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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kris Kennedy
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Gerüchten nach, Father Peter am Abend kommen würde, um sich mit einem alten Freund zu treffen, einem Rabbi. Jamie hatte genaue Anweisungen erhalten, die mit »Greift Euch den dämlichen Priester« begannen und mit »Bringt ihn mir« aufhörten. Ein gnadenloses königliches Herbeizitieren eines fähigen Illuminators und Agitators, der frühere Einladungen ausgeschlagen hatte. Aber in diesen Tagen lehnten schließlich viele Menschen eine Einladung König Johns ab, weil man von denen, die eine angenommen hatten, sehr oft nie wieder etwas gehört hatte.
    Jamie ließ seine Augen über den Marktplatz wandern. Der fragliche Hahn saß in einem Käfig auf einem Käfig auf einem Käfig, alle gefüllt mit Hähnen, die versuchten, sich zu brüsten. Der oberste, der all diese Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, war ein besonders prächtiges Exemplar seiner Gattung.
    »Die grünen Schwanzfedern?«
    Sie nickte. Jamie nickte ebenfalls, als sei es üblich, sich in dunklen Gassen zu verstecken und über den Diebstahl eines Tiers zu reden. »Hübsch. Stehlt Ihr des Öfteren?«
    »Tut Ihr es?«
    »Ständig.«
    Sie wandte ihm ihr blasses Gesicht zu, ihre grauen Augen blickten kühl und prüfend. »Ihr lügt.«
    »Vielleicht. So wie Ihr.«
    Warum kümmerte es ihn? Sie war weder sein Ziel noch ein Hindernis auf seinem Weg und deshalb außerhalb seines Interessenbereiches. Aber etwas an ihr weckte in ihm den Wunsch zu bleiben.
    Sie zog kaum merklich eine ihrer anmutig geschwungenen dunklen Augenbrauen hoch. »Wollten wir denn ehrlich zueinander sein? Das war mir nicht bewusst.«
    »Nein, aber Ihr würdet es ohnehin nicht sein«, entgegnete er und schaute wieder zu der Menschenmenge hinüber. Noch immer keine Spur von dem Priester. »Ihr haltet Euch nicht oft bei solchen Menschenansammlungen auf. Ich hingegen springe immer mit Räubern und Dieben und jenen herum, die in solchen Abgründen der Menschlichkeit, wie diese schmale Gasse, zu Hause sind; deshalb kenne ich mich in diesen Dingen aus.«
    Aus dem Augenwinkel sah er, dass sie das Gesicht verzog. Sie lächelte. »Ah. Wie günstig für mich. Ein Lehrmeister.« Sie schwieg. »Springen Diebe herum?«
    »Ihr solltet sie um ein Feuer herumspringen sehen.«
    Sie lachte leise. Jamie war ein wenig überrascht, dass er es amüsant fand, die Absicht dieser Fremden herauszufinden.
    Für einen Augenblick herrschte Schweigen, ein seltsam kameradschaftlich anmutender Zustand.
    Vor ihnen floss ein wahrhafter Strom menschlichen Wahnsinns vorbei. Oder besser gesagt: Jubels, aber von der wahnsinnigen Sorte. Der Bürgerkrieg drohte auszubrechen. Auf den Straßen von Dorset bis York herrschte das Gefühl des Überschwangs, eine schwer zu beschreibende Ausgelassenheit, die die Menschen trunken machte. Und hemmungslos. Um Mitternacht würde diese Stimmung in Gewalt umschlagen. So war es immer. Das Königreich war wie im Fieber, erregt und hektisch, erhitzt von Krankheit.
    »Ich bin sicher, ich sollte Angst vor Euch haben«, sagte sie ruhig.
    »Das solltet Ihr ganz gewiss«, bestätigte Jamie grimmig.
    »Ich sollte Euch vielleicht niederstechen.«
    Er verrückte seine Schultern am Mauerwerk und schaute auf die Frau hinunter. »So weit müssen wir es ja nicht kommen lassen.«
    »Natürlich wusste ich das gleich.« Ihre Stimme war kühl und wohlklingend. »Dass Ihr gefährlich seid. Schon als ich Euch das erste Mal sah.«
    »Wann war das? Als ich mich hier an Euch heranschlich?«
    Wieder verzog sie leicht das Gesicht, das wie aus Alabaster geschnitzt wirkte. »Als ich Euch auf der anderen Seite der Straße sah.« Sie neigte leicht den Kopf und wies auf die Kirche jenseits des Marktplatzes.
    Ah. Sie hatte scharfe Augen. Denn Jamie war in der Lage, mit seiner Umgebung zu verschmelzen, sich sozusagen unsichtbar zu machen. Das war ein Teil dessen, was ihn so erfolgreich sein ließ. Das und seine Unbarmherzigkeit.
    »Ihr habt mich gesehen?«, murmelte er. »Was hat mich verraten? Der Durchgang? Das Herumschleichen?«
    Sie sah ihn an. »Eure Augen.«
    »Ah.«
    »Eure Kleidung.«
    Er sah überrascht an sich hinunter.
    »Die Art, wie Ihr Euch bewegt.«
    Jamie hob den Kopf und verschränkte schweigend die Arme vor der Brust, forderte die Fremde mit dieser Geste auf fortzufahren. Sie tat ihm den Gefallen.
    »Euer Geruch.«
    Er ließ die Arme sinken. »Mein Geruch …?«
    »Euer Lächeln«, sagte sie und wandte sich ab.
    »Nun, das hieße ja, so ungefähr alles«, stellte er fest. Er musste etwas sagen, damit sie

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