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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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getroffen. Sie wankte stumm zurück, nur das Klappern ihrer gegen den Steg stoßenden Beretta war zu hören. Sie schleppte sich bis zur Eingangstür und öffnete sie sogar noch etwas weiter. Dann sank sie, während sie sich an der Tür festhielt, langsam auf die Knie. Ihr Gesicht war kreidebleich.
    Cardinal eilte die Treppe hinauf. Jeden Augenblick konnte ihm eine weitere Flamme aus der Pistolenmündung ein neun Millimeter großes Loch in den Schädel bohren.
    Mit einem Tritt öffnete er die Tür.
    Flach an die Wand gepresst, die Beretta auf Brusthöhe nach oben gerichtet, verharrte Cardinal wie zum Gebet. Dann drehte er sich, ging in die Hocke und zielte. Nichts bewegte sich. Am anderen Ende des Raums war eine Tür. Cardinal befand sich offenbar in der ehemaligen Küche. Keith London lag gefesselt auf dem Tisch und blutete aus einer Wunde am Kopf. Cardinal fühlte ihm an der Halsschlagader den Puls: Der Puls war langsam, der Atem ging keuchend.
    Plötzlich Fußgetrappel auf Metall. Cardinal lief quer durch den Raum bis zur anderen Tür. Er trat hinaus und sah gerade noch, wie Fraser – kaum mehr als ein schwarzer Schemen – auf die Tür zulief, durch die sie hereingekommen waren. Cardinal zielte und feuerte. Die Kugel verfehlte ihr Ziel und prallte mit ohrenbetäubendem Geheul an einem Rohr ab.
    Cardinal lief den Steg entlang, sprang über die regungslose Delormeund war draußen. Er erreichte Frasers Wagen, als der Motor ansprang. Cardinal riss die Beifahrertür auf, während der Wagen schon zum See hinabrollte. Fraser richtete seine Waffe direkt auf Cardinals Gesicht.
    Der Wagen stieß an einen Felsbrocken, und Frasers Schuss ging in die Decke. Cardinal ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und packte Frasers Arm mit der Waffe, während der Wagen holpernd aufs Eis rollte.
    Cardinal hatte den Arm fast auf den Boden des Wagens gepresst, als Fraser abdrückte. Das Mündungsfeuer versengte Cardinal das Bein. Wieder und wieder drückte Fraser ab, so dass die Ereignisse wie Lichtblitze aufeinander zu folgen schienen.
    Cardinal bekam mit der rechten Hand Frasers Kehle zu fassen, während seine Linke immer noch die Hand des Mörders mit der Pistole nach unten presste. Fraser drückte aufs Gaspedal. Als die Reifen griffen, wurden beide nach hinten geworfen. Cardinal bekam ein Knie auf Frasers Hand und drückte mit seinem ganzen Gewicht auf das Handgelenk. Mit der Rechten versetzte er dem Mörder einen Hieb ins Gesicht, Schmerz flammte seinen Arm hoch.
    Und dann wurde es auf einmal schrecklich still. Der Wagen war mit einem Ruck zum Stehen gekommen. Plötzlich kippte er nach vorn und warf die beiden Männer gegen das Armaturenbrett. Wie eine Eilmeldung drang in Cardinals Gehirn, was passiert war: Das rechte Vorderrad war durch die Eisdecke gebrochen.
    »Das Eis bricht«, schrie Cardinal. »Wir sinken.«
    Frasers rasende Bewegungen wurden noch panischer, als der Wagen nach vorn kippte und schwarzes Wasser die breite flache Windschutzscheibe emporstieg.
    Ein kurzes Schaukeln, dann tauchte die Wagenschnauze nach unten. Schwarzes Wasser schoss durch die Lüftungsschlitze ins Innere und schmerzte, wo es die Haut traf, wie Dolchspitzen.
    Ein weiterer Stoß nach vorn. Dann hüllte Dunkelheit sie ein.
    Cardinal ließ Fraser los und hielt sich an der Rückenlehne fest. Während er nach dem Türgriff tastete, sank der Wagen weiter.
    Schwarzes Wasser. Eisiger Schaum.
    Cardinal stieß die Tür auf, drückte sie nach vorn und kletterte auf die Außenseite des Wagens. Das ganze Fahrzeug kippte fast anmutig nach links. Fraser schrie auf.
    Cardinal balancierte auf dem Rand des sinkenden Fahrzeugs. Vom Ufer drangen Schreie.
    Er sprang ab und hielt dabei die Arme ausgestreckt, auch dann noch, als er mit den Beinen durch das Eis brach. Die Kälte sog ihm schier die Luft aus den Lungen.
    Frasers Gesicht, der Mund ein schwarzes O, tauchte noch einmal am Fenster der Wagentür auf. Dann gab das Eis unter dem letzten Rad nach, und das Wasser schlug über dem Mörder zusammen. Der Wagen versank in dem schwarzen Loch.

56
    N och nie hatte das Police Department von Algonquin Bay so viel öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Der
Lode
brachte auf der ersten Seite immer noch Dysons Verhaftung, aber gleich daneben stand der Bericht über den Tod des Windigo-Mörders, dazu ein Foto des schartigen Lochs, wo Frasers Wagen durch das Eis gebrochen war.
    Cardinal, Delorme und McLeod waren in der Nacht zuvor allesamt in der Unfallstation behandelt worden.

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