Gefangene deiner Dunkelheit
eigenen, immer mehr dahinschwindenden Körper. Er blinzelte ein paarmal und zwang sich, sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren.
Hör mir zu, Jaguarmann. Ich kann einen Karpatianer aus dir machen. Du wirst nie wieder ein Jaguar sein, doch du wirst leben und dich verwandeln können. Aber du sollst wissen, dass dieses Geschenk nicht unbedingt ein positives ist. Wenn du die andere Hälfte deiner Seele nicht findest, wirst du irgendwann deine Emotionen verlieren, keine Farben mehr sehen und nur noch von Erinnerungen leben. Du wirst Blut zum Leben brauchen. Du wirst dich nach den Gesetzen unseres Prinzen richten und ihm und unserem Volk deine Treue und Unterstützung, ja sogar dein Leben verpflichten müssen. Ich werde dein Leben in meinen Händen halten. Ich werde deinen Geist anrühren können, wann immer ich es will, und dich finden, wo immer du auch sein magst. Solltest du uns verraten, werde ich dich erbarmungslos und so schnell wie möglich töten. Du hast die Wahl, an einen anderen Ort zu gehen und Frieden zu suchen oder in dieser Welt zu bleiben und deinen Kampf fortzusetzen.
Das hier war keine Kleinigkeit. Manolito würde für immer für alles verantwortlich sein, was Luiz tat. Das war eine Verpflichtung, die nur wenige Karpatianer zu übernehmen bereit waren. Sie kannten die Gefahren und wussten, wie es war, frühere Freunde jagen und töten zu müssen. Er erlaubte Luiz einen Einblick in seine Erinnerungen, in diesen scheinbar endlos langen Korridor der Finsternis. Es gab keinen Weg, dem Jaguarmann zu beschreiben, wie es sein würde; er konnte ihm nur die dahinschwindenden Emotionen zeigen, die Jahrhunderte des Jagens und des Wartens, in denen ihn, Manolito, allein seine Ehre aufrechterhalten hatte, und schließlich die Erinnerungen an seine Ehre. Er war so aufrichtig, wie er nur konnte.
Ich habe meinen Kampf um die Rettung meiner Leute noch nicht beendet.
Luiz war weit entfernt, aber er klammerte sich ans Leben. Es war seltsam, doch je weiter sich Luiz' Geist zurückzog, desto klarer wurde die Schattenwelt um Manolito. Die Stimmen wurden lauter, und im Zimmer wurde es ganz still. Schatten mit pergamentartiger Haut und weit aufgerissenen Mündern voller scharfer Zähne schlitterten über die Wände und den Boden. Hunger brannte und tobte in Manolito und fraß an jeder Faser seines Körpers. Er fühlte sich seltsam dünn und schwach und unerträglich angespannt.
Dennoch versuchte er mit aller Macht, sich ausschließlich auf Luiz zu konzentrieren. Die Jaguarmenschen werden nicht länger deine Leute sein, weil du karpatianisches Blut in deinen Adern haben wirst. Jaguare werden dir aus dem Weg gehen. Du musst dir ganz sicher sein, dass du verstehst, warauf du dich einlässt, bevor du deine Entscheidung triffst.
Ich kann nicht zulassen, dass die Vampire sich weiter meiner Leute bemächtigen, ob mein Blut nun karpatianisch, menschlich oder das eines Jaguarmannes ist. Letztendlich sind wir alle gleich. Wir versuchen, uns ein Leben aufzubauen und es gut zuführen. Ich entscheide mich für das Leben.
Es wird schmerzhaft sein. Sehr schmerzhaft.
Und MaryAnn würde Zeuge sein. Wie könnte es sie nicht zu Tode erschrecken, das mit anzusehen? Alles in Manolito drängte ihn, aufzugeben, seine Gefährtin zu nehmen und zu verschwinden, doch das war ihm nicht mehr möglich, nachdem er so tief in Luiz' Bewusstsein eingedrungen war und wusste, was für eine Art von Mann er war und wie hart er darum gekämpft hatte, seine Artgenossen zu retten und ihren Frauen ein besseres Leben zu ermöglichen. Manolito konnte ihn nicht lamti ból jüti, kinta, ja szelem, dem Reich der Finsternis, des Nebels und der Geister, überlassen, und er konnte auch nicht viel länger warten, oder der Mann würde ein Reisender zwischen zwei Welten sein, wie Manolito selbst einer zu sein schien.
Ich entscheide mich für das Leben.
Manolito legte eine Hand auf MaryAnns Schulter, um sie von ihren Wiederbelebungsversuchen abzuhalten. Dann übernahm er das selbst mit seinem Geist, hielt Luiz' Herz am Schlagen und sandte Luft in seine Lungen. »Ich schaffe das nicht ohne Blut«, sagte er leise.
MaryAnn konnte sehen, dass Manolito so schwach und blass geworden war, dass seine Haut fast grau aussah. Er schwankte vor Erschöpfung. Es war etwas Furchterregendes, ihren Arm auszustrecken und ihm ihr Handgelenk zu reichen, aber sie vertraute ihm; trotz der roten Flammen in den Tiefen seiner schwarzen Augen vertraute sie ihm bedenkenlos ihr Leben an.
Ohne
Weitere Kostenlose Bücher