Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne
lehnte.
Aber es war nicht genug. Genauso wenig wie die körperliche Hingabe. Sein Tier knurrte, wollte mehr, wollte alles.
Ich bin die Erstgeborene. Ich bin für sie verantwortlich.
Er verstand, was für eine Hölle das war. Der Leopard dagegen war nicht so zivilisiert. „Spürst du etwas zwischen uns?“
Sie nickte. „Was ist das?“
„Das weißt du genau.“
„Ich kann dir nicht ganz gehören“, flüsterte sie. „Ich kann Amara nicht loslassen. Ohne mich … wird sie die Kreatur, die Faith in ihrer Vision gesehen hat.“
„Aber du gehörst doch schon jetzt zu mir.“ Er war weder ein Mensch noch ein Medialer. Und er kümmerte sich auch nicht um Benimmregeln. „Irgendwann wird der Leopard die Herrschaft an sich reißen und dich jagen.“
Ihre Finger zuckten unruhig auf seiner Brust. „Ich bin vor allem ein geistiges Wesen. Ich kann dich so lange abwehren, wie es nötig ist.“
Das war das eigentliche Problem. Das Band zwischen Gefährten entstand nicht automatisch. Eine vollständige Verbindung kam nur zustande, wenn beide Seiten sie akzeptierten. Das konnte auf tausend verschiedene Arten geschehen, bei Lucas und Sascha hatte es der bewussten Entscheidung von Sascha bedurft. Sie hatte ihre Verbindung zum Medialnet gekappt und sich von Lucas’ Armen auffangen lassen.
Tief in seinem Innern wusste Dorian, dass Ashaya denselben Schritt tun, dasselbe Vertrauen aufbringen musste. „Du kannst es versuchen, Shaya.“ Er zuckte mit den Achseln. „Aber das Band existiert bereits und zerrt an dir. Es wird stärker, je öfter wir uns berühren, je mehr wir einander mitteilen. Irgendwann kommt der Punkt, an dem es sich nicht mehr ignorieren lässt.“
Sie drehte sich ein wenig zur Seite. „Ich spüre es hier …“ Presste die Faust auf ihr Herz. „… aber ich kann es nicht auf der geistigen Ebene sehen. Ich spüre, wie es immer stärker an mir zieht, dennoch kann es unmöglich existieren. Denn du bist nicht im Medialnet. Dein Wesen ist nicht vor allem geistiger Natur.“
Wen von ihnen beiden wollte sie mit diesen Worten überzeugen? „Es existiert genau wie deine Verbindung zu Keenan.“ Aber das Band zwischen Gefährten war härter, hatte Zähne und Klauen, entstand aus der rohen, besitzergreifenden Kraft und der unendlichen Hingabe von Gestaltwandlern. „Leoparden sind nicht nett, wenn es um ihre Gefährtinnen geht. Das wirst du schon merken, wenn du zur Beute wirst.“
Ashaya spürte die Drohung in seinen Worten. Dorian war ein Scharfschütze. Er würde ihr nicht hinterherjagen. Er würde warten, sich anpirschen und zuschlagen. „Abwarten“, sagte sie. Der Leopard wollte sie in die Knie zwingen. Aber selbst im Medialnet war sie Befehlen nie blind gefolgt.
Dorian lachte leise, und sie spürte es wie tausend Nadeln im Rücken. „Du lebst gerne gefährlich, nicht wahr, mein Goldstück?“
Sie musste daran denken, dass er im Bett gesagt hatte, sie solle sich nicht mit einem Leoparden anlegen. Ihr Herz schlug schneller. „Das macht das Leben aufregend.“
Er legte ihr die Hand unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. „Und ich dachte, dir geht es einzig und allein um Wissenschaft.“ Der Kuss war intensiv und schmeckte nach Dorian und Kaffee.
Sie spürte keinen Widerstand, hätte auch gar nicht gewusst, warum sie sich hätte sträuben sollen. Es war gut so, wie es war. Er war muskulös, voller geballter Kraft. Wenn es nach ihr ginge, dachte sie, müsste Dorian nackt herumlaufen, damit sie die Bewegungen seines Körpers nach Lust und Laune beobachten konnte.
Als er den Kopf hob, stand ein verwunderter Ausdruck in seinen Augen. „Ich hatte plötzlich einen ganz eigenartigen Gedanken.“
„Ach?“ Sie streckte die Hände nach ihm aus, wollte noch einen Kuss.
Er hielt noch immer die Tasse in der Hand, senkte aber den Kopf, um sie zu küssen, zwickte mit den Zähnen in ihre Unterlippe, als ihre Lippen sich voneinander lösten. „Oh ja. Ich habe mir gerade überlegt, nackt herumzulaufen. Seltsam. Eigentlich interessiert es mich doch mehr, dich …“
Als er mitten im Satz abbrach und leise durch die Zähne pfiff, wusste Ashaya, dass sie sich verraten hatte. „Das waren gar nicht meine Gedanken, nicht wahr?“ Seine Mundwinkel hoben sich, und ein spitzbübischer Ausdruck – anders konnte man ihn einfach nicht bezeichnen – erschien auf seinem Gesicht.
„Ich weiß nicht, wovon du redest.“
Sein Lächeln war so lässig und männlich, dass ihre Knie ganz weich wurden. „Aber ich
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