Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne

Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne

Titel: Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
Vom Netzwerk:
Morgens verschwand sie im Wald.
    Mit ein paar stummen Flüchen lief Dorian ihr hinterher – drückte ihr im Vorbeigehen einen Kuss auf die Lippen – und zog sich dann in das Laub der Sträucher zurück. Er würde sie sicher nicht aus den Augen lassen, trotzdem fühlte sie sich auf einmal unglaublich allein.
    Keenan war noch mit ihr verbunden. Amara ebenfalls.
    Aber etwas fehlte.
    … die Empfindung von Blättern auf ihrer Haut und unter ihren Händen. Tausend Düfte in ihrer Nase und …
    Ein Schauer lief über ihren Körper, sie blinzelte und die Gedanken verflüchtigten sich.
    „Dorian“, flüsterte sie und stellte sich ihr Band als ein holografisches Bild mit schlechtem Empfang vor. Aber vielleicht war es besser mit dem Ausdruck „angezapfte Leitung“ zu fassen. Doch wer war der Hacker? Vergleiche aus der Welt der Technik machten es ihr leichter, die wunderbare Sache zu begreifen, die so weit außerhalb ihrer bisherigen Erfahrungen lag, dass sie sich kaum vorstellen konnte, dass es etwas mit ihr zu tun hatte.
    Sie stieg über einen umgestürzten Baumstamm und blieb stehen, sie lauschte nach innen, aber nicht ins Medialnet, und wandte sich dann nach links. Der Boden wurde immer weicher, je tiefer sie in den Wald eindrang, die Bäume standen nun dichter beisammen. Aber immer noch gab es große Lichtungen, auf denen tote Blätter und Äste, Steine und Moos lagen. Es war für sie nicht schwer, den Hindernissen auszuweichen – gedämpftes Licht fiel jetzt durch die Baumwipfel. Licht, das Hoffnungen in sich barg.
    Sie blieb erneut stehen und lauschte, diesmal mit ihren menschlichen Ohren. Dorian war sehr, sehr gut.
    … Erde und der stechende Geruch der Kiefern, Konzentration. Der Anblick einer wunderschönen Frau, die allein durch den Wald geht …
    Sie sah sich suchend um. Aber der Mann, der sie für schön hielt, war nirgends zu sehen. Dennoch spürte sie ihn in sich, obwohl sie sich im Medialnet befand und er nicht. Wie war er in ihren Geist eingedrungen? „Natürlich“, flüsterte sie und stand regungslos da. Dorian war nicht eingedrungen. Sie hatte ihn eingeladen.
    Das Band zwischen ihnen hatte sich an ihre heftigen Gefühle für Dorian gehängt. So farbenfroh und chaotisch wie sie waren, fesselten sie diese Gefühle mehr an ihn, als es eine geistige Verbindung vermocht hätte.
    Es spielte keine Rolle, dass sie sich gegen dieses Band wehrte. Sie hatte Dorian schon in ihr Herz gelassen.
    In diesem Augenblick trat Amara hinter ein paar großen Kiefern hervor, ihr Gesicht war zerkratzt und schmutzig, geistige Verwirrung malte sich auf ihren Zügen. „Nein“, sagte sie heiser und mit trockenen Lippen. „Er bekommt dich nicht.“
    Ashaya sah den Injektor in der Hand ihrer Schwester, und eine Welle wilder Angst erfasste sie. „Du wirst ihn nicht anrühren.“
    „Du tust mir ja doch nichts.“ Unverfroren und selbstbewusst.
    Aber Amara hatte sich geirrt. Ashaya überlegte nicht lange, machte einen Schritt auf sie zu und trat ihr gegen das Knie. Amara schrie auf und fiel wimmernd hin. Ashaya spürte, wie die geistigen Hände ihrer Schwester an ihrem Bewusstsein zerrten, als sie sich bückte, den Injektor aufhob und in die Tasche steckte.
    „Du hast mir wehgetan“, stellte Amara erstaunt fest.
    Mit blutendem Herzen kniete sich Ashaya neben sie und berührte zart ihre Wange. „Um dich zu retten.“ Sie sah nicht auf, als Dorian lautlos hinter Amara auf den Boden sprang. Hände und Knöchel ihrer Schwester waren gebunden, bevor sie auch nur an Widerstand denken konnte. Als Amara begriff, dass ihre Schwester sie verraten hatte, färbten sich ihre Augen indigoblau.
    Ashaya spürte Schmerzen auf der geistigen Ebene, denn Amara verschloss sich vor ihr. „Du brauchst Hilfe, Amara“, sagte sie.
    Amaras Geist blieb still, als Dorian sie auf seine Schulter hob. „Ich werde sie das letzte Stück tragen.“
    Ashaya nickte und ging neben ihm her. Sie versuchte weiterhin Amaras Blick einzufangen, aber ihre Schwester starrte auf den Boden. „Tut dein Knie sehr weh?“, fragte sie.
    Keine Antwort.
    Ashaya sah Dorian an, fühlte sich hilflos und im Unrecht, obwohl sie genau wusste, dass sie das Richtige getan hatte. Amara war am Leben geblieben. Wenn sie Dorian angegriffen hätte, wäre sie am Ende noch …
    Ein telepathischer Schlag zwang Ashaya in die Knie. Amara hatte ihre noch vorhandenen telepathischen Kräfte gebündelt und sie wie einen Eispickel in den Kopf ihrer Zwillingsschwester getrieben. Ashaya griff sich

Weitere Kostenlose Bücher