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Gefangen im Zwielicht

Gefangen im Zwielicht

Titel: Gefangen im Zwielicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Rank
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dir.“
    „Aber können wir ihn hier allein lassen?“
    „Ich sorge dafür, dass niemand eindringen kann, vertraue mir.“
    „Also gut. Ich fahr dich heute Abend hin.“
    Ich bemerkte erst jetzt, wie erschöpft und müde ich war. Fest umschlungen sanken wir ins Laken zurück und schliefen einige Stunden, bis die Sonne unterging.

***
     
    Später am Abend betraten Alexei und Leon das Seniorenheim, in dem Albert Wilhelm lebte. Je näher sie seinem Zimmer kamen, umso mehr Zweifel überfielen Alexei, und er war einige Male drauf und dran, kehrt zu machen und davonzulaufen.
    Leon drückte fest seine Hand, bevor er sie losließ und an die Tür klopfte. Alexeis Anspannung befand sich auf dem Höhepunkt.
    Sie betraten ein kleines Zimmer. Vor dem Fenster saß ein alter Mann im Rollstuhl. Sein schneeweißes Haar war licht, viele tiefe Runzeln und Falten zogen sich über seine eingefallenen Wangen. Der Wandel der Zeit, der Alexei nichts anhaben konnte, hatte aus seinen Bruder einen alten Mann gemacht. Er sah auf. Seine blauen Augen, die Alexei bereits so vertraut waren, funkelten erstaunlich wachsam. Trotz der tiefen Furchen, mit denen Leben und Leid sein Gesicht gezeichnet hatten, erkannte er in ihm den kleinen Jungen aus seinen Träumen wieder. Alexei schluckte hart.
    Alberts Gesicht hellte sich auf und er drehte den Rollstuhl in ihre Richtung.
    „Leon, mein Junge. Das ist aber schön, dass …“ Er hielt mitten im Satz inne, als sich sein Blick mit dem Alexeis kreuzte. In seinen trüben Augen blitzte es auf, Alexei bekam eine Gänsehaut. „ … du mich besuchen kommst. Wen hast du denn da mitgebracht?“
    Leon warf Alexei einen beruhigenden Blick zu und ging vor dem Rollstuhl in die Hocke. „Opa, das ist Alexei. Wir waren gerade in der Gegend, und er wollte dich unbedingt kennenlernen.“
    Alexei blieb einen Moment wie angewurzelt stehen, vergaß beinahe seine guten Manieren. Doch dann besann er sich und reichte Albert die Hand. Sie fühlte sich knochig und zerbrechlich an.
    „Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen. Leon hat mir bereits von Ihnen erzählt.“ Alexeis Stimme klang belegt, er räusperte sich.
    „Wirklich? Ich hoffe, er hat nur Gutes über mich gesagt.“
    „Natürlich“, bestätigte Alexei mit einem milden Lächeln. Albert machte eine einladende Handbewegung und zeigte auf die zwei gepolsterten Stühle, die am Tisch standen.

***
     
    „Setzt euch ein bisschen zu mir, Kinder. Leon, wie geht es den anderen?“ Obwohl Großvater mit mir sprach, ließ er Alexei nicht aus den Augen.
    „Gut, danke, Opa. Ines kommt dich morgen besuchen. Sie wollte dir ihre selbstgebackenen Rumplätzchen bringen.“
    Alberts Augen leuchteten. „Oh ja, die macht sie wirklich hervorragend. Eine willkommene Abwechslung zu diesen Keksen hier, die sie anscheinend aus Sägemehl herstellen.“ Er lachte, sein Blick folgte Alexei, der plötzlich auf eine Kommode zuging.
    „Alexei?“
    Er blieb wie angewurzelt vor einer Sammlung alter Familienfotos stehen und sah aus, als hätte er einen Geist gesehen. Ich ging zu ihm.
    Schweigend starrte er auf eine vergilbte Schwarz-Weiß-Fotografie, die Albert als Kind und zusammen mit seiner Familie zeigte. Ich hatte mir die Bilder noch nie so genau angesehen, doch Opa sah wirklich so aus, wie in unserem gemeinsamen Traum. Hinter ihm standen die Eltern. Die Mutter lächelte glücklich, der Vater neben ihr hatte eine Hand auf ihrer Schulter abgelegt. An seinem Finger steckte der Siegelring mit dem eingravierten „W“. Was mir eine Gänsehaut bescherte, war der kleine Junge neben Albert. Blondes Haar und ein schelmisches Grinsen im Gesicht.
    Alexei … das … bist du.
    Ich weiß. Alexeis Miene war unbeweglich. Wie war sein … mein Name?
    Max … sein Name war Max. Mein Herz raste, ich spürte Alexeis Schmerz. „Hey.“ Ich legte eine Hand auf seinen Arm. Alexei zuckte zusammen und sah mich an. Er wirkte blasser als jemals zuvor, hatte sich aber gut im Griff.
    „Ich muss gehen, Leon“, sagte er knapp und drückte kurz meine Hand. Bevor ich etwas erwidern konnte, ging er zu Albert und neigte sich zu ihm hinunter.
    „Es hat mich sehr gefreut, sie kennenzulernen.“ In seiner Stimme lag ein Beben.
    Opa nickte. „Mich auch.“
    Dann tat er etwas, was mich völlig aus der Fassung brachte: Er hob die Hand und legte sie an Alexeis Wange. In seinen alten, trüben Augen lag ein seltsamer Schimmer. Die Vertrautheit zwischen den beiden ließ meine Kehle eng werden, ich fror mit einem

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