Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne
Unruhe musste sie lächeln. „Ich dachte gerade, was für schöne Wimpern du hast.“
„Und ich, dass du dich um ein Problem herumdrückst.“ Die harten Worte eines Alphatiers, aber seine Mundwinkel waren leicht nach oben gezogen.
Sie seufzte und hakte ihre Finger in seinen Hosenbund. „Ich habe das Böse gespürt – Santano Enrique war das Schrecklichste, dem ich je begegnet bin. Ich habe auch Schlechtigkeit gespürt – bei dem Verräter der SnowDancer-Wölfe. Er war nicht nur böse im herkömmlichen Sinn, sondern von Grund auf schlecht.“ Sie runzelte die Brauen, als sie versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Ich bin bei Nikita aufgewachsen und die Kälte derjenigen gewohnt, die sich völlig Silentium unterworfen haben, ohne Psychopathen zu sein.“
„Und Amara Aleine ist anders?“ Er legte jetzt die Arme um ihren Kopf, hüllte sie ein in einen Kokon.
Sascha gefiel diese instinktive Geste, weil sie tief aus Lucas’ innerstem Wesen kam. Sie wusste genau, dass sie immer würde kämpfen müssen, um sich ihre Freiheit zu bewahren, aber in Zeiten wie dieser gab sie nur zu gern etwas von sich auf. „Ja“, sagte sie und schob ihre Finger unter sein Leinenhemd. „Ich bringe dein Hemd ganz durcheinander.“
„Tatsächlich?“ Ein Kuss, ein spielerisches Züngeln an ihren Lippen. „Na, dann fahr bitte damit fort, damit ich es auch nachprüfen kann.“
Sie lachte. „Katze.“ Ihre Katze. „Amara“, sagte sie und holte die Kraft dazu aus der unglaublichen Schönheit des Bandes zwischen ihnen, „Amara ist eigenartig leer. Jeder hat einen Geruch, eine gefühlsmäßige Ausstrahlung“, erklärte sie. „Selbst Neugeborene, schon direkt nach der Geburt – ich war bei Anu, als sie ihr Kind bekam, erinnerst du dich?“ Ihr Herz war noch voll von diesem Wunder. Erst hatte es Angst in ihr ausgelöst, als man sie um Unterstützung bat, doch dann war die Freude überwältigend gewesen. „Aber Amara ist … wie ein leeres Gefäß und irgendwie auch wieder nicht. Wie soll ich es bloß beschreiben?“
Lucas fand schließlich die Worte, nach denen sie vergeblich gesucht hatte. „In ihr ist nichts Schlechtes, nichts Böses, aber auch nichts Gutes oder die Hoffnung auf etwas Gutes.“
Manchmal, dachte sie, verstand ihr Panther sie besser als sie sich selbst. „Ja, genau. Nun muss ich hineingehen und versuchen, sie auf einen gangbareren Weg zu bringen.“ Für Dorian. Und für Ashaya. Nicht nur, weil sie Dorians Gefährtin war oder geholfen hatte, drei unschuldige Kinder zu retten, sondern weil sie Sascha den Glauben an die Mütter im Medialnet wiedergegeben hatte – Ashaya liebte ihren Sohn, würde ihn nie verstoßen, wie Nikita Sascha verstoßen hatte. Dieses Wissen ließ die Narbe ein wenig heilen, die Nikita in ihrem Herzen hinterlassen hatte. „Wenn der Dunkle Kopf Amara in seinen Fängen hat, ist eine Veränderung vielleicht nicht mehr möglich“, sagte sie zu Lucas. „Und selbst wenn doch, wird sie nie so etwas wie … gut werden.“
„Zumindest wird sie keine Bestie mehr sein.“ Die Sorge hatte tiefe Falten um Lucas’ Mund gegraben. „Wenn ich eine Frau für Dorian ausgewählt hätte, wäre es nicht jemand mit einem solchen Ballast gewesen. Er hat schon genug durchgemacht.“
Sie spürte die eigene Besorgnis wie einen Knoten im Magen, dennoch schüttelte sie den Kopf. „Faith meint, einige Dinge seien unabwendbar.“
Lucas’ Augen wurden noch um eine Schattierung dunkler, und er küsste sie. „Das sind sie auch.“
Dorian hatte während der ganzen Fahrt kein Wort gesagt. Denn sonst hätte er Ashaya angeschrien für etwas, das sie tat, weil sie es als ihre Pflicht empfand – es war nicht ihre Schuld, dass andere Mediale sie nicht ernst nehmen würden, sobald sie nicht wie ein eiskalter Roboter wirkte. Genauso wenig war es aber auch die Schuld des Leoparden, wenn er ihren Rückzug in ihr Innerstes als Zurückweisung verstand.
Er fuhr den Wagen in die unterirdische Garage des kleinen, abgelegenen Senders, den sie diesmal nutzen wollten, stellte den Motor ab und stieg aus. Sie gesellte sich zu ihm … und machte seine guten Vorsätze zunichte.
„Weißt du, ich spüre“, sagte sie, und ihre kalte Stimme kratzte an seiner mühsam aufrechterhaltenen Beherrschung, „dass du wütend bist.“
„Ist das etwa verwunderlich?“, stieß er hervor. Es half ihm nicht, dass er wusste, dass sie diese kalte Maske nur der Sendung wegen aufsetzte. Je länger sie sich gegen ihre wirkliche
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