Gefangener der Sinne - Singh, N: Gefangener der Sinne
werden. Also hat sie gepokert und ihr Wissen über Omega dazu benutzt, eine Bombe zu zünden.“
„Omega war immer eher ein Gedankenspiel.“ Nikita schlug sich erneut auf Mings Seite. „Wenn wir geglaubt hätten, Aleine stünde kurz vor einem Durchbruch, hätten wir Programm 1 zurückgestellt.“
Kaleb konnte sich dieser Logik nicht verschließen. Selbst wenn Programm 1 Erfolg gehabt hätte, hätte dessen Verbreitung längere Zeit in Anspruch genommen, als ein Virus benötigte.
Nikita fuhr fort: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Erwähnung von Omega uns von den wirklichen Themen ablenkt. Obwohl das Leck natürlich ein Problem darstellt, vor allem, da das Medialnet momentan etwas instabil ist, müssen wir uns primär darauf konzentrieren, die Wogen zu glätten, die Aleines Flucht ausgelöst hat.“
„Wie könnten wir sie in Misskredit bringen?“, überlegte Shoshanna. „Sie ist offensichtlich im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte, und es ist bekannt, dass sie für den Rat gearbeitet hat.“
„Am besten wäre es, sie würde ihre Aussagen zurücknehmen“, meinte Nikita. „Hat sie nicht eine eineiige Zwillingsschwester? Könnten wir die nicht dazu benutzen, Verwirrung zu stiften?“
„Das ist … problematisch“, antwortete Ming. „Obwohl Amara Aleines Geist in mancher Hinsicht brillant ist und sie tatsächlich in der Lage sein könnte, die Arbeit ihrer Schwester zu vollenden, zweifle ich doch sehr daran, dass man sie in einer Sendung als eine beherrschte Ashaya ausgeben könnte. Selbst telepathischer Zwang könnte fehlschlagen. Wenn es nicht gelingt …“
„… wird der Versuch mehr schaden als nutzen“, beendete Nikita den Satz. „Was ist mit ihrem Kind?“
„Es ist tot, aber wir haben die Leiche noch nicht gefunden.“
„Wie außerordentlich passend, aber das ist auch egal“, meldete sich Tatiana zu Wort. „Der Junge hatte keinen Wert mehr für uns, seit Ashaya sich unserer Macht entzogen hat. Um auf Amara Aleine zurückzukommen. Brauchen wir sie überhaupt noch? Eine Einführung von Programm 1 ist doch nun höchst unwahrscheinlich.“
„Ich glaube, das wird sich wieder ändern“, ergriff Shoshanna das Wort. „Wir brauchen ein funktionierendes Implantat, wenn es so weit ist.“
Kaleb wusste, dass sie recht hatte. Die Zeiten änderten sich schnell im Medialnet, Informationen schossen nur so hindurch. Wenn man dieses Netzwerk beherrsche wollte, musste man auf Stromschnellen achten.
„Der einfachste Weg, der Unruhe zu begegnen, wäre, Ashaya auszulöschen“, unterbrach Henry das Schweigen.
Kaleb sah ihn an. Natürlich machten es Henrys Schilde Kaleb unmöglich, den anderen zu durchschauen, aber allein die Tatsache, dass Henry diesen radikalen Vorschlag ohne einen vorherigen Einwurf von Shoshanna gemacht hatte, war ein weiteres Puzzlesteinchen im neuerdings rätselhaften Bild des älteren Ratsherrn.
„Sie ist jetzt sehr bekannt“, stellte Nikita fest. „Das könnte auf uns zurückfallen.“
„Aber in einem hat Henry recht – Tote können nicht mehr reden.“ Das war Tatiana in ihrer praktischen Art. „Vielleicht brauchen wir Jahre, um uns von Aleines Enthüllungen zu erholen, aber es geht bestimmt schneller, wenn sie der Rebellion nicht mehr Futter liefern kann.“
„Ich rate zur Vorsicht“, meldete sich Anthonys unwiderstehliche Stimme. „Ashaya hat in intellektuellen Kreisen großen Einfluss. Mit einem Anschlag auf sie gehen wir das Risiko ein, gerade jene Wissenschaftler zu vertreiben, die wir brauchen werden, wenn sie ihre versteckte Drohung wahrmacht und eine biologische Waffe entwickelt.“
„Das halte ich für übertrieben“, gab Tatiana zurück. „Hier geht es um Politik. Ashaya wird keinen Krieg anfangen.“
„Wir sind zu diplomatisch, sorgen uns zu sehr um die öffentliche Meinung.“ Shoshanna klang eisig. „Es gab Zeiten, da hätten wir nicht gezögert und Ashaya hingerichtet, und auch jeden, der es gewagt hätte, sich auf ihre Seite zu schlagen.“
Kaleb wartete, Nikita würde das Wort ergreifen. Was sie auch tat.
„Die Zeiten haben sich geändert. Wir sind – aufgrund eigener Fehler – nicht mehr die einzig Mächtigen in dieser Welt. Wir waren zu herrschsüchtig, die Abtrünnigen könnten die Unterstützung der Gestaltwandler suchen.“
„Die sind doch keine Bedrohung“, widersprach Shoshanna. „Vielleicht ist das in Kalifornien der Fall, aber anderswo? Da sind sie viel zu beschäftigt mit ihren kleinen Tierproblemchen.“
„Willst du
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