Gefangene deiner Dunkelheit
scharfen Krallen zog er sich auf den niedrigsten Ast hinauf und begann, über den Pfad aus dicken, sich überlappenden Zweigen zu laufen. Die Augen der Katze glühten bösartig, als sie auf sie zurannte.
MaryAnn sah den Jaguar kommen, und ihr Puls pochte buchstäblich im Rhythmus seiner Pfoten auf den Zweigen, von denen viele kleinere abbrachen, als die große Raubkatze immer näher kam. MaryAnns Brust wurde schmerzhaft eng, zu eng, und ihr Kopf tat weh, als wäre ihr Gehirn angeschwollen und passte nicht mehr in ihren Schädel hinein. Ihre Zähne und ihr Kiefer schmerzten; ihre Muskeln zogen sich zusammen. Ihre Haut kräuselte sich, als lebte irgendetwas darunter. Ihre Fingerspitzen begannen sich zu spalten, während sie sich krümmten und nach innen bogen. Ihr war, als würde sie in ein enges, winziges Fach gezwängt, in einen Bereich, aus dem es kein Entkommen gab.
Panik schränkte ihr Sichtfeld ein, sodass sie an seinen Rändern nur noch Schwärze sah. Sie konnte spüren, wie ihr eigenes Ich und alles, was sie ausmachte, in einen Strudel hineingezogen wurde, wie sie herumwirbelte und schrumpfte, bis sie immer kleiner wurde.
Von wilder Furcht gepackt, streckte sie die Hände nach dem Geländer aus, um sich festzuhalten – und fuhr mit einem entsetzten Schrei wieder zurück. Scharfe Krallen bohrten sich in das hölzerne Geländer und hinterließen Rillen darin, während sie tief durchatmete, um den Eindruck zu verdrängen, bei lebendigem Leib verschluckt zu werden. Mit ausgestreckten Pranken griff der Jaguar sie an, und sie sprang zurück, wobei sie über Manolitos Beine stolperte und hart auf ihrem Po aufkam.
Der Jaguar prallte gegen eine unsichtbare Wand, stürzte ab und schlug verzweifelt mit seinen Pranken um sich, um an den Ästen und Zweigen, durch die er hinunterkrachte, Halt zu finden.
MaryAnn stand langsam auf und blickte vorsichtig hinunter. Der Jaguar war auf einem der größeren Äste aufgeschlagen und hatte es geschafft, sich daran festzuklammern, und nun lag er hechelnd und mit zitternden Flanken da und rang nach Atem. Unterhalb der Raubkatze trat ein Mann aus dem dichteren Laubwerk und hob die Hände. Ein Magier. Und einer, der etwas von seinem Handwerk zu verstehen schien. Im Gegensatz zu dem anderen Magier, der unentschlossener vorgegangen war, begann dieser Mann, mit flinken, entschiedenen Bewegungen Manolitos Schutzzauber außer Kraft zu setzen. Die unsichtbaren, aber sehr fest miteinander verwobenen Fäden fingen an, sich so schnell aufzulösen, dass MaryAnn sie beinahe fallen hören konnte.
Sie kniff die Lippen zusammen und zwang sich, die Panik aus ihrem Bewusstsein zu verdrängen. Sobald der Magier die Schutzzauber entfernt hatte, würde der Jaguar sie wieder angreifen. Möglicherweise gelang es ihr, die Raubkatze zu töten, doch sie wusste überhaupt nichts darüber, wie man Vampire bekämpfte. Und der Magier war auch gefährlich. Was hatte sie beim letzten Mal getan, um den Magier zu töten? Sie konnte sich nicht erinnern. Sie hatte ihn nicht absichtlich getötet, sondern nur gewollt, dass er das Feld räumte und sie in Ruhe ließ.
Die Affen kreischten den Jaguar an und bewarfen ihn mit Zweigen. Die große Katze fauchte und sprang eins der kleineren Tiere in den niedrigeren Ästen an. Sofort begann die gesamte Affengemeinde vor Wut zu rasen und veranstaltete einen ohrenbetäubenden Lärm. MaryAnn merkte, dass der Magier die von Manolito errichtete Geräuschbarriere schon beseitigt hatte.
Riordan. Komm schnell, flehte sie und versuchte, ihm einen Eindruck von dem Magier, dem Vampir und Jaguar zu übermitteln.
Sie konnte seine jähe Angespanntheit spüren. Kannst du von dort verschwinden?
Ich kann Manolitos Körper nicht schutzlos hier zurücklassen. Ich glaube nicht, dass mir viel Zeit bleibt, bevor der Magier die Sicherheitsvorkehrungen durchbricht. Er scheint zu wissen, was er tut.
Manolito wird ein paar Überraschungen mit eingewoben haben, doch wahrscheinlich wollte er vor allem ungestört mit dir sein und rechnete nicht mit einem direkten Angriff auf euch zwei.
»Beeil dich einfach nur.« Die letzten Worte sprach sie laut aus.
Es musste einen Weg geben, den Magier abzulenken. MaryAnn konzentrierte sich auf ihn, auf sein Gesicht, seinen Ausdruck, die Bewegungen seiner Lippen, als er die von Manolito erzeugten Schutzzauber aufhob. Wie konnte sie ihn daran hindern? Oder ihn zumindest aufhalten? Das Beste wäre, wenn sie die Erde unter seinen Füßen irgendwie dazu bringen
Weitere Kostenlose Bücher