Gefangene des Ruhms - Spindler, E: Gefangene des Ruhms
voller Verzweiflung in das Laken. Lieber Gott, mach, dass mich jemand rettet … irgendwie … lass mich einen Ausweg finden.
Sie fand einen.
Sie fiel in ein großes schwarzes Loch.
Nachdem sie erwacht war und sich mühsam zu erinnern versuchte, schlug die Angst erneut ihre Krallen in sie. Ihr Körper brannte an den unmöglichsten Stellen wie Feuer. Hässliche, erschreckende Bilder trieben wie schwarze, bedrohliche Wolkenfetzen durch ihren Kopf, während ihr die Tränen die Wangen hinabrollten.
Es gelang ihr nicht mehr, sich zu erinnern, was sie getan und wie sie dorthin gekommen war, aber sie wusste, dass ihr etwas ganz Schreckliches passiert war. Sie war Opfer einer sehr hässlichen Sache geworden.
Es hatte wehgetan, furchtbar weh.
Ihr Magen hob sich. Zoe rollte sich auf die Seite und hängte den Kopf über den Bettrand. Sie fühlte sich so leer, dass sie sich nicht einmal übergeben konnte. So leer. Ihre Zähne schlugen aufeinander. Ihr war kalt. Sie krümmte sich zusammen wie ein waidwundes Tier. So kalt.
Ihr Blick wanderte durchs Zimmer und blieb am Nachttisch hängen, auf dem eine Spritze und ein blutiges Stück Stoff lagen.
Mit einem erleichterten Aufwimmern griff Zoe nach der Spritze, ließ sie jedoch gleich darauf mit einem Aufschrei zu Boden fallen. Sie war leer. So leer wie sie selbst.
Zoe presste sich die Faust auf den Mund. Sie hatte für den Stoff bezahlt. Hatte sie ihn auch bekommen? Sie hatte den Männern erlaubt, ihr Schmerzen zuzufügen und mit ihr unaussprechliche Dinge zu tun. Der gequälte Laut, der sich nun über ihre Lippen drängte, kam aus ihrem tiefsten Innern. Sie presste die Faust fester auf ihren Mund. So weit durfte sie sich nicht noch einmal erniedrigen. So konnte sie nicht weiterleben. Sie krallte ihre Finger in das nach Männerschweiß stinkende Laken und hielt sich daran fest, als sei es der seidene Faden, an dem ihr Leben hing.
Ich will nicht sterben, dachte sie und begann zu weinen. Nein, sie wollte nicht sterben.
57. KAPITEL
Becky Lynn erkannte die Stimme am anderen Ende der Leitung, die nicht mehr als ein gepresstes Flüstern war, nicht. Noch halb schlafend schob sie sich eine Haarsträhne aus den Augen und schaute auf die Uhr auf ihrem Nachttisch. Zwanzig nach zwei, mitten in der Nacht.
„Bitte“, flüsterte es wieder. „Hilf mir.“
Becky Lynn umklammerte den Hörer fester. Ihr Herz begann schneller zu schlagen. „Wer ist denn da?“
Nun drang ein leises, verzweifeltes, hoffnungloses Weinen an ihr Ohr. Becky Lynn bekam eine Gänsehaut. „Ich bin bereit zu helfen“, sagte sie rasch. „Ich verspreche es. Aber ich muss wissen, wer dran ist. Ich …“
Da wusste sie es. Zoe. Am anderen Ende der Leitung war Zoe. Becky Lynn holte tief Luft und versuchte, ganz ruhig zu bleiben. Wenn sie jetzt die Nerven verlor, würde Zoe womöglich sofort auflegen, und sie, Becky Lynn, würde sie verlieren.
Wie sie Carlo verloren hatte.
„Zoe“, sagte sie also so ruhig wie möglich, „sag mir, wo du bist. Ich komme dann und hole dich ab.“
Das Weinen wurde lauter. „Ich … ich weiß es nicht.“
Becky Lynn wickelte sich die Telefonschnur um ihren Zeigefinger. „Sprichst du von einer öffentlichen Telefonzelle aus, oder bist du bei irgendwem?“
Zoe zögerte, als ob sie erst darüber nachdenken müsste. Becky Lynn wurde das Herz schwer. Wie sollte sie sie jemals finden, wenn Zoe ihr nicht einmal sagen konnte, wo sie war? Sie konnte überall sein.
„Ich … ich bin in einem Zimmer“, kam es schließlich.
„Bist du allein?“
Zoe begann wieder zu weinen. „Sie könnten … sie könnten … zurückkommen. Ich weiß nicht … ich weiß nicht, ob … ob sie schon … fertig sind.“
Sie könnten zurückkommen. Erschrocken schnappte Becky Lynn nach Luft. Großer Gott, fertig womit?
Panik stieg in ihr auf, und es gelang ihr nur mit Mühe, dagegen anzugehen, doch sie schaffte es. „Beschreib mir genau, wo du bist.“
Aufgrund des verwirrtem Zustands, in dem sich Zoe befand, nahm es einige Zeit in Anspruch, bis Becky Lynn zumindest klar wurde, dass Zoe sich in einem Motelzimmer aufzuhalten schien. „Okay … gut“, sagte Becky Lynn nun mit Engelsgeduld, „kommst du an den Nachttisch? Großartig … mach die Schublade auf … ist da irgendwas drin, wo vielleicht der Name des Motels draufsteht? Briefpapier vielleicht oder eine Bibel?“
Nachdem Zoe nicht fündig geworden war, wies Becky Lynn sie an, in den Schubladen der Kommoden und Schränke nachzusehen.
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