Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
Während Zoe brav ihren Anweisungen folgte, streifte sich Becky Lynn bereits ihr Nachthemd über den Kopf und schlüpfte in ein T-Shirt und eine leichte Sommerhose.
Leider stellte es sich heraus, dass alle anderen Schubladen auch leer waren. Was nun? „Schau nach, ob auf dem Telefon eine Nummer steht.“
Zoe konnte einen Erfolg vermelden. Zimmer zweiundzwanzig.
Irgendetwas regte sich in Becky Lynns Erinnerung, und sie versuchte herauszufinden, was es war. Ein avocadogrüner Teppichboden. Großer Gott, wie sie diese Farbe gehasst hatte. Zoe hatte ihr vorhin ihr ehemaliges Zimmer im Sunset Motel beschrieben.
„Beschreib mir den Raum noch mal“, forderte sie Zoe aufgeregt auf. „Jede Kleinigkeit.“
Doch selbst nachdem Zoe ihr in aller Ausführlichkeit ein zweites Mal die orange, avocadogrün und blutrot gemusterte Tagesdecke, den von der Sonne ausgebleichten grünen Teppichboden und die geblümte Tapete beschrieben hatte, wusste sie nicht, ob sie sich wirklich sicher sein konnte, dass Zoe sich in demselben Zimmer, in dem sie ein Jahr lang gelebt hatte, aufhielt.
Entmutigt sagte sie sich, dass es bestimmt Tausende von Motels in Los Angeles gab, die in der gleichen billigen und zusammengestöpselten Art und Weise möbliert waren.
Sie holte tief Luft. „Geh ans Fenster, Zoe. Schau raus und sag mir, was du siehst.“
Es dauerte einige Zeit, bis Zoe sich erneut aus ihrem Bett herausgequält hatte. Becky Lynn hörte das Quietschen der Bettfedern, dann stöhnte Zoe auf und tappte ans Fenster. Die Plastiklamellen der Jalousie klapperten, als Zoe sie hochstellte. „Da sind verschiedene Gebäude und ein … eine Leuchtschrift. Aber ich kann dir nicht sagen, was … draufsteht. Ich … kann’s … nicht … lesen.“
Ihre Stimme sank zu einem Flüstern herab, und der verwirrte Eindruck, den Zoe am Anfang des Gesprächs erweckt hatte, verstärkte sich wieder. Becky Lynn klopfte das Herz in der Kehle. Sie musste Zoe retten. Sie durfte sie nicht ihrem Schicksal überlassen. Sie wollte nicht noch einen Menschen verlieren. „Versuch es, Zoe“, drängte sie. „Es ist wichtig, lies mir vor, was auf dem Schild steht. Los, mach schon.“
„The unset otel.“
The Sunset! Also hatte sie doch Recht gehabt! Sie wusste, wo
Zoe sich aufhielt.
„Ich komme und hole dich ab, Zoe. Ich bin gleich bei dir.“ Doch als Becky Lynn das Gespräch beenden wollte, begann Zoe zu weinen und flehte Becky Lynn an, nicht aufzulegen. Becky Lynn war ratlos. So sehr sie sich auch bemühte, Zoe klarzumachen, was sie vorhatte, die andere schien nicht in der Lage, ihre Worte zu begreifen. Schließlich sah sie keine andere Möglichkeit, als ohne eine weitere Erklärung aufzulegen.
Verzweifelt biss sie sich auf die Unterlippe. Einfach die Verbindung abzubrechen, während Zoe sie anflehte, nicht aufzulegen, war ihr unendlich schwer gefallen. Und was war, wenn sie sich bezüglich des Motels im Irrtum befand? Womöglich würde Zoe, verwirrt und völlig von Sinnen, wie sie war, davonlaufen, wenn sie nicht in angemessener Zeit auf der Bildfläche erschien. Falls Zoe überhaupt kapiert hatte, was sie vorhatte. Immer wieder kam ihr Carlo in den Sinn und auf welche Weise sie ihn verloren hatte. Zoe wollte sie so nicht verlieren.
Becky Lynn starrte noch immer auf das Telefon. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und plötzlich erkannte sie, dass sie es allein nicht schaffen würde. Sie hatte zu viel Angst. Nachdem sie ein Stoßgebet zum Himmel geschickt hatte, griff sie erneut zum Hörer und wählte Jacks Nummer. Nach dem vierten Läuten meldete er sich verschlafen.
„Jack, hier ist Becky Lynn.“
„Red? Was …“
„Zum Reden ist jetzt keine Zeit. Zoe hat mich angerufen, sie braucht Hilfe. Sie … ich habe große Angst um sie. Ich wusste nicht, wen ich sonst anrufen könnte … ich glaube nicht … Ich komme allein nicht damit zurecht, Jack.“
„Wo ist sie?“ fragte Jack. Seine Stimme klang schlagartig hellwach.
Becky Lynn wurden vor Erleichterung die Knie weich, sie ließ sich aufs Bett sinken. Er würde ihr helfen; und Zoe würde wieder in Ordnung kommen. „Sie ist im Sunset Motel. Zimmer zweiundzwanzig.“
„Bleib, wo du bist.“ Sie hörte ihn herumkramen, während er sprach.
„Nein! Ich komme auch. Schließlich hat sie mich angerufen. Ich hab’s ihr versprochen.“
„Dann bleib wenigstens da, bis ich bei dir bin. Ich hole dich ab.“
„Mach schnell, Jack“, flüsterte sie, nachdem sie aufgelegt hatte. „Mach schnell, sonst
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