sollte. Kopfschüttelnd versuchte ich das völlig verknotete Ding zu lösen.
    „Geh du nur hoch zu Mama, ich mach das schon. Ist mein Spezialgebiet.“ Fiona schnappte sich Vaters Fliege, um sie zu glätten.
    „Ich denke, du bist in guten Händen, wir kommen dann gleich runter.“
    Ich schritt die Stufen zum Schlafzimmer hinauf und klopfte an. Nach Ines Aufforderung betrat ich den Raum und fühlte mich sofort wieder in ein Märchen aus tausend und einer Nacht versetzt. Das Schlafzimmer war im Orient-Stil eingerichtet, in der Mitte befand sich ein großes, rundes Bett mit vielen Kissen, in dunkelblau und rubinrot. Darüber hing ein Leuchter aus dunkelrotem Glas, der einem umgedrehten Zwiebelturm glich. Unzählige Teelichter und Kerzen verteilten sich auf kleinen Teakholztischchen und Ablagen und auf dem Boden lagen große, gemütliche Sitzkissen. Sogar die Tapeten besaßen ein orientalisches Muster und die weißen Sprossenfenster hatten ebenfalls die Form einer Zwiebel. Mitten in dieser morgenländischen Atmosphäre stand Ines vor einem großen Standspiegel. Sie trug ein eng geschnittenes Kleid in einem matt glänzenden Goldstoff, das sich perfekt an ihre schlanke Figur schmiegte. Ihr dunkelblondes, gelocktes Haar trug sie kinnlang, es war perfekt frisiert, wie immer.
    „Leon!“ Ines breitete ihre Arme aus und strahlte mich an. „Die Damen werden sich die Hälse nach dir verrenken.“
    Ich umarmte sie lachend und küsste sie auf die Wange. „Ach was. Du siehst toll aus, Mama. Papa sagt, du möchtest mich sprechen?“
    Sie nickte. „Setz dich kurz, Leon“, sagte sie geheimnisvoll, ging auf eine der kunstvoll verzierten Kommoden zu und holte eine kleine, silberne Schatulle aus der obersten Schublade. Sie setzte sich neben mich auf das Bett und nahm einen goldenen, klobigen Ring aus der Schatulle. Ich wusste, was das für ein Schmuckstück war und was es Ines bedeutete. Es handelte sich um ein Erbstück, das in ihrer Familie von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Ein Siegelring mit einem Rubin und einem eingravierten „W“ für den Familiennamen „Wilhelm“. Ines nahm meine Hand und legte den Ring hinein. Ich fixierte den Ring auf meiner Handfläche und wollte etwas sagen, doch Ines bedeutete mir mit einer kleinen Handbewegung, zu schweigen.
    „Leon … Opa hat mir den Ring vor ein paar Tagen gegeben und er möchte, dass du ihn bekommst.“ Ihre Augen bekamen einen verdächtigen Glanz.
    Meine Kehle wurde eng und ich schüttelte verständnislos den Kopf. „Warum jetzt? Geht es ihm nicht so gut? Und warum gibt Opa mir den Ring nicht selbst? Ich besuche ihn doch oft im Seniorenheim.“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Es geht ihm gut, keine Sorge. Du kennst ihn doch. Er wollte keinen Wirbel veranstalten und meinte, ich solle ihn dir geben. Du weißt, was er für ihn bedeutet.“
    Ich nickte. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Ines. Vielleicht solltest du ihn besser Fiona geben. Immerhin ist sie …“
    Sie schüttelte vehement den Kopf. „Das ist ein Herrenring und ich sollte ihn meinem Sohn geben.“ Sie sah mich eindringlich an und umschloss mit ihren Händen die meine mit dem Ring darauf. „Und für mich bist du das, Leon.“ In Ines Augen schwammen nun deutlich Tränen und auch ich fand den Moment sehr rührend. Schließlich wusste ich, was

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