Gefangene der Magie
sie sah, schnürte ihr die Kehle zu. Er war benutzt und verbraucht, misshandelt von den Leuten, die eigentlich auserwählt worden waren, die heilige Stätte zu schützen.
Langsam auf die Knie gehend, drückte Kira ihre Handflächen auf den betonierten Boden und fütterte das Kraftfeld mit seiner beraubten Magie. Sie gab der Magie keinen Zweck, keine Aufgabe. Kira überließ sie sich selbst. Überall um sie herum bildeten sich Risse im Asphalt, kleine Krater, aus denen saftiges Grün und bunte Blüten sprossen. Unnatürlich schnell schossen sie in die Höhe.
Klee umwucherte Kiras Füße und unter den Händen spürte sie die heftige Vibration der Erde. Über ihr brüllte der Drache und ein Blick aus den Augenwinkeln verriet ihr, dass die Paranormalen aufgehört hatten, Cian anzugreifen.
Sie standen wie erstarrt da, den Blick auf sie gerichtet. Als Kiras eigene Magie weniger wurde, suchte sie nach neuen Quellen. Sie zog Magie, wo sie welche finden konnte, aus der Luft, aus den Fingerspitzen der Magier und den Paranormalen in ihrer Nähe. Und all diese Magie gab sie der bebenden Erde.
Das Grün begann noch schneller und dichter zu sprießen, ein bunter Teppich aus Blumen und Sträuchern, der sich bald über die gesamte Fläche des Reservats zog und anfing, die Eisenwände nach oben zu wandern.
Rostfarbene Blüten breiteten sich auf den Mauern aus, ließen das Eisen korrodieren und Risse bilden.
Um sie herum japsten die Paranormalen nach Luft. Irgendwo rief eine weibliche Stimme ihren Namen, aber Kira war zu sehr gefangen. Gefangen in ihrem Tun und in dem Wechselstrom der Magie, die in sie hinein- und gleich wieder aus ihr herausfloss.
Ihr ganzer Körper zitterte.
Plötzlich war da eine Hand auf ihrem Arm und als Kira aufblickte, sah sie Cian über sich gebeugt stehen. Sie spürte sein Zupfen am Netz der Magie und im nächsten Moment floss ein weiterer Strahl neben ihr in die Erde. Er erkannte, was sie tat. Und er half ihr.
Dankbar lächelnd lehnte Kira den Kopf an seine Hüfte. Ein zartes Summen lag in der Luft. Die Stimme der Magie. Blüten und Klee und dicke Büschel aus Gras wucherten bereits über Kiras Körper, ihre Arme und Beine hinauf und verdeckten sie beinahe vollständig.
Ganze Bäume begannen aus dem Boden zu schießen und bildeten innerhalb von Sekunden dicke Stämme, wozu sie sonst Jahrzehnte gebraucht hätten. Ihre Wurzeln waren kräftig und wanden sich wie lebendige Schlangen die Eisenwände des Reservats hinauf. Das brüchige Metall ächzte unter dem Druck, bevor es von den Wurzeln nach und nach niedergerissen wurde.
»Kira, es reicht!«
Die Stimme drang wie aus weiter Ferne zu ihr durch. Benommen blickte sie auf. Sie sah Cians Gesicht und das Blau seiner Augen im Licht der Straßenlaterne leuchten. »Kira, du musst aufhören!«
Sie fühlte seine Hände an ihren Wangen und auf einmal konnte sie sich nicht mehr beherrschen. Mit einem Aufschrei, der all ihre Wut, ihre Sorgen und ihren Kummer zum Ausdruck brachte, sprang sie nach vorne und schlang beide Arme um ihn. Sie stürzten rücklings in ein Beet aus weichem Gras und Sommerblumen, wo vor wenigen Minuten noch harter Asphalt gewesen war.
Cian lachte, ein reiner, freier Laut, der in ihrem eigenen Inneren widerhallte. Seinen Kopf mit ihren Händen umklammernd, lehnte Kira sich vor und küsste ihn hungrig. Ihre Geister knisterten und rieben aneinander, eine Fülle von Emotionen und Gedanken, die durch das Netz ihrer Seelen hin und her schwirrten. Sie verrieten einander so vieles, was man mit Worten nicht ausdrücken konnte.
»Danu, ich wollte dich hassen. Ich wollte es so sehr«, schluchzte Kira an seinen Lippen.
»Ich weiß, Baby, ich weiß.« Cian drückte sie an sich, als wollte er sie nie mehr loslassen. »Aber jetzt wird alles gut. Ich bin hier.« Cian küsste sie noch einmal. Sanft. »Du leuchtest.«
»Was?« Kira blickte an sich hinunter. Und tatsächlich: Alles, was vorher noch von den Pflanzen bedeckt gewesen war, schimmerte silbrig. Als würde der Mond durch sie hindurchstrahlen. Kira sog zitternd die Luft ein. Sie fühlte sich ausgelaugt und gleichzeitig lebendiger als je zuvor.
»Wir sollten weg von hier«, sagte sie und zog Cian mit sich nach oben. »Wie geht es deiner Wunde?«
»Halb so wild. Es hat bereits aufgehört zu bluten.«
Kira runzelte die Stirn. Sie wollte widersprechen, aber da traten zwei weitere Personen in ihr Blickfeld.
»Natürlich hat sie den Verstand verloren«, ertönte Ellys glockenhelle Stimme. »Sie
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