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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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dir, wenn du dich zierst, bestimmte Wörter in den Mund zu nehmen.«
    »Sachen wie Todd Curry das Gehirn aus dem Kopf dreschen. Sachen wie Katie Pine die Nase zuhalten, bis sie erstickt. Wie bei Billy LaBelle. Da hast du es. Bist du jetzt zufrieden?«
    »Billy LaBelle haben wir nicht gefilmt. Wegen dir, weil du ihn an seinem Scheißknebel hast ersticken lassen.«
    »Warum sollte das meine Schuld gewesen sein? Du warst es doch, der ihn gefesselt hat.«
    Eric ließ es nicht darauf ankommen. Edies Gesicht, sonst raue Elefantenhaut, war tiefrot angelaufen. Was für eine Wollust, sie Wörter wie »dreschen« und »erstickt« aussprechen zu hören. Eric labte sich einen Augenblick am Klang der Wörter, ehe er wieder sprach. »Die Leute wollen Gewalt sehen, Edie. Sie haben ein Bedürfnis danach. Schon immer. So wie sie auch ein Bedürfnis haben, selbst Gewalt auszuüben.« Das Wort mit dem stimmhaften Konsonaten in der Mitte und dem harten Verschlusslaut am Ende hatte es ihm angetan.
Gewalt
.
    »Wir können mit der Filmerei nicht weitermachen, Eric. Und außerdem kannst du den Film niemandem zeigen. Das ist einfach zu abartig.«
    Gewalt. Gewalt
. Das Wort zergeht einem auf der Zunge, dachte Eric. Er konnte es im Stillen gar nicht oft genug wiederholen.
    »Wie lange können wir Videos von diesen Sachen – diesen Partys aufheben? Das ist doch so riskant.«
    Eric öffnete die Kamera und holte die Kassette heraus. Das Gerät hatte einen Mikrophonanschluss. Das brachte ihn auf die Frage nach der Musik. Welche Musik würde als Begleitung passen? Heavy Metal? Oder etwas Elektronisches?
    Edies Stimme riss ihn aus seinen Träumereien. »Heute war Polizei draußen vor dem Haus. Eine Frau von der Kripo.«
    Eric sah auf. Er sagte sich, dass kein Anlass zur Panik bestand, dass wahrscheinlich nichts dahinter steckte.
    »Sie hatte auf der anderen Straßenseite geparkt. Angeblich hat es eine Serie von Einbrüchen in der Nachbarschaft gegeben.«
    Blitzschnell ging Eric im Geist mögliche Fehlerquellen durch: Hatten sie irgendetwas übersehen? Sollten die Bullen Wind bekommen haben? Nein, es gab keinen Grund, weshalb die Polizei sie wegen irgendetwas verdächtigen sollte. Er teilte Edie seine Gedanken in kühler Sachlichkeit und ruhigem Ton mit. Algonquin Bay – wie clever konnte die Polizei in einem verschneiten Kaff wie Algonquin Bay sein?
    »Ich habe Angst, Eric. Ich will nicht ins Gefängnis.«
    »Das wirst du auch nicht.«
    Eric war nicht zum Reden aufgelegt, aber er wollte auch nicht, dass Edie ihm in den Rücken fiel. Schließlich merkte er, dass sie beruhigt werden wollte. Und das war denkbar leicht. Edie funktionierte wie ein Telefonmenü: Man brauchte nur die richtige Taste zu drücken.
Zur Nervenberuhigung drücken Sie bitte die 1
. »Wenn die Bullen es wirklich auf uns abgesehen hätten«, sagte er, ganz Stimme der Vernunft, »hätten sie dich sicherlich nicht angesprochen. Überleg doch, Edie, wenn dich die Tussi wegen irgendwas im Verdacht hätte, würde sie doch alles unterlassen, was dich irgendwie stutzig machen könnte. Die vernünftigste Erklärung ist daher, dass sie tatsächlich wegen einer Einbruchserie ermittelt, wie sie selbst gesagt hat. Kein Grund zur Aufregung.« So viel hatte Eric in den ganzen drei letzten Wochen nicht zu Edie gesagt.
    Und es zeigte schon Wirkung. Zwar stand Edie immer noch, den Rücken zu ihm gewandt, am Spülstein, aber er sah, dass die Anspannung von ihr wich. »Meinst du, Eric?«, sagte sie. »Meinst du das wirklich?«
    »Das meine ich nicht nur, das weiß ich.« Er konnte förmlich sehen, wie sich die Muskelanspannung beim selbstsicheren Ton seiner Stimme löste. Und er war selbstsicher. Dass eine Frau von der Kripo in ihrer Nachbarschaft herumschnüffelte, war, ehrlich gesagt, schon ein bisschen beunruhigend, aber es spornte ihn zu noch mehr Vorsicht und Wachsamkeit an. Bis die tote Katie Pine entdeckt wurde, war die Polizei ein nicht greifbares Gebilde, der dunkle Schatten eines Alptraums gewesen. Dann waren Kriminalbeamte im Fernsehen aufgetreten, und mit einem Mal hatte die Polizei Gestalt angenommen. Dann, bei der Entdeckung von Todd Currys Leiche, konnte man fast schon von Bekannten sprechen, zumindest der eine Mordermittler, der Große mit dem traurigen Gesicht, war ihnen vertraut.
    Das Fernsehen hatte auch den Windigo-Mörder zu einer bekannten Figur gemacht. Eric war fast so weit gekommen, an die Existenz des mythischen Killers zu glauben. Er stellte ihn sich vage als

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