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Gefrorene Seelen

Gefrorene Seelen

Titel: Gefrorene Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Augen waren wieder fest auf ihn gerichtet. »Detective, um ehrlich zu sein, muss ich sagen, dass Keith und ich – ja, wir hatten Streit miteinander. Das war vor ein paar Wochen, als er anrief. Ich muss mich irgendwie einsam und verletzlich gefühlt haben. Es ging um das alte Thema, wie wir eigentlich unser Leben führen wollen. Wenn ich wirklich einen Rivalen habe, was seine Zuneigung betrifft, dann ist es seine Gitarre. Ich bin nun einmal nicht so spontan wie er, ich will einfach mit meiner Ausbildung weiterkommen. Es war kein ernster Streit, das müssen Sie mir glauben. Wir haben uns nicht im Zorn getrennt. Aber es war schon eine Auseinandersetzung, und es wäre falsch, Ihnen das zu verschweigen.«
    »Sie glauben also nicht, dass dieser Streit der Grund für die … plötzliche Funkstille ist.«
    »Nein, da bin ich mir sicher.«
    »Ich weiß Ihr Vertrauen zu schätzen. Wie sind Sie beide nun verblieben?«
    »Keith sagte, er werde wahrscheinlich einen Halt in Algonquin Bay einlegen. Er wollte mich anrufen, wenn er erst mal dort wäre.«
    »Miss Steen, Keith wollte eigentlich nicht nach Sault Sainte Marie fahren und dort seine Verwandten besuchen. Sie sagen, er sei Ihnen nicht böse gewesen, und ich glaube Ihnen das. Aber warum sollten wir dann annehmen, dass er in Gefahr ist, nur weil er nicht an einem Ort aufgetaucht ist, von dem er offen gesagt hat, dass er am liebsten nicht hinfahren würde?«
    »An und für sich haben Sie Recht, das wäre nicht beunruhigend. Aber kein Brief? Kein Telefonanruf? Keine E-Mail? Obwohl er sonst so zuverlässig ist? Und dann haben Sie diese Vermisstenfälle hier, diese Morde.«
    Cardinal nickte zustimmend. Karen Steen hielt wieder den Atem an und rang mit einem anderen Gedanken. Cardinal ließ ihr Zeit. Lise Delorme stand in der Tür, aber Cardinal schüttelte den Kopf und bedeutete ihr, sie jetzt nicht zu stören.
    Karen fasste sich ein Herz. Sie sprach nun mit lauterer Stimme. »Ich habe Ihnen gesagt, dass es in der vergangenen Woche keinen Brief gab.«
    »Ja, darauf haben Sie ausdrücklich hingewiesen.«
    »Nun, das stimmt nicht ganz. Und deswegen bin ich überhaupt hier.« Miss Steen griff in ihre Handtasche und holte einen braunen Umschlag heraus. »Der Brief ist hier drin – das Kuvert meine ich, kein Brief. Die Adresse ist Keiths Handschrift, aber es war kein Brief drin.«
    »Ist er leer angekommen?« Cardinal nahm den braunen Umschlag entgegen.
    »Nicht ganz.« Diesmal blickte sie nicht zu Boden. Sie sah ihn mit ihren blauen Augen fest an.
    Cardinal riss das oberste Blatt seiner Schreibkladde ab und leerte den Inhalt des braunen Umschlags auf ein neues Blatt. Daskleine Briefkuvert trug den Poststempel von Algonquin Bay von vor drei Tagen. Mit einer Pinzette öffnete Cardinal die Lasche, sah den gelblichen, getrockneten Inhalt und schloss sie wieder. Er legte das Kuvert in das neue Blatt, faltete es und legte es zurück in den braunen Umschlag.
    Die kurze Stille, die nun folgte, brachte für Cardinal zwei Gewissheiten: Alles, was die junge Frau ihm gesagt hatte, entsprach der Wahrheit, und wenn Keith London nicht schon tot war, dann blieb ihm nur noch sehr wenig Zeit zu leben.
    Er wählte Jerry Commandas Telefonnummer und legte eine Hand über die Sprechmuschel. »Wann ist das angekommen?«
    »Heute Morgen.«
    »Und Sie sind sofort hierher gefahren?«
    »Ja. Ich habe nicht einen Augenblick lang gedacht, dass Keith das gemacht haben könnte. Aber die Adresse auf dem Kuvert hat er geschrieben. Ich habe doch allen Grund, Angst zu haben, oder?«
    Jerry Commanda meldete sich am anderen Ende der Leitung. »Jerry, hör zu, etwas ganz Wichtiges. Ich brauche einen Hubschrauber, um etwas ins Gerichtsmedizinische Institut zu bringen. Wie stehen die Chancen?«
    »Null. Wenn es wirklich schrecklich wichtig ist, könnte ich vielleicht einen Hubschrauber aus der Flugschule organisieren. Wie dringend ist es denn?«
    »Sehr dringend. Ich glaube, unser Mann hat uns gerade mit der Post eine Probe seines Spermas geschickt.«

31
    A n Winterabenden ist das Government Dock in Algonquin Bay ein Ort der Stille. Nur hin und wieder hört man das Surren vorübergleitender Schneemobile, oder vom Eis her dringen geradezu überirdische Seufzer herüber, wenn große Eisschollen gegeneinander reiben und ein schreckliches, langgezogenes Stöhnen von sich geben.
    Eric Fraser und Edie Soames kauerten nebeneinander an einer windgeschützten Ecke des Hafens. Der Lake Nipissing erstreckte sich in das graue

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