Gefangene der Dunkelheit
Anzeichen eines Aufruhrs breit. Wenn ihm vor Erhebung einer Steuer nicht irgendwie der Beweis gelang, dass er sie beschützen konnte, würden sie sich alle auf die Seite der Briganten schlagen, und er würde wie seine Vorgänger scheitern, gleichgültig wie viele von ihnen er tötete. Und nun konnte er auch kein Heer mehr zu seiner Verteidigung aufbringen. Er unterdrückte ein Seufzen und presste seine Tochter fest an sich. Sein Cousin, der König, war entschlossen, hier an der Grenze zu Schottland eine der Befriedung dienende Festung zu errichten, und Tristan hatte gerne den Titel Lord DuMaine angenommen, um ihm zu helfen. Aber sie hatten beide nicht erwartet, dass es so schwer werden oder so lange dauern würde.
»Sind alle Menschen böse, Papa?«, fragte Clare und klang zum ersten Mal während ihrer Unterhaltung besorgt. Sie hatte viele Freunde unter den Kindern der Bauern, die hier ansässig waren, und sie mochte ihr Kindermädchen Emma sehr, die selbst ein einheimisches Bauernmädchen war.
»Natürlich nicht.« Auf dem Außenhof unter ihnen zahlte sein Baumeister Silas von Massum seinen Handwerkern gerade ihre Löhne aus. »Die meisten Menschen sind gut.« Drei Zimmerleute und zwei Steinmetzmeister waren ermordet worden, seit die Arbeit am Schloss begonnen hatte. Ihnen waren im Schlaf die Kehlen durchgeschnitten worden. »Aber sie haben Angst vor den bösen Männern in den Wäldern«, sagte er. »Besonders vor einem Mann, Sean Lebuin, ihrem Anführer.« Eine Frau würde gewiss sagen, er solle einem Kind nicht solche Dinge erzählen und dem Schwarzen Mann keinen Namen geben. Sicherlich hätte sie auch etwas dagegen, dem Kind zu erlauben, die Trophäen der gerechten Hinrichtungen anzuschauen. Aber er wollte, dass seine Clare die Wahrheit kannte, dass sie auf jedes Übel der Welt vorbereitet war, und wusste, dass er sie stets beschützen würde. »Alle guten Menschen haben Angst vor ihm«, erklärte er ihr und streichelte ihr Haar. »Jedes Mal, wenn König Heinrich zu ihrem Schutz einen Ritter schickt, versucht Sean Lebuin, ihn zu töten.«
»Oh, nein!« Sie sprang von seinem Schoß. »Wird er dich auch töten?«
»Nein.« Er legte ihr die Hand auf die Wange und lächelte. »Er wird mich nicht töten.« Niemanden in seinem Leben hatte es jemals so sehr gekümmert, ob er lebte oder starb. Vielleicht war das der einzige Grund, warum er dieses Kind so sehr liebte, die seltsame Zuneigung, die sie ihrerseits ihm entgegenbrachte. »Ich verspreche dir, dass er das nicht tun wird.«
Silas wandte sich einen Moment von seinem Gehilfen ab und sah die junge Emma, das Kindermädchen von Lord Tristans Tochter, offensichtlich besorgt hinter sich stehen. »Was ist los, meine Liebe?«, fragte er mit freundlichem Lächeln.
»Meister Silas … Ihr … ich danke Euch«, stotterte sie. »Ihr wart stets so freundlich.«
»Tatsächlich?«, fragte er verwirrt, während er seine Notizen beendete. Nach zwanzig Jahren als Steinmetzmeister und einem Dutzend nach seinen Anweisungen gebauten englischen Schlössern war er schließlich ein alter Mann geworden, zumindest in den Augen der anderen. Hübsche Mädchen missverstanden sein Schäkern nun als Freundlichkeit. Er rollte die Schriftrolle zusammen und steckte sie in den Geldschrank. »Was ist los?«
»Nichts, wirklich.« Sie klang ernsthaft verstört, und er sah sie überrascht an. Aber dann lächelte sie. »Ich habe nur … es ist an der Zeit, die Kleine zu Bett zu bringen.«
»Ah, ich verstehe«, sagte er und nickte. »Ihr habt Angst, Lord Tristan zu stören.« Er schaute zu den Zinnen hinauf, von wo aus der Lord dieses neuen Schlosses seinen Besitz überblicken konnte, und lächelte. Er hatte einigen der mächtigsten Männer Englands gedient, einschließlich König Heinrich selbst, aber Tristan DuMaine machte auch ihn ein wenig nervös. »Kommt, ich werde mit Euch gehen.«
Die kleine Clare lief zu ihrem Kindermädchen, sobald sie die beiden sah. »Emma!«, rief sie und umarmte sie, als das Mädchen sie hochhob.
»Mylord«, sagte Silas, nickte, als sich der Ritter erhob, und war wie immer von der schieren Größe des Mannes beeindruckt. Viele der französischstämmigen Adligen waren nach englischen Maßstäben groß, aber DuMaine war zudem breit und so muskelbepackt wie irgendeiner von Silas’ Steinmetzen. Das dunkle Haar trug er etwas länger und von der Sonne ausgebleicht und, passend zu seiner unkultivierten Erscheinung, wesentlich weniger akkurat geschnitten, als es derzeit
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