Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangen

Gefangen

Titel: Gefangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
Vom Netzwerk:
an Ort und Stelle fest.
    „He“, knurre ich, als mein Puls sich wieder einigermaßen beruhigt hat. „Ich bin auch noch da.“
    „Ich fahre euch“, sagt Ryan, ohne seinen Fuß von meinem zu nehmen.
    Carmens Zehen fangen an zu pochen, und ich versuche wütend, meinen Fuß freizukriegen, aber Ryan tritt nur noch fester drauf. Eine Sekunde lang bohren sich unsere Blicke ineinander.
    Das Entzücken in Brendas Gesicht ist nicht zu übersehen. „Ehrlich?“, kreischt sie und ihre veilchenblauen Augen weiten sich. „Heißt das, d u …?“
    „Es heißt, dass ich heute Abend mal ein bisschen unter Leute gehen will“, verkündet Ryan und wirbelt zu seiner Ex herum, seinen Absatz immer noch auf meinem Fuß. „Wird ja auch mal Zeit. Und du wartest hier. Rühr dich ja nicht vom Fleck.“
    Er lässt Carmens Fuß los, ich biege ihn durch und spüre, wie das Blut wieder hineinschießt.
    „Hast du verstanden, Mini?“, zischt er so leise, dass nur ich es hören kann. „Lass dich ja nie im Dunkeln blicken!“
    Mit einem Schlag ist mir alles klar. Ich dachte die ganze Zeit, er wäre voll auf dieses Modepüppchen fixiert, dabei hat er mich nicht aus den Augen gelassen. Wäre ich nicht so abgebrüht, kämen mir jetzt glatt die Tränen.
    Ich blicke auf meine Hände, berühre mein Gesicht und frage mich, was Brenda wohl sieht, wenn sie vor mir steht.
    Die Hunde spielen immer noch verrückt, als Ryan seinen rostigen Jeep rückwärts auf die Straße hinausfährt. Er steigt aus, um das Vorhängeschloss anzubringen, und lässt Brenda auf der Beifahrerseite einsteigen. In einem Wirbel aus Handtäschchen, diversen anderen Accessoires und einem Paar langer, staksiger Fohlenbeine wirft sie sich ins Auto, ohne sich ein einziges Mal nach mir umzudrehen. Sie knallt die Tür hinter sich zu und Ryan faucht mich an: „Und lass deinen Kopf unten, egal, was passiert!“
    Ich nicke knapp, immer noch verlegen, weil er mich anscheinend besser kennt als ich mich selbst. Dann steigen auch wir ein.
    Ryan startet den Motor und wir fahren durch die dunklen, gesichtslosen Straßen von Paradise, vorbei an großzügigen Grundstücken und einförmigen Häusern mit Doppelgarage, die in gleichmäßigem Abstand aufeinander folgen.
    „Ich kann’s kaum erwarten, hier wegzukommen“, murmelt Brenda strahlend, den Blick auf Ryans Profil geheftet wie eine Blinde, die plötzlich wieder sehen kann. „In dieses Kaff kommen doch nur Wale und alte Leute zum Sterben.“
    „Oder Naturfreaks wie meine Familie“, murmelt Ryan und starrt auf die Fahrbahn. „Wären wir bloß nie hierhergezogen! Vielleicht wäre das alles dann nie passier t …“
    Durch Carmens dicke, wollige Stirnfransen hindurch beobachte ich, wie Brenda eine Hand auf seinen Arm legt, den Mund zu einem leichten Schmollen verzogen. „Aber dann wären wir beide uns nie begegnet. Lauren und ich wollten von hier verschwinden, sobald wir mit der Schule fertig wären, und wir dachten, dass du dann mit in die Stadt kommen würdest.“
    „Und jetzt gibt es kein Entkommen mehr, für keinen von uns“, murmelt Ryan. Auf einmal bohren sich Brendas Finger wie Klauen in seinen Arm. „Aber wo wollen wir heute eigentlich hin?“
    „Ins Mulvany’s “, sagt Brenda und wirbelt plötzlich zu mir herum.
    Zum Glück bin ich darauf gefasst und starre angestrengt zum Seitenfenster hinaus, sodass Brenda nur Carmens Profil sehen kann, unser blasses, leuchtendes Gesicht, das von der dunklen Haarmähne verdeckt ist.
    Ich höre Brendas Ohrringe klimpern, als sie sich wieder zu Ryan umdreht. Und ich spüre, mehr als dass ich es sehe, wie Ryan spöttisch die Lippen kräuselt, bevor er ausruft: „Was? In den Schrottschuppen? Seit wann hängt die Clique denn im Mulvany’s rum?“
    „Seit M r Masson die tolle Idee hatte, die Mädchen des St.-Joseph’s und ihre Lehrerinnen in die einzige Karaoke-Bar von Paradise einzuladen“, sagt Brenda verächtlich. „Das ist so was von lahm. Als ob sie in diesem Kaff nichts anderes machen wollten als singen, singen, singen. Stimmt’s, Carmen?“
    Das Wort jagt mir einen Angstschauer über den Rücken. „Singen?“, murmle ich.
    „Ja, klar“, säuselt Brenda unbekümmert. „Aber denen werden wir’s zeigen! Falls Tiffany Lazer glaubt, sie kann heute Abend den großen Star spielen, hat sie sich getäuscht. Deshalb wollten wir ja unbedingt, dass du mitkommst, Carmen. Du musst sie auf ihren Platz verweisen. Die Musiklehrer hier kriegen sowieso immer ’nen Steifen bei diesen

Weitere Kostenlose Bücher