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Gefeuert

Titel: Gefeuert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Berger
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erdrückend und muffig die Atmosphäre in diesem Gebäude und diesen Büros ist. Der braune Teppich, die graue Wand, die dicken dunklen Türen – sicherlich bekamen die Architekten als Vorgabe: »Machen Sie es bitte so hässlich wie möglich, damit die Arbeitslosen nicht auf die Idee kommen, sich wohlzufühlen.« Ihren Schreibtisch umgeben ein paar dickblättrige Pflanzen, auf denen sie kleine schwarze Silvester-Schornsteinfeger platziert hat. Auch amFensterbrett entdecke ich Schornsteinfeger. Sie scheint gerne ins neue Jahr zu feiern. Das macht sie mir wieder sympathisch. Direkt vor mir erinnert mich ein Blumentopf mit englischem Rosenmuster an Frau Mayer.
    »So!«, ruft da meine Sachbearbeiterin und rollt mit ihrem Stuhl in meine Richtung. Sie hat einen dicken Packen Formulare und Zettel in der Hand, obenauf liegt das »Merkblatt für Arbeitslose«.
    »Das habe ich schon«, stelle ich fest.
    »Sehr gut«, lobt sie mich. Das gefällt ihr offenbar. Dann erklärt sie mir, was ich alles ausfüllen (lassen) muss. Sobald alle neuen Unterlagen beisammen sind, soll ich bei der Service-Hotline anrufen und einen neuen Termin ausmachen. Ich verabschiede mich und noch während ich meinen Mantel anziehe, tippt sie schon wieder in ihren PC. Was gibt sie da nur die ganze Zeit ein? Vielleicht schreibt sie eine Mail an Tino Rindfleisch? »Lieber Tino Rindfleisch, ich habe hier Frau Berger. Sie wird sich die nächsten Tage bei Ihnen melden, um einen neuen Termin zu vereinbaren. Mal sehen, wie lange sie dafür braucht. Mit freundlichen Grüßen …«
    Ich bin erleichtert, so schnell wieder gehen zu können. Das Ganze hat vielleicht insgesamt eine Viertelstunde gedauert. Aber es ärgert mich, dass ich noch einmal antanzen soll. Schon das heutige Vorsprechen war völlig unnötig. Warum habe ich nicht gleich alle nötigen Formulare zusammen mit dem Arbeitspaket erhalten? Warum ist es nicht möglich, sich schon früher als drei Monate vor Jobende persönlich zu melden? Dann hätte ich alles zeitgleich mit dem Besuch bei Frau Mayer erledigen können, das Arbeitsamt und ich hätten so weniger zu tun gehabt. Mir fallen als Gründe nur ein: Die Arbeitsämter wollen den Arbeitslosenstrom kanalisieren (fragt sich nur, wohin). Oder: Die gesetzlichen Vorgaben sind zu starr. Oder: Arbeitslose haben doch Zeit. Oder: Man will uns unter Kontrolle halten.
    Ich eile hastig durch die dunklen Flure Richtung Ausgang. Wieder grüßt niemand, dem ich begegne. Aber heute habe ichauch keine Lust, den Anfang zu machen. Wenn das hier so Usus ist, bitte. Auf einmal fällt mir ein Plakat auf, das alle paar Meter aufgehängt ist. »Was Sie von Ihrem Jobberater erwarten können« steht darüber. Interessiert bleibe ich vor dem Plakat stehen. »Aha!«, sage ich leise zu Frau Mayer im Ohr. »Das ist doch interessant. Mal sehen, ob Sie diese Anforderungen erfüllt haben. Am besten, wir gehen die Punkte nacheinander durch.«
    »Punkt eins«, lese ich. »Kompetente Beratung in Fragen des Arbeitsmarktes.«
    Ich schüttele tadelnd den Kopf. »Frau Mayer, da haben Sie wohl gepatzt. An eine Beratung kann ich mich nicht erinnern.«
    Bei Punkt zwei steht: »Eine ausführliche Standortbestimmung: Wo kommen Sie beruflich her? Wo wollen Sie beruflich hin?«
    Wieder kann ich nur den Kopf schütteln. »Das klingt spannend«, sage ich zu Frau Mayer im Ohr. »Aber darüber haben wir beide gar nicht gesprochen.«
    So geht es Punkt für Punkt weiter. In meinem »Beratungsgespräch« waren all die schönen Inhalte, die das Plakat verkündet, kein Thema. Weder die Herausarbeitung »Ihrer Stärken und Potenziale«, noch »Angebote von Maßnahmen zur Steigerung Ihrer Integrationsfähigkeit« und schon gar nicht »passgenaue Vermittlungsvorschläge« oder »Kontaktaufnahme bei Eingang eines relevanten Stellenangebots«.
    Nur beim Punkt »Transparenz über Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt« hat Frau Mayer nicht gepatzt. Loben kann ich sie dafür nicht, im Gegenteil. »In diesem Punkt waren Sie konkret: keine Chancen mit Kindern. Das gaben Sie mir deutlich zu verstehen«, zische ich ihr zu, noch immer getroffen.
    So eine Abrechnung tut gut. Ich horche. Aber Frau Mayer im Ohr ist verstummt. Vielleicht schämt sie sich nach dieser schonungslosen Bewertung ihrer Dienste. Oder sie bereitet heimlich ihren nächsten Angriff vor.
    Egal, jetzt nur raus hier. Im Vorbeigehen sehe ich aus den Augenwinkeln einen Wegweiser zum »Psychologischen Dienst«.Was sie dort wohl zu der Stimme von Frau Mayer

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