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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Schneidt
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der Türkei erzählt hatte, von der Warmherzigkeit der Menschen dort und der Schönheit des Landes, sodass ich schließlich beinah meinte, selbst schon einmal da gewesen zu sein. Wir hatten auch wunderbar zusammen lachen können oder manchmal wie die kleinen Kinder miteinander herumgealbert. Außerdem hatte ich aus unerklärlichen Gründen stets das Gefühl gehabt, mir könnte nichts passieren, solange nur Mahmud bei mir wäre.
    Als ich wieder einmal meinen Beobachterposten in der Nähe des kleinen Lebensmittelgeschäfts bezogen hatte, sah ich tatsächlich sein Auto vor dem Eingang parken. Das Herz schlug mir bis zum Halse und meine Kehle war mit einem Mal staubtrocken. Bevor mein Hirn noch lange überlegen konnte, was jetzt zu tun sei, hatte mein Herz schon entschieden und ich rannte los. Als ich kurz darauf völlig außer Atem vor der Ladentür stand, schienen meine Lungen fast zu bersten, so sehr hatte ich mich verausgabt.
    Ich musste nicht lange warten, bereits nach wenigen Sekunden trat Mahmud aus dem Geschäft und kam auf mich zu. Er hatte mich wohl durch das große Schaufenster draußen stehen sehen. Ernst blickte er mich aus seinen dunklen Augen an. Seine Stimme klang müde, als er mich begrüßte.
    »Hallo, Katja! Wie geht es dir?«
    Meine Knie begannen zu zittern. Am liebsten wäre ich ihm sofort um den Hals gefallen.
    »Ich vermisse dich!«, war schließlich alles, was ich hervorbrachte, bevor ich haltlos zu weinen begann.
    Er schien einen Moment zu überlegen, dann schob er mich sanft zu seinem Auto.
    »Steig ein! Ich denke, wir müssen reden, Katja.«
    Während er das Auto aus der Stadt herausmanövrierte, liefen mir unaufhörlich die Tränen die Wangen hinunter. Die ganze Anspannung der letzten Wochen schien von mir abzufallen. Mahmud blickte mich zwar gelegentlich von der Seite an, sprach aber die ganze Fahrt über kein Wort.
    Als wir irgendwann endlich an einem kleinen Waldstück angekommen waren, stellte er den Motor ab und sah mich lange und eindringlich an.
    »Ich möchte ehrlich zu dir sein, Katja. Ich habe dich auch vermisst, weil ich dich sehr liebe, obwohl wir uns erst so kurz kennen. Aber wenn du mit mir zusammen sein möchtest, musst du dein ganzes Leben verändern. Nichts wird für dich dann mehr so sein, wie es einmal war. Ich kann unmöglich mit einer Frau zusammen sein, die in Diskotheken geht, Miniröcke trägt und Alkohol trinkt. Ich möchte auch nicht, dass meine Freundin mit anderen Männern redet oder sich schminkt. Ich weiß, dass all das für dich selbstverständlich ist: Du bist eine junge deutsche Frau, die hier aufgewachsen und an diese Dinge gewöhnt ist. Du würdest wahrscheinlich eine Weile so zu leben versuchen, wie ich es verlange, weil du mich liebst. Aber es wäre nur eine Frage der Zeit, bis du an den Regeln, die in meiner Kultur ganz normal sind, kaputtgehen würdest. Nicht lange, und aus deiner Liebe zu mir würde Hass werden. Verstehst du, was ich damit sagen will?«
    Mein Verstand schien Achterbahn zu fahren. Für ein paar Minuten konnte ich nicht klar denken, geschweige denn Mahmud eine Antwort auf seine Frage geben. Mein ganzes Ich schien nur aus meinen Gefühlen für ihn zu bestehen. Alles erschien mir besser, als ein Leben ohne ihn zu führen. Zudem bewunderte ich ihn für seine Ehrlichkeit.
    Mahmud schien mein Schweigen als Zustimmung zu deuten.
    »Siehst du, Katja, du weißt, dass ich recht habe. Es ist wirklich besser, wenn wir uns nicht mehr sehen. Ich werde dich nun nach Hause bringen. Solltest du aber jemals in Schwierigkeiten geraten oder sonstwie Hilfe brauchen, kannst du dich jederzeit an mich wenden.«
    Er wollte den Motor seines Autos wieder starten, doch ich zog seine Hand vom Zündschlüssel weg.
    »Mahmud, ich möchte auch ehrlich zu dir sein: Ich weiß nicht, ob ich so leben kann, wie du von mir verlangst, aber ich möchte es zumindest versuchen. Seit du nicht mehr da bist, geht es mir einfach nur schlecht. Du fehlst mir sehr, ich vermisse das Zusammensein mit dir, dein Lachen, deine Zärtlichkeit … Es wird bestimmt nicht leicht werden für uns beide, aber meine Liebe zu dir ist es mir wert, dass ich auf einige Dinge verzichte. Ich möchte gern deine Familie kennenlernen, mehr über deine Kultur erfahren und mein Leben mit dir teilen. Gib uns bitte eine Chance!«
    Einen Moment herrschte Stille im Wageninneren. Ich wollte schon weiterreden, um das Schweigen zu brechen, als Mahmud sich zu mir hinüberbeugte und mir statt einer Antwort einen langen

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