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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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das Fallbeil erwartet.
    Cardinal lehnte sich in seinen Sessel am Ofen zurück und verspürte in seinen Eingeweiden abwechselnd Angst und Erleichterung. Er hörte aufmerksam zu, wie sie erst Musgraves Verdacht und Dysons Zwiespältigkeit beschrieb und dann schilderte, wie ihr selbst Zweifel kamen, als sie Hinweise auf die Eigentumswohnung in Florida und den Kaufbeleg über die Segeljacht entdeckte.
    »Sie haben also mein Haus durchsucht, ohne eine richterliche Ermächtigung zu haben«, sagte Cardinal, möglichst ohne jede Tendenz in der Stimme.
    Sie überging seine Bemerkung, gestikulierte mit ihren schmalen Händen im Licht und verfiel in eine französisch geprägte Satzmelodie. »Für mich war der schlimmste Augenblick gekommen« – ihre Hand lag auf der Brust, was ihre kleinen runden Brüste für einen Augenblick deutlich hervortreten ließ –, »als ich den Kaufbeleg für die Segeljacht fand.«
    »Was für eine Segeljacht?« Cardinal stellte die Frage mit größtmöglicher Kühle in den Raum. Unverfroren wie ein Dieb ging Delorme schnurstracks zu Cardinals Aktenschrank. Sie kniete sichhalb nieder, um die Schublade herauszuziehen, und blätterte mit blassen Fingern durch die Unterlagen. Cardinal konnte nicht umhin, als Bürger Empörung, als Polizist Bewunderung und als Mann – er gestand es sich nicht ohne Verlegenheit ein – eine erotische Spannung zu empfinden.
    Dann zog Delorme den Kaufbeleg aus dem Ordner: einen Chris-Craft-Kajütenkreuzer zum Preis von fünfzigtausend Dollar. »Als ich das Datum sah, war das wie ein Stich mitten ins Herz.«
    »Das war gleich nachdem wir bei Corbett eine Razzia gemacht hatten.« Cardinal hielt den Beleg ins Licht und suchte nach … ja, wonach suchte er eigentlich? »Der gehört nicht mir.«
    »Wissen Sie, was Sie gerettet hat? Die drei F.« Dann erklärte sie ihm, wie es ihr dank der Vorliebe der Frankokanadier für Florida im Februar möglich gewesen war, von ihrem fast zweitausend Kilometer entfernten Domizil den Kauf der Segeljacht zu recherchieren.
    »Ich faxe Sergeant Langois die Rechnungsnummer, und er geht damit los. Dazu müssen Sie wissen, dass der Mann wirklich gut aussieht. Das arme Mädchen, das sich in dem Büro in Florida um die Registratur kümmert, würde alles für ihn tun. Sein Aussehen, sein Akzent, alles macht ihn unwiderstehlich.«
    Die so rasch hingerissene Bürokraft hatte, wie sich herausstellte, die Unterlagen des Bootskaufs wieder ausgegraben. Und da es sich damals um eine Bootslieferung über die Grenzen des Bundestaats hinweg handelte (um die beim Kauf fälligen Steuern zu sparen), hatte man einen Ausweis und ein Lichtbild des Eigentümers verlangt. »Sergeant Langois schickte mir das Fax heute Nachmittag – selbstverständlich nicht in die Dienststelle –, ein Fax mit dem Foto von Detective Sergeant Adonis Dyson.«
    »Dann haben Sie also bis heute Nachmittag gedacht, ich würde für Kyle Corbett arbeiten.«
    »Nein, John. Ich wusste eben nicht, was ich davon halten sollte. Den Anschlag habe ich nur ausgetüftelt, weil ich Sie als Verdächtigen ausschließen wollte. Ich wusste nicht, dass ich damit Dysonzur Strecke bringen würde. Ich hatte ja das Foto nicht, als ich mir das alles ausgedacht habe.«
    »Er konnte sich doch denken, dass wir in der Lage sein würden, die Unterlagen für die Rechnung zu recherchieren. Was ist bloß in ihm vorgegangen?«
    »Auf dem Beleg stand kein Name. Und er konnte nicht ahnen, dass man seinen Pass im Hinterzimmer fotokopiert und zu den Verkaufsunterlagen gelegt hatte. Davon abgesehen war er wahrscheinlich in den letzten Wochen zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Er saß in der Falle zwischen Kyle Corbett und Malcolm Musgrave, und da muss er in Panik geraten sein.«
    »Aber Sie sagen doch damit, dass er diesen Beleg in mein Haus und in meinen Aktenschrank geschmuggelt hat. Ich kann nicht glauben, dass er mir etwas anhängen wollte. Sicher, wir waren nicht gerade Freunde, aber … Was ist mit der Eigentumswohnung? Das muss einen ziemlich schlechten Eindruck gemacht haben.«
    »Ich habe mich bemüht, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Ich weiß, dass Ihre Frau Amerikanerin ist. Ihre Eltern dürften jetzt im Pensionsalter sein. Eine Eigentumswohnung in Florida liegt also durchaus im Bereich des Möglichen. Ich habe meinen Freund, der zurzeit dort Urlaub macht, gebeten, das ebenfalls zu überprüfen. Außerdem kenne ich mittlerweile den Mädchennamen Ihrer Frau. Wenn sie von ihren Eltern eine Eigentumswohnung

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