Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
in Erinnerung behalten. Und so marschierte sie hocherhobenen Haupts an ihm vorbei nach draußen, ohne ihn auch nur noch eines Blickes zu würdigen.
Victoria brauchte nicht lange in der gleißenden Sonne zu warten. Ein verwunderter Ali näherte sich in seiner gereinigten Uniform, und sie bestiegen beinahe gleichzeitig die beiden prächtigen Pferde, die man herangeführt hatte. Es gab ausreichend Wasser und Proviant an den Sätteln, sodass sie ungehindert aufbrechen konnten.
Die beiden waren wohl eine gute Stunde geritten und befanden sich nun im wenig kühlenden Schatten der Berge, als Ali das Schweigen brach.
„Dann geht es jetzt also nach Hause“, sagte er. Mehr eine Feststellung als eine Frage. Victoria antwortete nicht, sondern starrte nur auf den steinigen Boden vor ihnen. Ali nickte und verzichtete auf weitere Worte.
Sie nutzten die Kühle der Nacht, um die Berge zu übersteigen, und erreichten die Garnison am Abend des nächsten Tags. Freude und Überraschung mischten sich im Haus des Herzogs, und die Herzoginwitwe empfing Victoria mit weit ausgebreiteten Armen. Obwohl die junge Frau damit gerechnet hatte, dass sie, an die Herzogin gedrängt, in Tränen ausbrechen würde, geschah doch nichts dergleichen. Sie war erstarrt. Körperlich wie seelisch. Auf alle Fragen gab sie nur knappste Antworten.
„Meine Liebe, Sie müssen vollkommen erschöpft sein!“, sagte die Herzogin später, als Victoria vor ihr auf einer eleganten Couch saß.
„Eigentlich wollte ich bereits morgen früh den Zug zurück nehmen. Aber jetzt denke ich, ich werde meine Abreise ein wenig verschieben, bis Sie sich erholt haben. Dann reisen wir gemeinsam.“ Ein feines Lächeln überzog das Gesicht der alten Dame.
„Nein. Euer Gnaden … ich mag nicht mehr warten. Ich will nur noch nach Hause zurückkehren. Je schneller, desto lieber.“
„Aber, aber“, erwiderte die Herzogin. „Noch sind Sie nicht vollständig erholt.“ Sie wollte wohl noch etwas anfügen, doch Victoria kam ihr zuvor.
„Ich werde mich am besten in heimatlicher Luft erholen.“ Und fügte dann leise hinzu: „Bitte …“
„Nun gut. Ich sehe schon … Ja, wir nehmen den Zug morgen früh. Jetzt legen Sie sich noch ein paar Stunden hin. Ich lasse Sie rechtzeitig wecken.“
Mit einem kleinen Knicks verabschiedete Victoria sich und zog sich in ihr Zimmer zurück.
An Schlaf war nicht zu denken. Zu tief saß der Dolch, den Whitby in ihr Herz gestoßen hatte. Doch auch jetzt blieb der erwartete – teils befürchtete, teils erhoffte – Zusammenbruch aus. In ihr war nur Leere. Ihr Innerstes schien zu einem Teil jener Wüste geworden zu sein, die sie umgab. Victoria setzte sich ans Fenster und schaute regungslos nach draußen. Im Haus ebbten die Geräusche ab. Alle schienen sich zu Ruhe begeben zu haben.
Da saß sie nun. Hinter ihr lag das Abenteuer ihres Lebens. Jenes Abenteuer, dessen Erfolg sie sich noch vor Kurzem so nahe gewähnt hatte.
Sie sah Whitbys „Grab“. Jenen sandigen Hügel, der nichts barg als Wüste.
Und doch hätte genauso gut sein Leichnam dort liegen können. Es hätte für sie keinen Unterschied gemacht.
Victoria wusste, dass sie nach vorn schauen musste. Und ihre Herkunft sowie ihre Erziehung gaben ihr das Rüstzeug, den Rücken zu strecken und daran zu arbeiten, den Schmerz und die Enttäuschung zu vergessen. Sie würde aufs Land ziehen. Aber allein. Es gab auf dem Familiensitz in Gloucestershire ein Häuschen, das ab und zu Gästen zur Verfügung gestellt wurde. Mit seiner Lage etwas abseits des Haupthauses war es ideal für sie. Dorthin würde sie sich zurückziehen und warten, bis sich der Staub über den Skandal gelegt hatte.
Mit Sicherheit hatten ihre Eltern bereits in der Gesellschaft verbreiten lassen, dass sie sich in Schottland erholte. Wahrscheinlich hatte man als Erklärung für ihr skandalöses Verhalten einen Nervenzusammenbruch genannt. Damit kam man allgemein in der Gesellschaft gut zurecht.
Lagen ihre Heiratschancen mittlerweile auch unter Null, so war das ihr geringstes Problem. Es gab nur einen einzigen Mann, den sie je wirklich gewollt hatte. Mit dem sie hatte alt werden wollen. Doch sie konnte ihn nicht haben. Sein Herz gehörte einer anderen … der Wüste!
Jeder andere Gatte wäre für Victoria nur zweite Wahl gewesen. Würde immer mit jenem Schatten kämpfen müssen, der ihr Herz jetzt verdunkelte.
Victoria seufzte. Wie lange sie so gesessen hatte, wusste sie nicht. Aber als sie ihre Aufmerksamkeit wieder nach
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