Gefangene der Magie
sei, dass sie gut aussähe.
»Das kannst du so was von vergessen!«
Ryan zog eine beleidigte Schnute. »Willst du einem guten Freund denn keinen Gefallen erweisen?«
Kira schenkte ihm ihren finstersten Blick. »Wir zwei sind von Freundschaft weiter entfernt als ein Werwolf vom Vegetarier.«
»Jetzt verletzt du aber meine Gefühle.«
»Ha!«, höhnte sie. »Die müsste ich erst noch kennenlernen.«
Ryan lachte auf und legte den lächerlichen roten Fummel, den er ihr hatte aufschwatzen wollen, wieder zurück. Irgendwie machte es das noch schlimmer. Als wäre das Ganze nichts weiter als ein amüsantes Theaterstück, mit dem er sich die Zeit vertrieb. Er hatte nicht wirklich geglaubt, sie würde das Kleid anziehen. Nein, mit der Aktion hatte er sie nur abermals erniedrigen wollen.
Es gefiel ihm, eine Túatha Dé Danann in seiner Gewalt zu wissen. Dabei ging es ihm auch nicht um Geld. Er konnte sein Leben in Prunk und Fülle sicher auch ohne ihren Verkauf beibehalten.
Kira krallte ihre Fingernägel so fest in ihre Handflächen, dass blutige Halbmonde zurückblieben. Hier ging es allein um Macht. Darum, sie zu bestrafen, weil sie ihn hatte verlassen wollen.
Ryan konnte in seiner Kindheit nicht allzu viele Märchen vorgelesen bekommen haben. Sonst wüsste er nämlich, dass es nie ein gutes Ende nahm, wenn man sich mit einer Sidhe anlegte.
»Dafür, dass du dich über die anderen Magier erhebst und ihr Handeln kritisierst, benimmst du dich aber keinen Deut besser«, knurrte sie. »Hast du ihre Methoden, uns an Eisen zu binden, nicht verpönt? Und doch sehe ich mich hier umgeben von Stahl und meiner Magie beraubt.«
»Cleveres Mädchen, was? Versuchst mich, mit meinen eigenen Worten zu schlagen. Aber deswegen mag ich dich wahrscheinlich so sehr.«
»Seltsame Art, dies zu zeigen.«
»Ich sagte doch bereits, dass du bald wieder frei sein wirst. Mir wäre es nur lieber, wenn das am anderen Ende des Kontinents passieren würde. Was hältst du von Russland?«
»Dafür wirst du bezahlen, Ryan!«, spie sie ihm voller Hass ins Gesicht. »Verlass dich drauf.«
Ryan lächelte, aber es steckte keine geheuchelte Freundlichkeit mehr dahinter. Es war eher ein drohendes Zähnefletschen. »Oh, nein. Das Zahlen wird heute jemand anderes übernehmen, meine Teure.«
Danach verschwand Ryan für ein paar Stunden und kehrte erst wenige Minuten vor der Auktion wieder. Bei dem Geräusch seiner nahenden Schritte, begann Kira aufgeregt hin und her zu rutschen. Ryan musste sie aus ihrem Käfig lassen, um sie zur Auktion zu führen. Ein paar Minuten war alles an Zeit, was sie brauchte. Sie würde wieder frei sein. Dieser Albtraum wäre vorbei und sie könnte endlich nach Kingsleys Geist suchen. Sie versuchte, nicht daran zu denken, dass sich seine Spur hinter der Haustür verloren hatte.
Kira wollte vor Frustration laut aufschreien und ihren Kopf gegen die Gitterstäbe schlagen, als Ryan fröhlich vor sich hin pfeifend den Raum betrat und Räder unter ihren Käfig zauberte.
Ihr blieb nicht einmal die Hoffnung, Magie aus einem paranormalen Wesen ziehen zu können. Zwei Männer, groß und massig, aber doch nur Menschen, folgten ihm und schoben ihren Käfig nach draußen. Vor Tagen hätte sie noch geschworen, dass er niemals durch die Tür passen würde. Inzwischen wunderte sie jedoch nichts mehr.
Sie blieben in dem Kellergewölbe von Ryans magischem Königreich. Die Männer mussten sie nicht lange schieben, bloß ein paar Räume weiter. Kira sparte sich die Mühe, einen von ihnen um Hilfe zu bitten. Keiner der beiden hatte beim Anblick einer Frau in Ketten auch nur geblinzelt.
Der Schauplatz der Auktion sah aus wie ein Theater. Dunkles, blank poliertes Holz zierte die Fassade und hinter den schweren roten Vorhängen vermutete Kira den Zuschauerraum. Sie konnte ihre potenziellen Käufer von ihrem Platz aus nicht sehen. Einzig das aufgeregte Gemurmel zeugte von deren Existenz.
Man stellte sie achtlos in einer verstaubten Ecke der Bühne ab, während Menschen fleißig um sie herumwuselten. Gegenstände wurden auf kunstvoll gearbeiteten Tischen aufbereitet, Listen wurden ausgefüllt und Kisten herbeigerollt.
Keiner von Ryans Helfern blickte auch nur in ihre Richtung. Nicht so, als wäre ihre Anwesenheit ihnen unangenehm. Eher als wäre sie selbst bloß ein Artefakt und keiner Aufmerksamkeit wert.
Kira ballte die Hände im Schoß zu Fäusten. In ihrem Kopf ratterte es förmlich, so sehr suchte sie nach einem Ausweg. Aber sie fand keinen.
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