Gefangen in der Wildnis
ganzen Firma."
„Bravo."
Dass er so gleichgültig blieb, ärgerte sie noch mehr. „Und womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt, Mr. Landry?" fragte sie bissig.
Bevor er antwortete, reichte er ihr ein weiteres Stück Fleisch, in das sie so herzhaft hineinbiss, als hätte sie sich ihr ganzes Leben nur von nicht abgehangenem, über offenem Feuer geröstetem Kaninchenfleisch ernährt.
„Mir gehört eine Ranch", sagte er schließlich.
„Rinder?"
„Ein paar. Hauptsächlich Pferde." „Wo?"
„Rogers Gap."
„Wo ist das?
„In der Sierra Nevada."
„Nie davon gehört."
„Überrascht mich nicht."
„Kann man davon leben?"
„Für mich reicht es."
„Liegt Rogers Gap vielleicht in der Nähe von Bishop? Kann man dort Ski fahren?"
„Wir haben ein paar Abfahrten. Skinarren bezeichnen sie als echte Herausforderung. Ich persönlich halte sie für die grandiosesten auf dem ganzen Kontinent."
„Und wieso habe ich noch nie etwas von diesem Ort gehört?"
„Wir sind ein Geheimtipp, und das wollen wir auch bleiben. Wir machen keine Werbung."
„Warum denn?" Ihr Interesse war geweckt. Sie ließ sich nie eine Gelegenheit entgehen, neue und für Investitionen interessante Gebiete für ihre Kunden ausfindig zu machen. „Wenn die richtige Firma das in die Hand nimmt, könnte man aus Rogers Gap etwas machen. Wenn es als Skiort so gut ist, wie Sie sagen, könnte es das zweite Aspen werden."
„Der Himmel bewahre", stieß er hervor. „Genau das ist der Punkt. Wir wollen nicht auf der Landkarte vermerkt werden. Wir wollen nicht, dass die Berge mit Betonklötzen verschandelt werden und unsere kleine, friedliche Gemeinde von irren Rüpeln mit Brettern unter den Füßen überrannt wird, denen es wichtiger ist, ihre Vorgärten in Beverly Hills proper zu halten, als unsere Landschaft zu konservieren."
„Denken alle in der Stadt so darüber?"
„Glücklicherweise, ja. Sonst würden sie nicht dort leben. Es gibt nicht viele Vorteile dort, außer der Landschaft und der Ruhe."
Sie warf ihren Kaninchenknochen ins Feuer. „Sie hören sich an wie ein Überbleibsel aus den sechziger Jahren.
„Das bin ich auch."
Ihre Augen lachten. „Gehörten Sie etwa zu den Blumenkindern, die Liebe und Harmonie predigten? Sind Sie bei den Friedensdemonstrationen mitgelaufen und haben gegen den Krieg protestiert?"
„Nein", erwiderte er scharf. Rustys spöttisches Grinsen erstarb. „Ich konnte es gar nicht abwarten, mich in die Armee einzuschreiben. Ich wollte in den Krieg ziehen. Ich war zu dumm, um mir darüber klar zu sein, dass ich Menschen töten musste, um nicht selbst getötet zu werden. Allerdings habe ich mich nicht freiwillig dafür gemeldet, in Gefangenschaft zu geraten. Aber es passierte mir trotzdem. Nach sieben Monaten in einem stinkenden Loch konnte ich fliehen und wurde zu Hause als Kriegsheld empfangen." Den letzten Satz spie er ihr entgegen. „Die Jungs im Gefangenenlager wären über Leichen gegangen, um eine solche Mahlzeit zu bekommen, wie Sie sie gerade essen." Seine grauen Augen schleuderten Dolche auf sie ab. „Sie müssen schon verzeihen, aber Ihr schillernder Beverly-Hills-Pomp beeindruckt mich nicht im Geringsten, Miss Carlson." Er stand abrupt auf. „Ich hole noch Wasser. Rühren Sie sich nicht vom Fleck."
Rühren Sie sich nicht vom Fleck, äffte sie ihn in Gedanken nach. Na schön, er hatte sie also auf ihren Platz verwiesen, aber deshalb würde sie nicht ihr Leben lang in Sack und Asche gehen. Unzählige Männer waren aus Vietnam heimgekehrt und lebten jetzt ein glückliches und produktives Leben.
Cooper war selbst schuld, wenn er sich nicht mehr eingliedern konnte, er pflegte und hegte seine Verbitterung ja geradezu. Das war sein Antrieb, um weiterzuleben. Seine Abneigung gegen die Gesellschaft, weil er meinte, sie würde ihm etwas schulden.
Vielleicht war das ja auch so. Aber schließlich war es nicht ihre Schuld. Sie war nicht verantwortlich für das Unglück, welches auch immer er erlebt haben mochte. Nur weil er noch eine offene Rechnung mit der Gesellschaft zu haben glaubte, die sowieso nie jemand würde begleichen können, hieß das noch lange nicht, dass er als Mensch mehr wert war als sie.
Er kam zurück, aber sie schwiegen sich feindselig an. Als er ihr den Becher zum Trinken reichte. Als er sie stützte, damit sie für ein paar Minuten Privatsphäre an den Rand der Lichtung humpeln konnte. Erst als er ihr wieder auf das Felllager, den Mittelpunkt ihrer Welt, geholfen hatte, sprach
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