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Gefangen

Gefangen

Titel: Gefangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Lim
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sich abrupt ab und wirft ihre Haare über die Schulter. Wortlos lotst sie die anderen St.-Joseph’s-Mädchen zur ersten Stunde weg. Ihre Haltung verrät mir, dass sie glaubt, ich hätte das alles absichtlich gemacht, nur um ganz groß herauszukommen.
    Plötzlich tippt mir jemand auf die Schulter. Es ist der picklige Tenor, der in den letzten Tagen wie ein Schoßhündchen hinter Tiffany hergetrottet ist. Der bewundernde Blick in seinen Augen verheißt nichts Gutes: Wahrscheinlich will er jetzt mich mit seiner Anhänglichkeit beglücken. Hinter ihm steht Todd, der bullige, dunkelhaarige Bass, mit drei Mädchen aus Paradis e – darunter auch Brenda, Ryans boshafte Ex. Und alle starren mich durchdringend an.
    „Das war fantastisch!“, haucht der Pickeltyp. Ich muss unauffällig einen Schritt zurückweichen, weil mir der Gestank von halb verdauten Gemüsezwiebeln entgegenschlägt. „Kommst du denn jetzt heute Abend?“
    Ich spüre, wie Carmen die Stirn runzelt, und mir ist klar, dass ich das bin. Falls heute Abend eine Party steigt, haben Tiffany und ihr Hofstaat es nicht für nötig gehalten, mich einzuweihen. Das ist typisch, denke ich. Carmen kriegt die guten Nachrichten immer erst mit, wenn es zu spät ist.
    „Ähm, ic h …“, sage ich gedehnt. Ich will ihnen die Chance geben, mir mit den nötigen Infos auszuhelfen.
    „Du musst kommen!“, flötet eines der Mädchen, die neben Todd stehen, eine pferdegesichtige Aschblonde in knallengen Mehrfachtops und einer noch engeren Jeans. Sie hat unmöglich lange, perfekt pfirsichfarben lackierte Fingernägel. „Schon allein, um dieser Tiffany Lazer eins reinzuwürgen.“
    „Die ist so was von ätzend“, fügt ein anderes Mädchen hinzu, das ich nicht kenne, eine braunhaarige Bikerbraut mit Streichholzfrisur, die für meinen Geschmack viel zu viel knallblauen Lidschatten trägt.
    „Weil sie sich für was Besseres hält“, wirft die flammenhaarige Brenda schnippisch ein. „Diese blöde Tussi.“
    „Also, kommst du?“ Der Pickelknabe beugt sich erwartungsvoll zu mir vor. Ich sehe, wie sein Adamsapfel auf und ab hüpft, als ich einen winzigen Schritt zurückweiche.
    „Ähm, klar“, sage ich und setze ein höfliches Lächeln auf. „Wie komm ich dahin?“
    „Brenda holt dich bei den Daleys ab“, erwidert Todd schnell. „Oder, Brenda?“
    „Klar“, sagt Brenda mit einem vielsagenden Blick zu den Mädchen, die um sie herumstehen. „Ist ja nicht so, als ob ich den Weg dorthin nicht kennen würde.“ Ihr Lachen klingt gekünstelt. „Also dann, bis halb neun.“ Sie lächelt, aber ihre großen, tiefblauen Augen blicken kalt.
    „Okay, halb neun“, wiederhole ich, ohne abschätzen zu können, worauf ich mich da eingelassen habe. Aber ich bin kein Feigling. Nur zu!
    Wir verlassen die Halle in geschlossener Formation, und ich bin von allen Seiten umzingelt, als hätten sie Angst, ich könnte es mir anders überlegen und einfach davonstürzen.

Kapitel 12

    Um halb neun, gleich nach dem Abendessen, begleitet mich Ryan zur Haustür hinaus, um wie üblich die Hunde hinter dem Seitentor einzusperren. Sonst würden sie mich zerfetzen wie in einem römischen Opferritual. Er hantiert eine Weile an dem schweren Vorhängeschloss herum, bis wir endlich draußen auf dem Fußweg stehen.
    Die ganze Zeit habe ich seine Hand an meinem Rücken gespürt. Er sieht atemberaubend aus in seiner abgewetzten, dunklen Lederjacke, dem verwaschenen T-Shirt und den schmalen, indigoblauen Jeans. Aber ich setze ein Pokerface auf, das nichts von meinen Gedanken verrät. Carmens Herz hämmert, so als hätte sie gerade einen neuen Weltrekord im Hundertmeterlauf aufgestellt.
    „Du musst nicht warten“, sage ich knapp, während ich die Straße entlangspähe und nach Brendas Auto Ausschau halte.
    „Ja, klar, aber es macht mir nichts“, erwidert Ryan. „Stell dich besser unter die Straßenlampe.“
    Wir schaffen es kaum dorthin, als auch schon Brenda in einem schnittigen, knallgelben Hartdach-Cabrio angebraust kommt. Das schrille Gefährt beißt sich total mit ihrem roten Haar, aber was geht das mich an? Plötzlich zuckt mir ein Gedanke durch den Kopf: Vielleicht ist Ryan nur deshalb hier, weil er seine Ex unter klimageschützten Bedingungen sehen will und nicht, um mir Gesellschaft zu leisten. Ich bin nicht sicher, was ich davon halten soll.
    Brenda stellt den Motor ab, dann wirft sie Ryan einen kühlen Blick durch die Windschutzscheibe zu, und er starrt genauso herausfordernd von der

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