Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
Vom Netzwerk:
die mir im Hals stecken blieb. Ich starrte Alexei an, der amüsiert grinste. Seine Nachdenklichkeit war verschwunden.
    Der Kellner leierte ein paar Empfehlungen runter, aber ich hörte ihm nicht zu. Ich war von Alexeis Blick und von seiner Sinnlichkeit wie hypnotisiert. Seine Worte hatten in mir Schauer der Erregung ausgelöst, mein Puls schlug hart und schnell. Am liebsten hätte ich mich sofort auf den Tisch gelegt.
    „Zwei mal das blutige Filet“, hörte ich Alexei wie durch Watte hindurch sagen.
    „Sehr wohl, die Herrschaften.“ Als der Kellner fort war, erwachte ich aus meiner Trance.
    „Ich … ich mag eigentlich kein blutiges Fleisch.“
    Alexei lächelte. „Ich hab deins gut durch bestellt. Hast du das nicht gehört?“
    Ich schüttelte den Kopf. In Alexeis Gegenwart musste ich mittlerweile mit allem rechnen. Vor allem mit einem Mangel an Zurechnungsfähigkeit meinerseits. Er hob sein Glas und prostete mir zu. Ich stieß lächelnd mit ihm an.
     
    Nachdem wir gegessen hatten, griff Alexei plötzlich über den Tisch, nach meiner Hand.
    „Erzählst du mir von deinen Träumen und Visionen, Leon? Denkst du, es lag ausschließlich an Toms Geschichten?“ Er streichelte meinen Handrücken.
    Ich zögerte, bevor ich sprach. „Natürlich muss ich gestehen, dass er mich ganz verrückt gemacht hat, aber mal ehrlich, wer glaubt an Dracula? Nein, es lag zum größten Teil auch an meinen telepathischen Fähigkeiten. Ich hab Dinge gesehen und gehört, die mir Angst gemacht haben. Visionen und Träume, die ich nicht deuten kann.“ Ich biss mir auf die Lippe und hätte mich ohrfeigen können. Ich wollte ihm nichts davon erzählen, doch er hatte mir auch von seinen Träumen erzählt.
    „Wie meinst du das?“ Alexei sah mich durchdringend an, seine tiefgrünen Augen funkelten interessiert.
    „Nicht nur dich plagen Albträume. Seit mehreren Tagen träume ich eigenartige Dinge und – du wirst mich jetzt für verrückt halten – sie geschehen in eurem Haus.“
    „In unserem Haus?“ Alexei sah verwundert aus. Ich erzählte ihm von dem Mann und der Frau auf dem Sofa, wie ich verfolgt wurde und von der Vision in der er mit diesem Fremden auf der Treppe kämpfte.
    „Du hältst mich jetzt für verrückt, nicht wahr?“ Ich entzog ihm meine Hand und lehnte mich seufzend zurück.
    Alexei schwieg einen Moment, schließlich schüttelte er den Kopf.
    „Nein. Hältst du mich für verrückt, wegen meiner Träume?“
    „Nein. Das gab mir auch den Mut, dir alles zu erzählen.“
    Er musterte mich so intensiv und verlangend, dass sich meine Nackenhaare sträubten und ich erschauderte. Das Gemurmel der anderen Gäste, die Musik und das Plätschern des Springbrunnens erstarben. Es gab nur noch ihn und mich.
    „Lass uns gehen, ja?“ Alexeis Stimme klang rau und fordernd. Ich konnte nicht mal sagen, ob er es laut ausgesprochen oder mir auf mentalem Wege gesagt hatte, so fasziniert war ich von seiner bloßen Anwesenheit. Er bezahlte und wir verließen das Restaurant.

***
     
    Tom stand vor dem Haus, in dem Leon wohnte und starrte hinauf. Sein Herz war schwer wie ein Stein. Wut und Trauer ließen ihn beinahe durchdrehen. Leon und der Vampir hatten turtelnd das Hotel verlassen, und Tom war ihnen gefolgt. Sein bester Freund war dieser Teufelskreatur anscheinend bereits hörig und hilflos ausgeliefert. Was tat der Vampir ihm gerade an? Tom ballte die Fäuste bis sich seine Fingernägel in die Handflächen gruben und biss die Zähne aufeinander. Entschlossen legte er den Finger auf den Klingelknopf, als er jäh gepackt und grob in den dunklen Flur gestoßen wurde.
    „Hey, was soll …!“ Tom wollte sich umdrehen, doch sein Angreifer drängte ihn mit dem Gesicht voran gegen die Wand.
    „Halt dein Maul, oder ich bring dich um!“
    Tom gefror das Blut in den Adern, augenblicklich hatte er die Stimme erkannt. Eine Hand griff grob in sein Haar und riss ihm den Kopf zurück.
    „Was hast du mit Alexei zu schaffen?“ Das Monster schien außer sich. Seine grollende Stimme erfüllte den dunklen Hausflur.
    „Nichts!“, stieß Tom zitternd hervor.
    „Lüg mich nicht an, du Abschaum!“ Er packte Tom am Kragen, warf ihn herum und presste ihn mit dem Rücken voran gegen die Mauer. Tom sah, was er ohnehin schon gewusst hatte: Es war der schwarzhaarige Vampir, der ihn mit leuchtend roten Augen anstarrte und seine Reißzähne fletschte, wie ein verdammtes Tier.
    „Zeit das nachzuholen, was mein Cousin damals verhindern konnte, nicht wahr …

Weitere Kostenlose Bücher