Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
überein.
Für einen Fotografen, der sich einen Namen machen wollte, war es immens wichtig, unverbrauchte Gesichter zu finden und neue Talente zu entdecken. Becky Lynn und Jack waren stets auf der Suche nach geeigneten Models, was nicht einfach war. Mittlerweile hatte Becky Lynn gelernt, dass ein schönes Gesicht und ein perfekter Körper allein noch lange keine Erfolgsgarantie waren. Ein Model musste zusätzlich über die Fähigkeit verfügen, sich wie ein Chamäleon zu verwandeln, um sich so den Vorstellungen des Fotografen anpassen zu können.
Vieles, was von einem Model erwartet wurde, war erlernbar, das Wichtigste je doch ließ sich nicht lernen. Die Kamera musste das Gesicht des Models lieben. Und bis jetzt war es Jack und ihr trotz aller Bemühungen noch nicht gelungen, ein solches Model zu finden.
Deshalb war sie so hartnäckig hinter dem Mädchen her. Sie hatte das Gefühl, dass sie die Richtige war.
Die Blonde steuerte eine öffentliche Toilette an. Becky Lynn folgte ihr und betrat einen Moment nach ihr den Vorraum mit den Waschbecken. Das Mädchen war nicht zu sehen, wahrscheinlich war sie in einer der Kabinen verschwunden. Während Becky Lynn wartete, suchte sie in ihrer Handtasche nach ihrem Kamm, stellte sich vor den Spiegel und kämmte sich das Haar.
Es dauerte nicht lange, da tauchte die Blonde wieder auf. Die Blicke der beiden Mädchen begegneten sich. Die Blonde lächelte. Sie hatte außergewöhnlich große Augen mit schweren Lidern.
Becky Lynn erwiderte das Lächeln; ihre Sinne waren geschärft wie bei einem Jagdhund, der die Witterung einer Beute aufgenommen hat. Was für einen schönen Mund das Mädchen hatte – weich und voll und eigentlich zu groß für das schmale Gesicht. Sinnlich. Die Wangenknochen waren ausgeprägt, die Nase war klein und gerade.
Rein äußerlich betrachtet war die Blonde das perfekte Model.
Sie ging zu einem der Waschbecken, wusch sich die Hände und trocknete sich anschließend ab. Dann kramte sie Lipgloss aus ihrer Handtasche und trug es sorgfältig auf.
„Warum rennst du mir eigentlich dauernd hinterher?“ fragte sie plötzlich unverblümt, ohne Becky Lynn dabei anzusehen, und wischte sich mit der Fingerspitze etwas überschüssiges Lipgloss aus dem Mundwinkel. „Bist du vielleicht lesbisch oder was?“
Becky Lynn stieß einen erstickten Laut aus. „Kaum.“ Sie räusperte sich. „Ich arbeite als Kameraassistenin und bin dir gefolgt, weil du mir aufgefallen bist. Ich glaube, aus dir könnte man ein tolles Model machen.“
„Genau“, gab das Mädchen trocken zu rück, schraubte das Döschen wieder zu und warf es in ihre Handtasche. Dann drehte es sich um und machte Anstalten zu gehen. „Hör auf, mir hinterherzurennen, okay? Mich packt sonst das kalte Grausen.“
„Ich meine es ernst, ehrlich.“ Becky Lynn ließ sich nicht entmutigen. „Ich glaube wirklich, dass du das Zeug zu einem Model hast. Hier …“ Becky Lynn zog eine von Jacks Visitenkarten aus ihrer Hosentasche und hielt sie dem Mädchen hin.
Die Blonde starrte voller Misstrauen darauf, streckte dann aber doch die Hand aus und nahm sie entgegen. Nachdem sie sie eingehend studiert hatte, hob sie den Blick und schaute Becky Lynn an. Und wieder war Becky Lynn fasziniert von diesen großen Augen.
Das sind die Augen, von denen Männer träumen.
„Soll das ein Witz sein oder was?“
„Nein, überhaupt nicht.“ Becky Lynn schob die Hände in die Hosentaschen. „Ich heiße Becky Lynn und bin die Kameraassistentin von Jack Gallagher.“
„Cool.“
„Und? Was sagst du dazu? Hast du keine Lust auf ein paar Probeaufnahmen?“
„Probeaufnahmen? Was zahlt ihr?“
„Nichts. Es ist vollkommen unverbindlich. Wenn Jack der Meinung ist, dass er mit dir arbeiten kann, wird er er mit dir ein Arrangement treffen. Er bringt dir alles bei, was du wissen musst, um dich bei einer Modelagentur bewerben zu können. Bist du interessiert?“
„Vielleicht.“
„Vielleicht?“ wiederholte Becky Lynn überrascht. Normalerweise waren die Mädchen, die Jack und sie ansprachen, sofort Feuer und Flamme.
Die Blonde steckte die Visitenkarte in die Gesäßtasche ihrer hautengen weißen Jeans und zuckte lässig die Schultern. „Vielleicht ruf ich ja mal an.“
Damit ging sie hinaus, und Becky Lynn starrte ihr enttäuscht hinterher. Es war eine einmalige Chance. Das Mädchen hatte genau das Gesicht, nach dem Jack und sie schon so lange gesucht hatten.
„Warte“, rief sie der Blonden hinterher. „Sag
Weitere Kostenlose Bücher