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Gefangen in Deutschland

Gefangen in Deutschland

Titel: Gefangen in Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Schneidt
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Freundin erzählt hatte.
    Als ich in der Küche fertig war, nahm ich mir eine Cola und setzte mich zu ihm aufs Sofa.
    »Na, Schatz, hast du dich wieder beruhigt?«, fragte er mich mit einem verschmitzten Lächeln.
    Ich ging nicht weiter auf seine Frage ein und legte meinen Kopf auf seine Brust.
    »Ich habe ganz vergessen, dir zu sagen, dass ich morgen Abend bei meiner Freundin eingeladen bin«, sagte ich stattdessen.
    Ich erzählte ihm von meiner Clique und dass eine meiner Freundinnen heiraten würde, weshalb wir den Abschied von ihrem Junggesellinnendasein feiern wollten.
    »Katja, ich möchte nicht, dass du mit ein paar Frauen allein durch die Stadt ziehst«, war sein einziger Kommentar auf meine Ausführungen.
    »Wir ziehen nicht durch die Stadt! Warum musst du immer alles so negativ sehen?«, brach es aus mir hervor. »Du kannst mir doch nicht mein ganzes Leben vorschreiben! Ich werde dort hingehen, ob es dir passt oder nicht!«
    Erregt sprang Mahmud vom Sofa auf und begann wie ein eingesperrtes wildes Tier in meinem kleinen Wohnzimmer auf und ab zu tigern. Nach einer Weile blieb er stehen und trat mit finsterem Gesicht auf mich zu.
    »Gut, Katja, du hast die Wahl: Wenn du wirklich dorthin willst, werde ich jetzt gehen und dich ab sofort in Ruhe lassen.«
    »Du bist verrückt, Mahmud! Ich lasse mich doch nicht von dir erpressen! Wir sind gerade mal ein paar Wochen zusammen und du machst mir ständig irgendwelche Vorschriften. Wenn du meinst, dass eine Einladung meiner Freundin ein Trennungsgrund für dich ist, dann musst du eben gehen!«, gab ich ihm patzig zur Antwort.
    Ich hatte den Satz kaum zu Ende gesprochen, als ich auch schon meine Wohnungstür ins Schloss fallen hörte. Mahmud hatte ohne ein weiteres Wort mein Apartment verlassen.
    Wie vom Schlag getroffen blieb ich zurück. Dieser Tag war einfach zu viel für mich gewesen: Der Verlust meines Jobs, die Sorge, wie ich künftig meinen Lebensunterhalt ohne Nebeneinkommen finanzieren sollte, und die Tatsache, dass schon eine einfache Einladung bei meiner Freundin genügte, meine Beziehung zum Scheitern zu bringen, brachten mich nahezu zu einem Nervenzusammenbruch. Ich sank auf die Knie und begann hemmungslos zu weinen. Ich schrie und schluchzte abwechselnd, trommelte mit den Fäusten auf dem Boden herum und konnte mich gar nicht mehr beruhigen.
    Plötzlich fühlte ich, wie jemand den Arm um mich legte und beruhigend auf mich einsprach: meine Nachbarin Maria. Dank der Hellhörigkeit des Hauses war ihr mein Zustand nicht verborgen geblieben. Da ich auf ihr Klopfen nicht reagiert hatte, war sie den Haustürschlüssel holen gegangen, den ich für Notfälle bei ihr deponiert hatte, und hatte sich Zutritt zu meiner Wohnung verschafft.
    Maria war einer der liebenswürdigsten Menschen, die ich kannte. Sie war erst ein paar Monate zuvor in die Wohnung nebenan gezogen. Ursprünglich kam sie aus der DDR. Aus Liebe zu einem westdeutschen Geschäftsmann, den sie dort kennengelernt hatte, verließ sie ihre Heimat, um ihm in den anderen Teil Deutschlands zu folgen. Leider hatte er ihr verschwiegen, dass er bereits verheiratet war und auch nicht beabsichtigte, sich scheiden zu lassen. Da er jedoch ein florierendes Unternehmen besaß und entsprechend gut verdiente, hatte er für Maria das Apartment neben meinem angemietet, wo er sie gelegentlich besuchte. Ab und an blieb er auch über Nacht. Wahrscheinlich erzählte er seiner Frau dann, dass er sich auf Geschäftsreise befand. Maria war sehr unglücklich mit dieser Situation. Sie hatte im Westen so gut wie keine Freunde, war ohne Arbeit und fühlte sich oft sehr allein. Wann immer ich Zeit fand, ging ich zu ihr rüber. Obwohl Maria mehr als zwanzig Jahre älter war als ich, verstanden wir uns glänzend. Ich genoss die Gespräche mit ihr sehr und holte mir gern ihren Rat, wenn ich vor einem Problem stand.
    Sanft strich sie mir über den Kopf.
    »Wer wird denn so weinen, kleine Katja?«, sprach sie beruhigend auf mich ein. »Komm, meine Liebe, leg dich erst mal aufs Sofa! Ich mache dir einen Tee, und dann erzählst du mir, was dich derart aus der Fassung gebracht hat.«
    Behutsam half sie mir beim Aufstehen. Meine Beine zitterten so sehr, dass ich Angst hatte zusammenzuklappen.
    Als ich auf dem Sofa lag, hörte ich sie in der Küche herumhantieren. Kurz darauf kam Maria mit einem Tablett zurück, auf dem sich eine Kanne Tee und zwei Tassen befanden. Dann holte sie noch einen nassen Waschlappen und kühlte mein vom Weinen

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