Gefangene der Magie
voll verwandelte Bestie vor ihm. Schwarz glänzendes Fell und ein Gebiss, das Knochen knacken konnte. Scheinbar mühelos schleuderte der andere Werwolf seinen Artgenossen von sich und schnappte noch im Flug nach dessen Fersen. Das linke Auge leuchtete in einem elektrisierenden Gelb, während das andere von einer Augenklappe verdeckt wurde.
Kira schnappte nach Luft. »Ares!«, rief sie.
Ares wirbelte zu ihr herum. In dieser Gestalt war er groß und schrecklich und doch von einer animalischen Schönheit, die Kiras Blick gefangen hielt.
»Kira.« Ares knurrte, aber es klang erleichtert.
»Was tust du hier?«
»Sina«, antwortete der Werwolf knapp. »Sie und Cian haben einen Pakt geschlossen, um dich hier rauszuholen.«
Kira legte den Kopf in den Nacken. Der Drache hatte aufgehört, Feuer zu speien. Seine rot glühende Kontur war alles, was man von ihm noch sah. Sina war eine … Verbündete? Der Gedanke war so verwirrend, dass Kira ihn erst mal beiseiteschob. »Cian, wo steckt er?«
Ares sagte etwas, aber Kira schenkte ihm schon keine Beachtung mehr. Sie hatte Cian bereits selbst entdeckt.
Er wurde gegen eine Hauswand gedrängt und war von gut zwei Dutzend Paranormalen umzingelt. Keiner seiner Gegner war stark genug, sich in einem Kampf gegen ihn zu behaupten, aber in der Masse waren sie ihm überlegen. Der Schutzschild, den er um sich gezogen hatte, wies faustgroße Löcher auf und die Sidhe fanden auch ohne ihre Magie noch genug Wege, ihm zu schaden. Eine Banshee schrie seinen Namen und zwei Rotkappen hatten sich aus einem Straßenschild und einem Küchenmesser einen Speer gebastelt, den sie mit lauten Triumphschreien durch die Luft schwangen. Die Spitze glänzte feucht von frischem Blut und Kira sah nur noch schwarz.
»Aufhören!«, schrie sie, die Magie wild zwischen ihren Fingern zuckend. »Lasst ihn in Ruhe!«
Cian hörte ihre Stimme und fuhr zusammen. Sein Blick glitt suchend über die Menge. Als er sie fand, war es, als hätte man die Räder der Zeit für ein paar Sekunden angehalten. In diesen Sekunden gab es nur sie und den Sog dieses strahlenden Bandes zwischen ihnen, das sie trotz aller Hindernisse immer wieder zueinander führte. Weil er sich die blutende Seite hielt, war klar, dass Cian litt, aber in dem Augenblick leuchteten seine Augen auf und ein Lächeln erhellte sein ganzes Gesicht. Es war ein so warmer, ehrlicher Ausdruck, ganz anders als die kühle, gefasste Visage, die sie noch an diesem Morgen von ihrem Fernseher hatte wischen wollen.
Kira konnte nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern. Es war Cian und er war hier. Gekommen, um sie zu holen. Er hatte einen Pakt mit Sina geschlossen, seine Prinzipien über Bord geworfen und sich gegen seine eigenen Leute gestellt. Nur für sie. Was für ein Dummkopf sie doch gewesen war, vor ihm wegzulaufen.
»Cian«, sagte sie überglücklich.
Im selben Moment holten die Rotkappen erneut mit ihrem Speer aus und rammten ihn durch Cians Schild. Cians Magie stieß die Waffe weit genug von sich, dass sie ihn nicht wieder verletzte, aber sein Schild war im Wanken, seine Konzentration gebrochen. Und als ein Vampir sich dagegen warf, fiel Cians Verteidigung endgültig in sich zusammen.
Kira hörte sich schreien. Sie kannte den wirren Haarschopf blonder Strähnen, die eng geschnittene Lederjacke und die schmalen Hüften des Vampirs. Nick war ihr Mitbewohner. Ihr Freund. Ihr Komplize, wenn es darum ging, Ellys Waage zu verstellen und heimlich hinter dem Duschvorhang auf ihre Panikattacken zu warten.
Aber in dem Moment sah sie nur noch das Aufblitzen seiner Zähne und das Blut, das zwischen Cians Fingern hervorquoll, und ihre Magie drehte durch.
Bevor Kira einen klaren Gedanken fassen konnte, schoss ihre Magie wie eine freigelassene Bestie aus ihren Fingerspitzen. Sie schnalzte und knackte, während sie sich erbarmungslos auf Nick stürzte.
Er fiel zu Boden, niedergestreckt von einem Schlag, den er aus dieser Richtung nie erwartet hätte. Benommen schüttelte er den Kopf.
Kira konnte ihre Magie nicht mehr halten. Sie war zu wütend, hatte zu viel Angst. Wie ein sich aufbäumender Strom brach die Magie aus ihr hinaus, quoll über die Ränder ihres Bewusstseins.
Panik flammte in ihr auf und sie griff nach dem Ende des Magiestroms, lenkte ihn mit letzter Kraft nach unten. Die Erde erbebte. Wie eine Verdurstende sog sie auf, was Kira ihr gab.
Kira fühlte den Puls der Magie, sah den hellen Kern von Stonehenge, der den Magiern als Quelle diente, und was
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