Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
Es musste in einem anderen Leben gewesen sein.
Jack stand auf der Schwelle und beobachtete sie. „Und? Gefällt es dir?“
Als sie sich nach ihm umdrehte, verschleierten Tränen ihren Blick. „Es ist einfach herrlich“, flüsterte sie mit belegter Stimme. Sie hatte fast das Gefühl, ersticken zu müssen vor Glück.
„Schau in den Kühlschrank.“ Als sie ihn verständnislos anblickte, kam er lächelnd auf sie zu. „Na los, mach schon.“
Sie folgte seiner Aufforderung und öffnete die Kühlschranktür. Auf dem obersten Gitterbrett thronte eine große Schokoladentorte.
„Herzlichen Glückwunsch, Red“, hörte sie ihn leise sagen.
Sie kämpfte mit den Tränen. „Ich … ich … wusste ja gar nicht, dass du weißt, dass ich heute Geburtstag habe.“
„Du bist nicht die Einzige, die ihre Geheimnisse für sich behalten kann.“ Er fuhr ihr leicht mit dem Handrücken über die Wange, dann ging er um sie herum und holte die Torte, die mit pinkfarbenen Rosen und einem Happy Birthday verziert war, aus dem Eisschrank.
„Sie ist wunderschön“, flüsterte sie überwältigt.
„Hoffentlich schmeckt sie so gut, wie sie aussieht.“
Er grub in seinen Jackentaschen und förderte schließlich nacheinander eine Schachtel mit kleinen Kerzen, Streichhölzer, ein Taschenmesser und zwei Plastikgabeln zu Tage. Sie setzten sich auf den Fußboden, und Jack ließ sich nicht davon abhalten, rundherum um die Torte achtzehn Kerzen aufzustellen.
„Was wünschst du dir?“ fragte er, nachdem er sie angezündet hatte.
„Ich weiß nicht. Nichts. Heute bin ich wunschlos glücklich.“
Ihre Blicke begegneten sich über den tanzenden Flammen. „Das freut mich.“
Plötzlich klopfte ihr das Herz in der Kehle, und sie wandte sich rasch ab. Einen Moment später sah sie ihn wieder an. „Warum bist du eigentlich so nett zu mir?“
Er ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Warum sollte ich nicht nett zu dir sein, Becky Lynn? Ich mag dich. Und ich will, dass es dir gut geht.“
Wieder traten ihr Tränen in die Augen. Er mochte sie. Das hatte ihr bisher noch niemand gesagt. Noch niemand hatte sich bisher um ihr Wohlergehen Gedanken gemacht. Ihr Herz floss fast über vor Freude, sie fühlte sich wie eine ausgedörrte Wüstenpflanze, die gierig den heiß ersehnten Regen in sich aufsaugt. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das Gefühl, dass sie da, wo sie war, tatsächlich auch hingehörte. Als sie die Kerzen ausblies, bedankte sie sich bei ihm, statt sich etwas zu wünschen.
Dann machten sie sich über die Torte her und aßen, bis sie nicht mehr konnten. Hinterher legten sie sich nebeneinander auf den Fußboden und schauten sich an, berührten sich jedoch nicht. Sie erzählten einander von ihren früheren Geburtstagen und dem, was sie sich als Kinder für ihr zukünftiges Leben erträumt hatten.
Viel später, nachdem Jack sie zum Motel zurückgebracht hatte, wurde Becky Lynn mit Erschrecken klar, dass Marty Recht gehabt hatte.
Sie hatte sich in Jack verliebt.
25. KAPITEL
Du hast dich verloren.
Becky Lynn überholte zwei junge Frauen, die beide einen Kinderwagen vor sich herschoben, und hielt Ausschau nach der großen Blondine, der sie seit einiger Zeit folgte.
Nachdem sie im Laufschritt an einer Gruppe von Spaziergängern vorübergeeilt war, war sie wieder auf gleicher Höhe mit ihr. Das Mädchen hatte vor einer Boutique Halt gemacht und betrachtete die Auslage. Dummer weise stand die Blonde auch diesmal wieder mit dem Rücken zu ihr. Becky Lynn war jedoch fest entschlossen, einen Blick auf ihr Gesicht zu werfen. Wenn es das hielt, was ihre übrige Erscheinung versprach, würde sie sie ansprechen und ihr ihr Angebot unterbreiten.
In dem Moment, in dem Becky Lynn das Mädchen fast erreicht hatte, wandte es sich vom Schaufenster ab und ging in die entgegengesetzte Richtung davon. Becky Lynn folgte ihm, studierte seinen Gang und seine Bewegungen. Von hinten sah die Blondine so aus, als wäre sie etwa in ihrem, Becky Lynns, Alter. Vielleicht ein Jahr älter oder auch etwas jünger. Die lange honigfarbene Mähne, die sie während des Laufens immer wieder unbeschwert zurückwarf, fiel ihr in wilden Locken bis auf die Mitte des Rückens hinab. Ebenso unbeschwert wie ihre Bewegungen war ihr Gang. Ihre Beine waren atemberaubend und schienen überhaupt kein Ende nehmen zu wollen.
Sie würde ein perfektes Model abgeben.
Vorausgesetzt, das Gesicht stimmte mit allem anderen
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